Angkor Archäologischer Park/Preah Pithu Komplex

Teil der UNESCO-Welterbestätte von Angkor
Plan der Tempel von Preah Pithu

Der Preah Pithu Komplex ist ein aus fünf, weitgehend zerstörten Tempeln bestehender Komplex in Angkor Thom, der nordöstlich des Khmer-Königspalastes Phimeanakas liegt. Die einzelnen, in Teilen unvollendet gebliebenen Bauten stammen wahrscheinlich zumeist aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts und wurden unter Suryavarman II. errichtet. Bis auf ein später erbautes buddhistisches Heiligtum handelt es sich bei Preah Pithu um eine hinduistische Tempelanlage. Preah Pithu wurde zu Anfang des 20. Jahrhunderts von der École française d’Extrême-Orient (EFEO) vom Baumbewuchs befreit.

Gesamtkomplex

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Tempel T und U wurden wahrscheinlich zeitgleich erbaut. Ihre westliche Ausrichtung ist ungewöhnlich für die Bauten in Angkor und findet sich sonst noch bei Angkor Wat.[1] Der französische Archäologe Maurice Glaize, der im Auftrag der École française d’Extrême-Orient Mitte des 20. Jahrhunderts Angkor erforschte und einige Bauwerke mittels Anastylose restaurierte, datierte in Les monuments du groupe d’Angkor Preah Pithu auf das frühe 12. Jahrhundert. Damit fiele diese Anlage in die Phase des klassischen Baustils der Khmer, der nach Angkor Wat benannt ist. Heute wird davon ausgegangen, dass Preah Pithu größtenteils in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts unter der Herrschaft Suryavarman II. erbaut und einige Teile im 13. Jahrhundert ergänzt wurden.[2] Bis auf ein Buddhismus Heiligtum, welches laut dem Archäologen Claude Jacques von der École française d’Extrême-Orient wahrscheinlich erst im 14. Jahrhundert erbaut wurde, handelt es sich um [hinduistische Tempel.[3][4]

Preah Pithu wurde im Jahr 1908 durch Jean Commaille und von 1918 bis 1920 durch Henri Marchal im Auftrag der École française d’Extrême-Orient vom Überwuchs befreit.[3] 1992 wurde Angkor und somit auch Preah Pithu ein UNESCO-Welterbe.

Tempel T

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Prasat Tempel T. Auf der Spitze der Pyramide steht die weitgehend eingestürzte Cella mit vorgelagerten Vestibülen. Seitlich ihrer Portale sind die 16-seitigen Säulen zu erkennen

Tempel T ist zusammen mit Tempel U von einem Wassergraben umgeben. Eine Aussparung im Westen bildet den Zugang zu diesem Komplex. Sie besteht aus einer kreuzförmigen Doppelterrasse mit axialen Treppen und den für die Architektur Angkors typischen als vielköpfigen Nagas gestalteten Balustraden. Die Terrasse wird von kleinen zylindrischen Säulen getragen. Die ein Areal von 40 × 45 m umfassende Mauer besteht aus Sandstein und imitiert mit der Formung ihrer Krone die Kraggewölbe nach, welche die Galerien Angkors kennzeichnen.[3] Den Eingang zu Tempel T bildet ein schmaler Gopuram mit einem Durchgang und zwei Seitenkammern. Der Prasat besteht aus einer kreuzförmigen, dreistufigen Pyramide mit axialen Treppen und ist mit horizontal verlaufenden Reliefbändern verziert. Auf der ersten Ebene bilden die Treppen einen Absatz. Der Tempelturm ist insgesamt 6 m hoch. Die 3 × 3 m große Cell der obersten Ebene hat in alle vier Himmelsrichtungen Öffnungen, denen jeweils ein kleines Vestibül vorgelagert ist. Diese weisen nach außen Reliefdarstellungen tanzender Devas auf, deren Kleider mit Blumen verziert sind. Dieses Detail wurde ein Merkmal des späteren Bayon-Stils.[3] Die Portale der Vestibüle werden seitlich durch 16-seitige Säulen eingerahmt. Der heute neben dem Portal liegende Türsturz des westlichen Vestibüls zeigt das Quirlen des Milchozeans. Im Osten bildet ein weiterer Gopuram in der Umfassungsmauer den Ausgang von Tempel T, womit dieser eine westliche Ausrichtung aufweist.[5]

