Archäologische Stätte von Schanhūr
Schanhūr · شنهور
GouvernementQinā
Einwohnerzahl9.314 (2006)
Höhe80 m
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Schanhūr

Schanhur (auch Schanhor, englisch auch Shanhur, Shenhur, fanzösich auch Chenhour, Chanhour, arabisch: ‏شنهور, Schanhūr) ist ein modernes Dorf im ägyptischen Gouvernement Qinā. Es liegt auf der östlichen Nilseite etwa 25 Kilometer nördlich von Luxor entfernt. Im Dorf befinden sich die Überreste eines römischen Tempels, der der Götterdreiheit Isis, Min und Hor-pa-chered-wer-tepi-en-Amun geweiht war.

Hintergrund

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Es liegt auf der östlichen Nilseite, etwa 3 km vom Nil, 25 km nördlich von Luxor, 20 km südlich von Qift und 6 km südsüdöstlich von Qūṣ entfernt. An der Ostseite des Dorfs führen die Fernverkehrsstraße 25 und parallel dazu der Schanhūrīya-Kanal vorbei.

Geschichte

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Das heutige Dorf erhebt sich im Osten des antiken Pa-schen-Ḥor (PꜢ-š-n-Ḥr, „Der See des Horus“, koptisch: ⲡϣ(ⲉ)ⲛϩⲱⲣ, Psch(e)nhor) bzw. Psenyris und trägt somit den antiken pharaonischen Namen bis in heutige Zeit. Horus war somit gleichsam Schutzgott dieser Siedlung. Der Ort befand sich in der Antike im Grenzbereich zwischen den ehemaligen 4. (Theben) und 5. (Koptos) oberägyptischen Gauen.

Die heute sichtbaren archäologischen Überreste des Tempels der Isis reichen nur in die römische Zeit zurück. In den Inschriften findet man die Namen der römischen Kaiser Augustus (30 v. Chr.–14 n. Chr.), Tiberius (14–37), Caligula (37–41), Claudius (41–54), Nero (54–68) und Trajan (98–117). Allerdings wurden vor Ort wenige Reste früherer Inschriften und Reliefs gefunden. Zudem befindet sich unter dem Kontratempel nördlich des Tempel, unter dem Niveau des Fundaments, ein Estrich, der zu einem früheren Tempelbau gehören könnte.

Koptische Keramikfunde belegen die Existenz einer christlichen Bevölkerung seit römischer Zeit.[1]

Die Tempelanlage ist zwar seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt und wurde von Nestor L’Hôte (1804–1842) 1839[2] und Karl Richard Lepsius (1810–1884) am 17. Mai 1845[3] besucht und kurz beschrieben. Auch andere Reisende besuchten den Tempel im Laufe des 19. Jahrhunderts. Eine umfangreiche Erforschung erfolgte aber erst 1992–2001, anfänglich durch den belgischen Ägyptologen Jan Quaegebeur (1943–1995) und später durch den französischen Ägyptologen Claude Traunecker (Universität Löwen, Universität Straßburg) bzw. den niederländisch-belgischen Ägyptologen Harco O. Willems (Katholieke Universiteit Leuven), deren abschließende Veröffentlichungen seit 2003 erscheinen. Eine abschließende Kampagne in Zusammenarbeit mit Martina Minas und Troy Sagrillo von der Swansea University fand 2010 statt.

Das Dorf erreicht man leicht mit einem PKW oder Taxi vom nahe gelegenen Luxor aus. Von der Fernverkehrsstraße 25 QināEdfu gelangt man zum Dorf, indem man in seinem Osten einen kleinen Kanal bei 1 25° 51′ 32″ N 32° 46′ 56″ O überquert und das Dorf mit seinen engen Gassen nach Westen durchquert.

Sehenswürdigkeiten

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Tempel der Isis

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Die Hauptsehenswürdigkeit ist natürlich die 1 römische Tempelanlage (25° 51′ 40″ N 32° 46′ 37″ O) im Westen des Dorfes. Der Tempelbezirk ist heute von einer Mauer umgeben, die jedoch im Osten nicht geschlossen ist. Wer den Tempel besichtigen möchte, besorge sich eine Genehmigung von der Obersten Antikenbehörde (SCA) in Kairo!

