Jakobsweg
Der Jakobsweg ist eigentlich ein Sammelbegriff für die europäischen Pilgerwege zum Grab des Apostels Jakobus nach Santiago de Compostela in Spanien und gilt wegen seiner vielen Sehenswürdigkeiten als Panoramaweg. Der klassische Jakobsweg ist der Camino Francés von der spanisch-französischen Grenze in den Pyrenäen nach Santiago de Compostela. Mit der Wiederbelebung der Pilgertradition wurden jedoch zahlreiche Jakobswege des Mittelalters wieder entdeckt und so beginnt der Jakobsweg im Prinzip vor der eigenen Haustür.
Hintergrund
BearbeitenDie Jakobswege (Caminos de Santiago) sind europäische Pilgerwege, die unter anderem aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Italien nach Santiago de Compostela in Spanien führen. Der wichtigste Abschnitt geht von der spanisch-französischen Grenze über die Pyrenäen durch das spanische Binnenland und wird Camino Francés genannt. Aus dem Süden, aus Sevilla, führt die Via de la Plata nach Santiago.
Klassischerweise wird der "Camino" (dt. "Weg"), wie der Jakobsweg unter Pilgern genannt wird, zu Fuß begangen, wobei man allerdings in guter gesundheitlicher Verfassung sein sollte, da der Weg teilweise sehr beschwerlich ist. Einige Pilger legen ihn auf dem Fahrrad zurück, andere nutzen dafür ein Pferd oder einen Esel. Die Nutzung anderer Transportmittel widerspricht dem Pilgergedanken und kann zum Entzug des Pilgerausweises führen, womit der Erhalt der Pilgerurkunde "Compostela" ausgeschlossen ist.
Pilgerausweis und Pilgerurkunde
BearbeitenUm offizieller Jakobspilger zu werden, benötigt man einen Pilgerausweis (Credencial). Dieser kann an verschiedenen Stellen erworben werden. Der einfachste Weg ist, ihn bei einer deutschen Jakobusgesellschaft zu beantragen. Gegen einen kleinen Obolus wird dieser innerhalb kürzester Zeit nach Hause gesandt. Die Mitgliedschaft in der jeweiligen Gesellschaft (bspw. Jakobusfreunde Paderborn) ist dafür nicht nötig.
Weiterhin ist es möglich, den Ausweis am jeweiligen Startort entlang des Jakobsweges zu beschaffen. Dabei haben traditionelle Startorte (wie Saint-Jean-Pied-de-Port) entsprechende Pilgerbüros, die den Ausweis ausstellen. Wenn kein Pilgerbüro vorhanden ist, kann auch die ansässige Kirche einen solchen ausstellen. Es kann allerdings vorkommen, dass in sehr kleinen Gemeinden keine Ausweise erhältlich sind.
In einigen Regionen Deutschlands wird der Pilgerausweis von katholischen Pfarrgemeinden im Rahmen eines Gottesdienstes ausgestellt. Möglicherweise wird man an eine Pfarrgemeinde mit dem Namen "St. Jakob" verwiesen.
Wer mindestens die letzten 100 km zu Fuß, 200 km per Fahrrad oder 200 km auf einem Pferd oder Esel zurücklegt und seinen Pilgerausweis nach jeder Etappe in der Herberge, einer Kirche, einer Bar, bei Privatpersonen, o.ä. stempeln lässt, erhält in Santiago de Compostela eine Pilgerurkunde in lateinischer Sprache. Diese wird Compostela genannt. Nach einer Beichte kann man nach katholischer Lehre auch einen Generalablass von allen Sünden erhalten.
Vorbereitung
BearbeitenAusrüstung
Bearbeiten- guter Rucksack (z. B. Deuter, Lowe Alpine)
- (Hütten-)Schlafsack in warmen Regionen, sonst Daunenschlafsack
- 2x Trekkinghose mit abnehmbaren Hosenbeinen
- 2x Wanderhemden/-blusen, schnelltrocknend
- 2-3x Wandersocken (z. B. Falke, X-Socks, Woolpower etc.)
- 2-3x Funktionsunterwäsche (Hemd und Slip/Shorts, z. B. Odlo, X-Bionic, Biehler etc.)