Tempel U

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Verzierter Türsturz über dem westlichen Eingang zur Cella des Tempel U. Auf dem Dämonenkopf ist Shiva in seiner tanzenden Erscheinungsform Nataraja dargestellt

Nur wenige Meter östlich von Tempel T liegt auf derselben Achse Tempel U. Er ist von einer Sandsteinmauer umgeben, die auf einer geformten Basis steht. Tempel U hat eine Fläche von 35 m × 28 m.[3] Den Eingang bildet kein Gopuram, sondern eine einfache Tür. Der nur teilweise erhaltene Prasat ist ähnlich aufgebaut wie bei Tempel T aber von geringerer Größe. Die Außenwände der Vestibüle sind mit tanzenden Devas und Apsaras vor einem Pflanzenhintergrund verziert.[5] Neben den Eingängen sind an ihrer Stelle Dvarapalas abgebildet. An der Basis der Pilaster befinden sich Blendbögen, die kleine Szenen mit Figuren aufweisen. Dies ist ein typisches Stilmittel zur Zeit von Angkor Wat.[6] Die verzierten Giebelfelder über den Eingangsportalen der Cella zeigen im Norden das Quirlen des Milchozeans und im Westen die Trimurti, also die drei großen hinduistischen Götter Brahma, Vishnu und Shiva. In dieser Darstellung tanzt Shiva als mehrarmiger Nataraja zwischen Brahma und Vishnu und steht dabei auf dem Kopf des alles verschlingenden Dämons Kala, welcher in der indischen Ikonografie als Kirtimukha bekannt ist und zur Abschreckung böser Geister dient.[7] Im Süden zeigt das gleich den Säulen der Eingangsportale unvollendet gebliebene Relief des Giebelfelds Vishnu und Shiva ein weiteres Mal auf Kala reitend. Türstürze dieser Art, in deren Mitte ein solcher Dämonenkopf abgebildet ist, sind seit dem Preah Ko-Stil zur Zeit Indravarman I. (877–890), unter dem sie kunsthandwerklich zur Blüte gelangten, ein typisches Element der Baukunst der Khmer.[8] Das Kala-Motiv geht auf Einflüsse der Champa und aus Java zurück und fand bereits in der Gründungszeit Angkors unter Jayavarman II. im Kulen-Stil erste Verwendung.[9] Die Cella ist 2 × 2 m groß.

Tempel X

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Doppelfries mit Buddha und Bodhisattvas im Inneren der Cella des Tempel X