 
Südseite des Isis-Tempels
 
Relief im Sanktuar: Augustus opfert dem Amun-Re
 
Gegentempel des Isis-Temples

Die heute sichtbare Anlage datiert aus römischer Zeit. Die Errichtung lässt sich grob in drei Bauphasen einteilen: Zuerst entstand der Tempel für Isis unter Kaiser Augustus im Osten. Die südwestlich davon erbaute Nebenkapelle dürfte etwas später entstanden sein. In der Zeit des Nero wurden beide Heiligtümer verbunden, indem man die Anlage um einen Vier-Säulen-Hof vor dem Tempel der Isis anlegte und einen Pronaos (Tempelvorhalle) ergänzte. Der Pronaos, als breite Querhalle ausgeführt, diente nun als Zugang für den Tempel und die Kapelle.

Die Achse der Tempelanlage geht von Süd nach Nord. Den Tempel betritt man im Süden durch den Pronaos. Die Front des Pronaos’ wurde aus einer Schrankenwand mit sechs Säulen gebildet. In der Pronaoshalle standen je sechs Säulen in zwei Reihen, deren Basen heute noch erhalten sind. Zur Rechten (im Osten) gelangt man über die Vier-Säulen-Halle zum recht monumentalen Tempel, links daneben im Westen befindet sich die deutlich kleinere sog. Kapelle des Hor-udja. Die wenigen Inschriften im Pronaos und in der Säulenhalle stammen aus der Zeit des Nero.

Wie bereits gesagt wurde der Tempelbau unter Kaiser Augustus begonnen und in dieser Zeit auch das Sanktuar (das Allerheiligste) ausgeschmückt. Der gut erhaltene nördliche Teil des Kalksteinbaus steht fast noch in voller Höhe an, die Decke bestand aus Kalk- und Sandsteinplatten, die aber heute nur noch teilweise vorhanden sind. Der Kalkstein ist von geringer Qualität, was wohl den Tempel vor Steinraub bewahrt hat. Der Tempel entspricht in verkleinerter Form den griechisch-römischen Tempeln in den anderen Landesteilen.

Das Tempelhaus besteht aus drei hintereinander liegenden, undekorierten Räumen, die nach Norden kleiner werden. An der Tempelfront ist vom Eingang nur noch der linke Pfosten erhalten, auf dem sich einstmals vier Register (Bildstreifen) mit Opferszenen des Kaisers vor verschiedenen Gottheiten befanden. Auch vom Sturz ist nur noch ein kleiner Rest erhalten.

Im dritten Raum gelangt man zum Sanktuar (Allerheiligsten) mit einem Umgang. Die Tür im Südosten des Umgangs führt zuerst zum sog. Neujahrshof, von dem man in die Wabet („die reine [Stätte]“, siehe unten) mit einem runden Altar und eine Krypta gelangt. Im hinteren Teil des Umgangs gelangt man zu zwei Seitenkapellen und an der Rückwand zu einer Nische, die zu weiteren Krypten führt. Vom mittleren Vorraum gelangt man im Westen zu einem Raum mit einer Treppe zum Tempeldach.

Die Wände des Sanktuars und die Eingangstür sind dekoriert. Oberhalb der Tür befindet sich die Flügelsonne. Vom im 19. Jahrhundert noch vorhanden Türsturz und seiner Dekoration ist nur noch ein kleiner Rest im Osten geblieben: Man sieht noch, wie Augustus ein Bildnis der Maat an Amun-Re und zwei Weingefäße an Thot und Maat opfert.[4] Auf den Türpfosten sind Reste der Opferszenen des Augustus vor Month (links) und Chons (rechts) zu sehen. Die Inschriften auf den Laibungen stammen aber erst von seinem Nachfolger Tiberius.

