Fernbusse in Deutschland
Der Fernbusverkehr in Deutschland ist neben dem Fernbahnverkehr eine der Möglichkeiten, Fernreisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu tätigen. Auch wenn die Fahrtzeiten in der Regel länger dauern als mit dem Zug, so ist der Fernbus, ebenfalls wie die Fernbahn, ein sehr umweltfreundliches Verkehrsmittel, insbesondere im Vergleich zum Fliegen sowie dem Fahren mit Pkw bzw. Motorrad. Seit 2013 sind Fernbusfahrten innerhalb Deutschlands ebenfalls möglich, vor 2013 waren Fernbusfahrten nur ins Ausland oder nach Berlin möglich und wurden überwiegend von Fernbuszusammenschlüssen durchgeführt. All diese Verbünde wurden bis 2023 vom neuen Flixbus geschluckt.
Hintergrund
BearbeitenBis Ende des Jahres 2012 war die Genehmigung von Fernbuslinien innerhalb Deutschlands zum Schutz der bereits vorhandenen Bahnlinien nach dem deutschen Personenbeförderungsgesetz (PBefG) nicht erlaubt. Seit dem Jahre 1935 war der Fernbusverkehr nur auf den Strecken möglich, in denen diese Beförderungsleistung nicht durch andere Verkehrsmittel ausreichend erbracht war. In der Praxis bedeutete dies, dass es sich bei den bestehenden Fernbuslinien innerhalb von Deutschland überwiegend um Flughafenzubringer sowie Verbindungen nach Berlin handelte. Außerdem gab es auch noch einige innerdeutsche Haltestellen der Fernbusse in das benachbarte Ausland.
Mit dem Beginn des neuen Jahrtausends begann dann aus verschiedenen politischen Gründen ein Umdenken und das PBefG wurde stufenweise reformiert: Seit August 2011 waren Fernbuslinien mit Haltestellen von nur noch mindestens 50 Kilometern erlaubt. Im Januar 2013 wurde auch diese Grenze aufgehoben.
Seitdem entwickelt sich zunehmend ein Markt für Fernverbindungen zwischen den Städten in Deutschland. Die Fernbusunternehmen selbst besitzen keine eigenen Busse. Diese werden von regionalen Unternehmern als Lohnbetriebe unter dem einheitlichen Logo gestellt. Im Falle des Bankrotts eines großen Betreibers ist somit keine Masse für eventuellen Regress vorhanden. Mehrere Anbieter haben bereits aufgegeben: Als erstes City2City, eine Tochtergesellschaft der britischen National Express, später auch Bahntochter „BerlinLinienBus“ und Post-Tochter „Postbus“. Durch diese Marktaustritte und Fusionen wird der Markt nun zu einem erheblichen Maß von Flixbus dominiert und auf vielen Linien besteht kaum noch Auswahl zwischen verschiedenen Anbietern.
Fahrkarten
BearbeitenDie meisten Fahrkarten werden als Onlineticket entweder über die Homepage der jeweiligen Fernbusunternehmen oder über Apps erworben, welche die meisten Fernbusunternehmen anbieten. Es besteht zudem die Möglichkeit, Fahrkarten in den Kundencentern der Fernbusunternehmen zu erwerben oder telefonisch über die Servicerufnummern. Viele Fernbusunternehmen kooperieren beim Fahrscheinverkauf zudem mit Reisebüros. Sofern noch freie Plätze im Bus vorhanden sind, können Fahrscheine auch kurz vor Abfahrt bei den Busfahrern erworben werden. Diese sind jedoch in der Regel teurer als Fahrscheine aus dem Vorverkauf der übrigen Vertriebswege.
Fernbusse verfügen in der Regel nur über eine Wagenklasse. Bei Fernbusfahrten ist aus rechtlichen Gründen beim Kauf eines Tickets automatisch ein freier Sitzplatz verfügbar. Bei vielen Fernbusunternehmen können gegen Zuzahlung auch Wunschsitzplätze reserviert werden.
Preise
BearbeitenGenerell gilt, dass die Preise der Fernbusverbindungen oft unter denen einer regulären Zugverbindung liegen, um zu den schon vorhandenen und meist schnelleren Bahnverbindungen konkurrenzfähig zu sein.
Alle Busgesellschaften kalkulieren Einzelpreise für jede Strecke, entsprechend variieren die Preise je nach Auslastung der Fahrt. Am teuersten sind direkt beim Fahrer gekaufte Karten zum Standardtarif. Fahrkarten aus dem Vorverkauf im Internet, in Reisebüros, bei Vertragspartnern und in den Kundencentern der Busgesellschaften sind günstiger. Angebote zur Kundenbindung wie Rabattkarten ähnlich der Bahncard gibt es derzeit in Deutschland nicht. Da Fernbusse anders als Stadt- und Regionalbusse eigenwirtschaftlich geführt werden und keine Finanzleistungen aus Steuermitteln erhalten, müssen sie sich komplett durch die Fahrgeldeinnahmen finanzieren. Daher sind die Preise der Fernbusfahrkarten der aktuellen Angebots- und Nachfrageverhältnisse angepasst. Dies gilt jedoch nicht nur für Fernbusse, sondern ebenso für Sonderangebote des Eisenbahnfernverkehrs sowie der Fluggesellschaften für Kurzstreckenflüge. Im Gegensatz zu Zügen zahlen Busse jedoch keinerlei Trassennutzungsgebühren.