Etwa 50 m östlich von Tempel U jenseits des Wassergrabens steht auf einer als Fundament dienenden quadratischen Terrasse mit 40 m Seitenlänge Tempel X. Dieser steht 30 m nördlich der Ost-West-Achse der ersten beiden Tempel und ist nach dem gleichen Plan konzipiert, weist aber keine Umfassungsmauer auf.[6] Das 4 m hohe Fundament von Tempel X hat ausgeprägte Reliefleisten und ist voll ausgeformt. Zugang zur Plattform und dem kreuzförmigen und zweistufigen Prasat bilden vier axiale Treppen, die von Löwen flankiert werden. Der 4 m hohe Tempelturm ist schlicht ausgestaltet und blieb unvollendet, womit er aus einer späteren Bauphase stammt als die anderen Tempel von Preah Pithu.[6] Wie bei Tempel T und U sind der quadratischen Cella mit 2,20 m Seitenlänge vier Vestibüle vorgelagert. Im Inneren umläuft sie über den Zugangsportalen ein Doppelfries mit Buddha und Bodhisattvas, die deutliche Ushnishas, also Scheitelerhebungen, besitzen. Des Weiteren sind auf dem östlichen Türsturz drei Buddhas zu sehen, die von betenden Figuren umgeben sind. Diese, wahrscheinlich später angebrachten,[6] buddhistischen Darstellungen in einem an sich hinduistischen Tempelkomplex veranlassten Jacques Tempel X auf das 14. Jahrhundert und somit als jüngste der Anlage zu datieren,[4] womit er in die Stilepoche des Post-Bayon fiele.[10] Weitere Giebelflächen, darunter ein Fries mit dem Samskara der ersten Rasur, wurden in der Nähe von Glaize gefunden.[6] Unmittelbar östlich von Tempel X befindet sich eine von Bai Semas umgebene Laterit-Terrasse, an deren Rand Glaize Überreste von Naga-Balustraden auffinden konnte. Dieser buddhistische Sakralbau enthält ein Wasserbecken, zu dem eine Treppe mit zwei Elefanten als Wächterfiguren hinabführt.[11][12]

Tempel V

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Westansicht des Prasat von Tempel V mit Vestibül vor dem innersten Heiligtum.

Nordwestlich von Tempel X steht Tempel V, welcher gleichfalls keine Umfassungsmauer besitzt. Zu ihm führt von Westen aus ein 70 m langer Damm, der von einer 35 × 55 m großen kreuzförmigen Terrasse seinen Anfang nimmt. Der Prasat hat eine kreuzförmige, dreistufige Basis aus Sandstein, die von mehreren fein und reichhaltig verzierten Reliefbändern umlaufen wird, und axiale Treppenaufgänge. Eine Stele an der östlichen Treppe des Tempelturms zeigt Varuna auf seinem Reittier Makara. In der näheren Umgebung des Tempels sind etliche Fragmente mit vielköpfigen Nagas erhalten.[13] Das obere Heiligtum steht auf einer doppelten, mit Friesen ausgeschmückten Plinthe. Wie bei den anderen Tempeln enthält es eine quadratische Cella, die hier 3,80 m Seitenlänge besitzt, mit vorgebauten Vestibülen in alle vier Himmelsrichtungen. Im Unterschied zu den restlichen Bauten hat Tempel V nach Osten jedoch zwei Vorräume hintereinander und somit eine Verlängerung, die seine östliche Ausrichtung betont. In der Cella steht ein 1,5 m großes Lingam, dessen Yoni, das ist ein Sammelbecken für heiliges Wasser, über 16 Löcher verfügt. Der Wandschmuck blieb unvollendet und weist die typischen Merkmale des Angkor Wat–Stils auf wie zum Beispiel Formelemente in den Wandpfeilern, die einer Leier ähneln.[11]

Tempel Y

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Südliche Seitentür zum Vestibül des Tempel Y mit Reliefs über Portal und Pavillon