An den Seitenwänden befinden sich Darstellungen in zwei Registern, an der Rückwand in drei Registern. Die Widmungsinschriften an den Seitenwänden belegen, dass die Dekoration noch unter Augustus angelegt wurde. Auf der linken (westlichen Wand) widmet er den Bau seiner Mutter Mut, auf der rechten der „Großen Göttin Isis“. Die linke Wand ist für die thebanische Götterfamilie bestimmt. Im oberen Register betet Augustus die Götter Month (zerstört), Rat-taui, die Gefährtin des Month, Chons und Mut an, darunter Amun-Re, Mut, Geb und Isis. Die rechte (östliche) Wand bezieht sich auf die Götterfamilie von Koptos. Im oberen Register betet Augustus Haroëris von Qūṣ, Isis, Harpokrates[5], und Hathor (?), im unteren Register Amun-Min, Isis, Tutu, „der zu dem kommt, der ihn ruft“, und Nebet-ihi an. Nebet-ihi, die „Herrin der Freude“, stellt ein Beiwort der Göttin Nephthys dar. Tutu ist ein in römischer Zeit verehrter Sonnengott und tritt an die Stelle des Horus-Kindes.

Die Rückwand enthält Darstellungen in drei Registern, die nach oben immer schmaler werden. Im obersten Register, von dem nur noch der linke Teil erhalten ist, gab es die Doppeldarstellung des Augustus vor zwei Gottheiten. Im mittleren Register opfert Augustus den thronenden Amun-Re-Sonther (links) und Osiris (rechts). Im untersten Register opfert der Kaiser ein Sistrum an Mut und Isis (links) und Weihrauch an Isis und Nebet-ihi.

Rechts vom Sanktuar befindet sich die Raumgruppe Neujahrshof und Wabet. Während des Neujahrsfests wurde hier die Feier zur Vereinigung der Kultbilder mit der Sonnenscheibe vollzogen. Die Wabet wurde erst unter Caligula dekoriert. Im hinteren Teil ist noch die astronomische Decke erhalten. Auf der 5,5 × 2 m großen Sandsteinplatte sind die Himmelsgöttin Nut, der Planet Merkur, die Zirkumpolarsterne und Tierkreiszeichen erkennbar. An den Wänden sind verschiedene Gottheiten wie Isis, Nephthys, Nebet-ihi und Ta-netjeret-aat, die „Große Göttin“, ein Beiname der Isis, dargestellt.

Die Außenwände des Tempelhauses wurden unter Kaiser Tiberius (den größten Teil der Rückwand) und Claudius (Seitenwände) dekoriert. Man sieht den Kaiser u.a. mit einem Weihrauchgefäß vor Isis und Nephthys, mit einem Szepter vor Sobek und Hathor, wie er ein Kollier an eine Göttin opfert und vieles mehr.

An der Rückwand befindet sich ein Kontratempel (Gegentempel), in dem eine Scheintür den Kern bildet. Links der Nische opfert Tiberius vor der Götterfamilie von Koptos, Re-Min, Isis und Tutu, und Nebet-ihi und rechts vor der thebanischen, Amun-Re, Mut und Chons, sowie Ta-netjeret-aat.

 
Relief am linken Pfosten des zweiten Durchgangs der Nebenkapelle
 
Ostseite der Hammām-esch-Schanhūrī-Moschee

Vor oder unter Tiberius wurde südwestlich des vorgenannten Tempels auch eine Nebenkapelle errichtet, die in der Literatur manchmal als Kapelle des (Kindgottes) Hor-udja bezeichnet wird. Die Zugehörigkeit zu diesem Kindgott ist aber nicht erwiesen. In der Kapelle wird u.a. auch die Mutter dieses Gottes namens Ta-netjeret-aat, eine Form der Isis, erwähnt. Die Kapelle besteht aus drei hintereinander gelegenen Räumen, von denen nur noch die unteren Steinlagen erhalten sind. Lediglich die Torpfosten besitzen Darstellungen und Inschriften des Tiberius’. Der Eingang zur Kapelle wird auch „Tor des Trajan“ genannt, weil dessen Pfosten in seinem Auftrag dekoriert wurden. An der Rückwand des letzten Raumes befindet sich eine Kultnische für das Götterstandbild. Auch diese Kapelle besaß einen Gegentempel in Form einer Kultnische und Darstellungen des anbetenden Königs vor einer Göttin.