Die Marktkonsolidierung ist inzwischen im Wesentlichen abgeschlossen und außer Flixbus gibt es auf vielen Routen nur die Bahn. Logischerweise sind damit auch die Tage der ultrabilligen Fahrscheine vorbei. Da die Bahn inzwischen eine aggressivere Preisstrategie fährt, kommt es nicht selten vor, dass ein Bahnticket - zumal mit Bahn Card - billiger ist als der Bus. Vergleichen lohnt sich aber auch hier, da die Fahrzeiten auch in Betracht gezogen werden sollten und billigere Karten oft nur für indirekte Routen verfügbar sind.
Auf Strecken, wo nach wie vor mehr als ein Anbieter fährt, können aber nach wie vor Fahrkarten zu billigen Preisen erworben werden. Als Beispiel sei hier Dresden-Berlin genannt, wo nach wie vor drei Anbieter (Flixbus, RegioJet) aktiv sind.
Ausstattung
BearbeitenBusse
BearbeitenDie Betreiber und ihre Fernbusse sind meistens recht neu. Es handelt sich daher in der Regel um komfortable Reisebusse mit WLAN-Anschlüssen und 230V-Steckdosen unter den Sitzplätzen sowie Leselampen und verstellbarer Belüftung. Snacks und Kaltgetränke sind zumeist bei den Fahrern erhältlich. Einige Busse verfügen auch über Heißgetränkeautomaten. Über den Sitzen befinden sich Ablageflächen für Handgepäck. Einige Fernbusunternehmen legen in den Bussen Fahrgastzeitschriften aus. Toiletten befinden sich zudem in allen Fernbussen. An den Fenstern befinden sich verschließbare Vorhänge.
Klassifiziert werden Reise- und Fernbusse nach einem von der Betreiberindustrie (in Form der gbk - Gütegemeinschaft Buskomfort e.V.) entworfenen System, das von einem bis fünf Sterne reicht (Gütezeichen RAL Buskomfort). Je nach Streckenlänge der Reise sind unterschiedliche Kriterien wie Sitzplatzabstände, Grundausstattung und Sitzplatzausrüstung, Nachtbeleuchtung, Gepäckablage (Stauraum) festgelegt.
Haltestellen
BearbeitenMit der Liberalisierung des nationalen Fernbusmarktes im Jahr 2013 wurden in den deutschen Groß- und Kleinstädten unterschiedliche Systeme angewendet, um Fahrgästen der Fernbusse Haltemöglichkeiten zum Ein- und Aussteigen sowie zum Umsteigen zu ermöglichen. In 1 Hamburg beispielsweise existiert ein offizieller Fernbusbahnhof, welcher bereits zuvor ein Busbahnhof für Stadt- und Regionalbusse sowie Fernbusse internationaler Linien war und entsprechend den neuen Anforderungen der zusätzlichen Fernbushalte und weiterer, teils neuer Fernbusunternehmen durch Sanierung und Renovierung angepasst wurde. In Fernbusbahnhöfen befinden sich häufig sanitäre Anlagen und öffentliche Duschen, kostenpflichtige Schließfächer Kundencenter mit Fahrscheinverkauf vieler Fernbusunternehmen wie Flixbus oder Regiojet sowie Schnellrestaurants, Drogerie- und Supermärkte, Kioske sowie Geldautomaten. Geschäfte des Einzelhandels sind in Fernbusbahnhöfen vom Ladenschlussgesetz ausgenommen. In einigen Fernbusbahnhöfen existieren zudem beheizte Warteräume oder überdachte und windgeschützte Wartemöglichkeiten im Freien. Bereits fertiggestellte Fernbusbahnhöfe befinden sich in Hamburg, 2 München , 3 Frankfurt am Main , 4 Berlin und anderen Städten, in einigen Weiteren sind Fernbusbahnhöfe in Bau.
Fahrtzeiten
BearbeitenDa die Fernbusse auf den üblichen Autobahnen und Straßen verkehren, entstehen insbesondere in den Teiletappen der Stadtdurchfahrten zu den stauanfälligen Hauptverkehrszeiten Verzögerungen für die Fernbusse. Die Fahrtzeiten liegen daher so gut wie immer über denen einer vergleichbaren Zugverbindung. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Fahrer nach spätestens viereinhalb Stunden eine mindestens 30 Minuten lange Pause machen. Dies kann dazu führen, dass eine ursprünglich geringe Verzögerung zu einer sehr langen Verspätung wird, da der Fahrer eine im Fahrplan nicht vorgesehene Pause machen muss. Jedoch sind viele Fernbusse generell mit zwei Busfahrern besetzt und auch der Aufenthalt an den Haltestellen gilt als Lenkpause.