- Wanderschuhe (z. B. Hanwag, Lowa, Meindl)
- Regenjacke und bei Bedarf leichte Jacke
- Sweatshirt (Fleecebekleidung)
- Kopfbedeckung (UV-Schutz)
- Sonnenbrille
- Flip-Flops (die Duschen in den Herbergen sind nicht immer sehr hygienisch)
- Sandalen oder Turnschuhe
- Regenponcho (Kraxenponcho = Regenponcho mit Rucksackabdeckung)
- Stirn-/Taschenlampe
- Wanderstöcke
- Taschenmesser und/oder einfaches Besteck
- Feuerzeug, Sicherheitsnadel, Leine (zum Trocknen der Wäsche)
- Toilettenartikel (Shampoo, Zahnbürste, Zahnpasta etc.)
- Handtücher, schnelltrocknend (kein Frottee)
- persönliche Medikamente
- Notfallapotheke (z. B. Schmerzmittel, Imodium)
- Sonnencreme
- Hirschtalgcreme oder Vaseline (zur Vorbeugung gegen Blasen und den "Wolf")
- Ohrstöpsel (wichtig wenn man in den Herbergen übernachten will)
- Wanderführer
- Pilgerausweis
- evtl. Fotoapparat
- evtl. Handy
Jakobswege in Europa
BearbeitenDeutsche Jakobswege
BearbeitenNorden
Bearbeiten- Via Baltica – norddeutscher Jakobsweg (Sassnitz– oder Usedom–Rostock–Lübeck–Hamburg–Bremen–Osnabrück)
- Via Jutlandica, die aus dem dänischen Aalborg nach Hamburg und weiter führt, oft auch als Ochsenweg bezeichnet
- Braunschweiger Jakobsweg
Osten
Bearbeiten- Jakobswege in Brandenburg (Frankfurt (Oder)–Berlin–Tangermünde oder Berlin–Leipzig)
Mitte
BearbeitenWesten
Bearbeiten- Jakobswege in Westfalen:
- Weg 1: Osnabrück - Lengerich - Ladbergen - Münster in Westfalen - Rinkerode - Herbern - Werne - Lünen - Dortmund (Anschluss an Weg 2 nach Bochum) - Herdecke - Gevelsberg - Wuppertal-Beyenburg
- Weg 2: Corvey - Höxter - Ovenhausen - Bökendorf (Pilgerkreuz) - Brakel - Bad Driburg - Dahl - Paderborn - Geseke - Erwitte - Soest - Werl - Unna - Dortmund - Bochum
- Weg 3: Minden - Herford - Lippstadt - Bielefeld - Gütersloh - Rheda-Wiedenbrück - Lippstadt - Soest (Anschluss an Weg 2 nach Bochum)
- Weg 4: Bielefeld - Marienfeld - Warendorf - Telgte - Münster in Westfalen (Anschluss an Weg 1 nach Beyenburg) - Nottuln - Coesfeld - Velen - Borken - Raesfeld - Wesel
- Weg 5: (Marburg) - Hainchen - Siegen - Freudenberg - (Köln)
- Heerweg/Römerweg: Paderborn – Kloster Dalheim - Marsberg - Elspe
- Heidenstraße: Korbach – Marienheide
- Jakobswege im Rheinland:
- Wuppertal-Beyenburg–Köln–Aachen–Lüttich
- Via Coloniensis: Köln-Hürth-Brühl-Bornheim-Weilerswist-Euskirchen-Bad Münstereifel-Blankenheim-Kronenburg-Ormont-Prüm-Schönecken-Waxweiler-Neuerburg-Mettendorf-Nusbaum-Echternach (Luxemburg)-Trier
- Nimwegen–Kleve–Krefeld–Köln
- Dortmund–Essen–Düsseldorf–Aachen oder Nimwegen–Maastricht–Lüttich)
- Lahn-Camino (Wetzlar–Limburg an der Lahn–Lahnstein)
- Mosel-Camino (Koblenz–Trier)
Süden
Bearbeiten- Oberschwäbischer Jakobsweg (Ulm–Biberach an der Riß–Ravensburg–Konstanz)
- Jakobswege in Franken (Kronach– oder Erfurt–Coburg–Bamberg–Nürnberg oder Hof–Bayreuth–Nürnberg oder Bamberg–Uffenheim)
- Ostbayerischer Jakobsweg (Prag–Eschlkam–Regensburg–Donauwörth)
Schweizer Jakobsweg
BearbeitenDie Hauptrouten durch die Schweiz führt von Konstanz nach Rapperswil-Jona oder Rorschach nach Rapperswil-Jona. Von Rapperswil-Jona über den Seedamm nach Einsiedeln. Danach gibt es zwei Wege von Einsiedeln bis Riggisberg. Der Hauptweg führt über Schwyz Brunnen, Stans und über den Brünigpass. Die Winterroute über Luzern, Wolhusen, Huttwil und Burgdorf. Von Riggisberg führen sie wieder zusammen nach Freiburg über Lausanne und nach Genf.