15 m nördlich von Tempel X liegt auf einer Erdterrasse leicht erhöht Tempel Y. Er unterscheidet sich im Grundriss deutlich von den anderen Bauten in Preah Pithu. Tempel Y besteht aus einer 7 × 8 m großen rechteckigen Vorhalle mit einem Eingang im Osten. Sie ist zum Teil eingestürzt. Ihr folgt als verbindendes Bauelement zur Cella ein Vestibül mit zwei Seitentüren nach Norden und Süden. Dieser Aufbau mit einer vorgebauten Mandapa als Eingangshalle, der Antarala als Vorraum und der Garbhagriha als innerstem Heiligtum ist typisch für die hinduistische Architektur.[13] An der westlichen Außenmauer der Mandapa flankieren zwei halbe Giebelfelder die beiden Seitentüren des Vestibüls. Das Giebelfeld neben dem nördlichen Portal zeigt Vishnu auf Garuda im Kampf mit dem tausendarmigen Asura Bana, einem Sohn des Daitya–Königs Bali. Das entsprechende Relief an der südlichen Tür des Vestibüls greift den Vishnu-Mythos der drei Schritte aus den Puranas auf. In diesem Mythos überlistet Vishnu in seiner fünften Inkarnation als Zwerg Vamana König Bali und erschließt mit drei Schritten Himmel, Erde und Unterwelt, um somit die Vorherrschaft der Devas wiederherzustellen. Das Relief zeigt, wie Vishnu seinen Fuß auf eine Lotosblume setzt, die von der großen Göttin Devi gehalten wird. Darunter ist eine Palastszene, die in ähnlicher Form auch im Prasat Kravan zu sehen ist.[13] Ein anderes Giebelfeld zeigt den Kampf zwischen den Affenkönigen Sugriva und Vali aus dem Ramayana. Die Wandpfeiler von Tempel Y sind mit floralem Schnörkelwerk verziert, welches in Vögelköpfen endet. Die Cella ist 3 × 3,50 m groß und schließt im Westen mit einem Scheinportal ab. In ihr befand sich ein 0,95 m hohes Lingam. Glaize ordnete Tempel Y zeitlich zwischen Angkor Wat und Bayon ein. Welchem Zweck er gewidmet war, ist unklar, in Teilen ähnelt er Bauten zur Unterbringung von Pilgern, welche im Eingangsbereich anderer Tempel in Angkor zu finden sind.[11] Jacques vermutet, dass Tempel Y später als die Tempel T, U und V erbaut wurde.[1]

Literatur

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  • Marilia Albanese ; Wolfgang Hensel [Übers.] ; National Geographic Society (Hrsg.): Angkor. Hamburg: G+J/RBA GmbH & CoKG, 2006, National Geographic Art Guide, ISBN 9783937606774, S. 246–249.
  • Michael Freeman, Claude Jacques: Ancient Angkor. Bangkok: River Books Ltd, 2003 (2. Auflage), ISBN 9748225275, S. 117,118. englisch
  • Maurice Glaize: Les Monuments du groupe d’Angkor. Paris: Adrien-Maisonneuve, 1993 (4. Auflage), ISBN 272001091X, S. 128 der englischen Übersetzung (PDF, 8 MB) von Nils Tremmel bei Angkor guide, abgerufen am 12. Februar 2014. Erstauflage: Portail, Saigon 1944
  • Dawn F. Rooney: Angkor ; Cambodia’s wondrous Khmer Temples. Hong Kong: Odyssey Books & Guides, 2011 (6. Auflage), ISBN 9789622178021, S. 360. englisch

Einzelnachweise

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  1. 1,0 1,1 Michael Freeman, Claude Jacques: Ancient Angkor. S. 117.
  2. Dawn F. Rooney: Angkor– Cambodia’s wondrous Khmer Temples. S. 360.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Maurice Glaize: Les Monuments du groupe d’Angkor. S. 125 der englischen Übersetzung.
  4. 4,0 4,1 Michael Freeman, Claude Jacques: Ancient Angkor. S. 117, 118.
  5. 5,0 5,1 Marilia Albanese: Angkor. S. 246.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 Maurice Glaize: Les Monuments du groupe d’Angkor. S. 127 der englischen Übersetzung.
  7. John Emigh: Masked Performance: The Play of Self and Other in Ritual and Theatre. Philadelphia: University of Pennsylvania Press, 1996, ISBN 9780812213362, S. 37..
  8. Marilia Albanese: Angkor. S. 24.
  9. Michael Freeman, Claude Jacques: Ancient Angkor. S. 32.
  10. Michael Freeman, Claude Jacques: Ancient Angkor. S. 31
  11. 11,0 11,1 11,2 Maurice Glaize: Les Monuments du groupe d’Angkor. S. 128 der englischen Übersetzung.
  12. Marilia Albanese: Angkor. S. 248.
  13. 13,0 13,1 13,2 Marilia Albanese: Angkor. S. 249.
 
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