Wer schnell ankommen will, sollte nicht am Freitag fahren. Besonders zeitsparend sind Fernbusfahrten in der Nacht sowie von Montag bis Donnerstag und an Samstagen. Der Sonntag ist für Fernbusreisende besonders zu empfehlen, da LKW dann nicht fahren dürfen.
Fernbuslinienbetreiber
BearbeitenIn dieser Liste sind die größten Fernbusunternehmen in Deutschland aufgeführt, zudem führen auch einige ausländische Fernbusunternehmen Fahrten in Deutschland durch. Reine Flughafenzubringer sowie private Shuttleverkehre sind in dieser Liste nicht aufgeführt.
- BlaBlaCar. Tel.: +420 (0) 539 000 322. BlaBlaCar ist ein französischer Fernbusbetreiber, der auch in Deutschland fährt.
- Flixbus Theresienstr. 18, 80333 München. Tel.: +49(0)30 300 137 300 Flixbus wurde 2011 gegründet und hat seinen Sitz in München. Befahren werden Buslinien zwischen deutschen Großstädten und bis in die Großstädte der Nachbarländer Schweiz und Tschechien. 2015 fusionierte Flixbus mit dem Konkurrenten MFB MeinFernbus. Der Markenname wurde beibehalten, die grüne Farbpalette dagegen von MeinFernbus übernommen. Seit 2023 ist die Firma der größte Oligopolist.
- RegioJet Tel.: +420 222 222 221 RegioJet ist ein tschechisches Fernbusunternehmen, welches unter dem früheren Namen StudentAgency auftrat. Die Fernbusse können auch für innerdeutsche Fahrten genutzt werden. RegioJet ist ein Fernbusunternehmen sowie privates Eisenbahnfernverkehrsunternehmen.
- Sindbad, Ul. Działkowa 4, PL-45144 Opole. Tel.: +48 (0)801 22 33 44, E-Mail: bilety@sindbad.pl.
Praktische Hinweise
BearbeitenSiehe auch: Reisethemen
- Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende Antwort bekommt, kann sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr wenden. Es werden Beschwerden geprüft und Schlichtungsvorschläge zur einvernehmlichen und außergerichtlichen Streitbeilegung erarbeitet. Das spart der Industrie Geld und Zeit, dem Kunden kaum Ärger.
- Es wird durch die Fernbusunternehmen empfohlen, einen Gepäckanhänger an Koffern oder Reisetaschen anzubringen, auf dem Name und Adresse des Reisenden sowie das Fahrtziel vermerkt ist. Dies erleichtert den Fahrern das Be- und Entladen von Gepäck in den Verladeraum und dient den Reisenden als Sicherheit vor Verwechselungen von Gepäckstücken beim Erhalt am Ausstieg. Die Gepäckanhänger werden von den Fernbusunternehmen beim Fahrscheinkauf zur Verfügung gestellt. Beim Kauf als Onlineticket erfolgt die Zustellung des Gepäckanhängers parallel zum Erhalt des Tickets als PDF-Version zum Selbstausdruck.
Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln
BearbeitenEigenes Auto/Fahrrad
BearbeitenDa sich Fernbusbahnhöfe- und Haltestellen meist in zentraler Lage in den Stadtzentren befinden, sind in der nahen Umgebung zwar kostenpflichtige Parkhäuser- und Tiefgaragen, in der Regel jedoch keine Park-and-Ride-Anlagen vorhanden, da sich diese eher an den Stadträndern befinden, jedoch können die Fernbusbahnhöfe von dort aus mit den Verkehrsmitteln des Stadtverkehrs erreicht werden.
Bike-and-Ride-Anlagen sind erfahrungsgemäß auch in Stadtzentren vorhanden, an manchen Fernbusbahnhöfen, z. B. in Frankfurt am Main befindet sich auch eine Fahrradgarage.
ÖPNV
BearbeitenNahezu alle Fernbusbahnhöfe und Haltestellen in Großstädten werden auch durch Stadt- und Regionalbusse, Straßenbahnen und Stadtbahnen, U-Bahnen und S-Bahnen angefahren.
ÖPFV
Bearbeiten- Fernbusbahnhöfe befinden sich oft in der Nähe von Bahnhöfen des Fernverkehrs
- Auch Flughäfen verfügen meist über Haltestellen des Fernbusverkehrs
- Ebenso sind Personenhäfen des Fernverkehrs mit Fernbussen erreichbar, beispielsweise die Fährterminals in Kiel nach kurzem Fußweg vom ZOB Kiel.
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
Bearbeiten- Das vom Verkehrsclub Deutschland VCD empfohlene Online-Portal Busliniensuche.de verfügt über eine neutrale Fahrplanauskunft und Linienübersicht aller Fernbusunternehmen, Gründung von Fahrgemeinschaften und Mitfahrgelegenheiten sowie Sparpreisen für Eisenbahn-Fernverbindungen.