Französische Jakobswege
Bearbeiten- Via Turonensis: Paris–Orléans–Tours–Poitiers–Bordeaux–Ostabat (Info Wikipedia)
- Via Lemovicensis: Vézelay–Bourges–Limoges–Périgueux–Ostabat (Info Wikipedia)
- Via Gebennenis: Genf–Le Puy-en-Velay
- Via Podiensis − Le Puy-en-Velay (Auvergne)–Figeac–Cahors–Saint-Jean-Pied-de-Port (Pyrenäen) (Info Wikipedia)
- Via Tolosana - Arles–Montpellier–Toulouse–Auch–Puente la Reina (Info Wikipedia)
Polnische Jakobswege
Bearbeiten- Camino Polaco von Ogrodniki über Olsztyn, Toruń, Trzemeszno, Gniezno, Murowana Goślina und Witkowo nach Słubice. Diese Strecke ist über 600 km lang.
- Großpolnischer Jakobsweg von Gniezno über Posen, Leszno und Wschowa nach Głogów. Diese Strecke ist ca. 235 km lang.
- Kleinpolnischer Jakobsweg von Sandomierz bzw. Tarnobrzeg über Koprzywnica, Klimontów, Stopnica, Wiślica, Skalbmierz, Krakau, Tyniec und Alwernia nach Auschwitz. Die Strecke ist ca. 200 km lang.
- Niederschlesischer Jakobsweg von Głogów über Polkowice, Chocianów, Bolesławiec, Nowogrodziec und Lubań nach Zgorzelec. Diese Strecke ist ca. 160 km lang.
- Piasten-Weg von Posen über Pobiedziska, Moraczewo, Ostrów Lednicki, Gniezno, Trzemeszno, Mogilno, Strzelno, Kruszwica, Inowrocław, Płowce, Brześć Kujawski nach Włocławek sowie in seiner südlichen Abzweigung über Wągrowiec, Łekno, Żnin, Biskupin, Gniezno, Grzybowo, Giecz, Ląd, Konin nach Kalisz. Diese Strecken sind zusammen ca. 300 km lang.
- Pommerscher Jakobsweg von Braniewo entlang der Polnischen Ostseeküste über Frombork, Elbląg, Danzig, Sianowo, Lębork, Łeba, Ustka, Koszalin, Kołobrzeg, Kamień Pomorski, Wollin, Szczecin nach Świnoujście. Die Strecke ist über 500 km lang.
- Sudeten-Jakobsweg von Krzeszów über Kamienna Góra, Kowary, Mysłakowice, Jelenia Góra, Lubomierz, Gryfów Śląski, Olszyna nach Lubań. Die Strecke ist ca. 105 km lang.
- Via Regia von Przemyśl über Jarosław, Przeworsk, Łańcut, Rzeszów, Dębica, Tarnów, Krakau, Ojców, Olkusz, Sławków, Będzin, Piekary Śląskie, Bytom, Tarnowskie Góry, Oppeln, Brzeg, Oława, Breslau, Środa Śląska, Legnica, Złotoryja, Lwówek Śląski, Lubań nach Zgorzelec. Die Strecke ist ca. 500 km lang.
Portugiesischer Jakobsweg
BearbeitenSpanische Jakobswege
Bearbeiten- Camino Francés
- Camino de la Costa und Camino del Norte (Nordspanischer Küstenweg)
- Via de la Plata
- Camino a Fisterra (von Santiago zum Cabo Fisterra, kein eigentlicher Bestandteil des Jakobswegs, von vielen Pilgern aber zum Abschluss der Reise begangen.
Unterkunft
BearbeitenPrinzipiell gibt es, in Abhängigkeit von dem jeweiligen Abschnitt und Land, verschiedene Möglichkeiten zu übernachten.
Besitzer eines Pilgerausweises können in den am Weg befindlichen Pilgerherbergen übernachten. Diese bieten Unterkünfte in Schlafsälen, Mehrbettzimmern oder Doppelzimmern.
In Spanien werden diese von verschiedenen Institutionen betrieben, woraus sich unterschiedliche Standards und Preise ergeben:
- städtische Herberge: zumeist kostenlos, sehr schlecht, oft dreckig, weniger gut besucht; nicht reservierbar
- kirchliche Herberge: zumeist kostenlos, aber ein Donativo (dt. Spende, 5-10 €) wird erwartet; nicht reservierbar; relativ gut, aber Anteil am kirchlichen Leben wird erwartet (Gang zur Messe, Gesprächsrunden, Gebete)
- private Herberge: kostenpflichtig (5-15 €), von schlecht bis sehr gut; reservierbar
- galicische Herberge (nur in Galicien): kostenpflichtig, aber preisgünstig, im Allgemeinen sehr gut; nicht reservierbar
Die Herbergen bieten teilweise eine Küche, wobei aufgrund diebischer Pilger oftmals keine Küchenausstattung mehr vorhanden ist. Eine Verpflegung durch die Herbergsbetreuer (Hospitaleros) findet im Normalfall nicht statt. Essen muss selbst beschafft und zubereitet werden oder man begibt sich allabendlich in Gaststätten/Bars, wo Pilgermenüs angeboten werden (einfaches Essen, 3 Gänge, 8-11 € inkl. Wein).
In Frankreich ist die Übernachtung in kirchlichen oder privaten Herbergen (oder bei Familien) an der Tagesordnung, wobei hier auch mit Frühstück oder Halbpension gebucht werden kann.
Sofern möglich, kann auch in Pensionen, Hotels oder auf Campingplätzen übernachtet werden. Allerdings sind entlang des Weges nicht in allen Orten Pensionen oder Hotels vorhanden.
Sicherheit
BearbeitenDa die spanischen und französischen Jakobswege gerade in den Sommermonaten gut belaufen sind, besteht keine Sorge, auf dem Weg in Lebensgefahr zu geraten. Für Einsteiger ist der Camino Francés am ehesten zu empfehlen, da dieser die meisten Pilger nach Santiago führt. Die anderen Abschnitte sind weniger gut besucht, so dass tlw. auch einsame Tagesetappen möglich sind. Der Handyempfang ist streckenweise nur eingeschränkt möglich.
Reisezeit
BearbeitenAm ehesten sind Mai/Juni oder September/Oktober zu empfehlen. An Ostern ist in Spanien und Portugal noch mit Regenfällen und niedrigen Temperaturen zu rechnen; im Sommer kann es zum Wandern oder Rad fahren zu heiß sein.
Literatur
BearbeitenBelletristik
BearbeitenMalik, 2007 (61. Auflage), ISBN 3890293123, S. 320 (Deutsch). Hape Kerkeling, deutscher Komiker und Schauspieler, erzählt über seinen beschwerlichen Weg auf dem Camino. Neben Impressionen zu Land und Leuten schildert er seine Gedanken und beschreibt das Pilgerleben mit allen Vor- und Nachteilen, wobei er von einsamen Wanderungen durch die Ödnis genauso berichtet, wie von erfrischenden Bekanntschaften mit den verschiedensten Menschen entlang des Weges. Bestseller.
: Ich bin dann mal weg - Meine Reise auf dem Jakobsweg.Film
BearbeitenSaint Jacques … Pilgern auf Französisch, der Film von Coline Serreau handelt von einer sehr heterogenen Pilgergruppe, welche sich zur Erfüllung eines Testaments auf den Jakobsweg begibt.