Der Tempel war wohl dem Kult einer Form der Isis gewidmet. Wie auch bei anderen Gottheiten der römischen Epoche wurde diese als eine Gestalt vorgestellt, die vier „Aspekte“ hatte: „die Große Göttin“, die Mutter Gottes, (Nephthys) Nebet-Ihy und Mut von Karnak. Weil die erwähnten Formen der Isis mit dem Tempel von Koptos verbunden werden können, Mut aber aus dem weiter südlich gelegenen Karnak in Theben stammt, wurde der Tempel früher als „Grenztempel“ bezeichnet. Allerdings wird hier die thebanische Religion in einer Sonderform vermittelt, die sonst nur aus Koptos bekannt ist. Deswegen ist es besser, davon auszugehen, dass es sich um einen Tempel handelt, der in der Tradition der in der römischen Zeit gängigen Theologie von Koptos stand.

Westlich, südlich, und nördlich des Tempels befinden sich die noch nicht gegrabenen Überreste der antiken Siedlung.

Hammām-esch-Schanhūrī-Moschee

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Nördlich des Tempels finden sich die Überreste der 2 Hammām-esch-Schanhūrī-Moschee (25° 51′ 42″ N 32° 46′ 37″ O), arabisch: ‏مسجد همام الشنهوري, Masǧid Hammām asch-Schanhūrī, von der noch das Minarett und eine Lehmziegelwand erhalten sind. Die Moschee ist eines von mehreren Bauwerken des Prinzen Hammām bin Yūsuf el-Hawārī (1709–1769 (1121–1183 AH), arabisch: ‏همام بن يوسف) vom Stamm der el-Hawāra, zu denen weitere Moscheen und eine Zitadelle in der Nähe der Stadt Farschūṭ gehören. Die Familie war de facto der Machthaber über Oberägypten zwischen el-Minyā und Assuan im 18. Jahrhundert.

Das ebenfalls aus Lehmziegeln errichtete Minarett ist dreigeteilt. Der Unterteil ist quadratisch mit je einem Fenster auf jeder Seite, aber in unterschiedlicher Höhe. Der Mittelteil ist achteckig, auf jeder Fläche befindet sich in der unteren Hälfte eine Fensternische, aber nur zwei gegenüber liegende Nischen sind als Fester durchbrochen. Der Oberteil, der von einer Kuppel bekrönt wird, ist wiederum achteckig, am oberen Ende befinden sich auf jeder Fläche Fenster, am unteren nur ein einzelnes. Am oberen Ende des mittleren und oberen Abschnitts befindet sich eine schmale umlaufende Ziegelsteindekoration.

Nördlich des Minaretts ist noch eine Mauer der Moschee erhalten, in der sich mehrere Nischen und einige Fenster befinden. Als Dekoration dienen schmale Bänder aus heraus ragenden Ziegelsteinen. Auch die Nischen sind derartig hervorgehoben.

Restaurants findet man in den nahe gelegenen Städten Luxor und Karnak.

Unterkunft

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Unterkünfte findet man in den nahe gelegenen Städten Luxor und Karnak.

Ausflüge

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Der Besuch des Dorfes lässt sich mit dem der Stadt Qūṣ und/oder den Dörfern Garāgūs, el-Madamud und el-Qalʿa verbinden.

Literatur

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  • Traunecker, Claude: Schanhur. In: Helck, Wolfgang ; Westendorf, Wolfhart (Hrsg.): Lexikon der Ägyptologie ; Bd. 5: Pyramidenbau - Steingefäße. Wiesbaden: Harrassowitz, 1984, ISBN 978-3-447-02489-1, Sp. 528–531. In Französisch.
  • Hölbl, Günther: Altägypten im Römischen Reich : der römische Pharao und seine Tempel ; Band 1: Römische Politik und altägyptische Ideologie von Augustus bis Diocletian, Tempelbau in Oberägypten. Mainz: von Zabern, 2000, S. 65–72, Abb. 73–76.
  • Willems, Harco O. ; Coppens, Filip ; De Meyer, Marleen: The temple of Shanhûr ; Bd. 1: The sanctuary, the wabet, and the gates of the central hall and the great vestibule : (1 – 98). Leuven: Peeters, 2003. In Englisch.
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  • The Shenhur Page, Katholieke Universiteit Leuven, eingesehen am 13. Mai 2010, seit 2001 nicht mehr aktualisiert

Einzelnachweise

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  1. Roovers, Ilse: La céramique Copte de Chenhour. In: Bulletin de liaison du Groupe international d’étude de la céramique égyptienne, Bd. 19 (1996), S. 23–30.
  2. L’Hôte, Nestor: Lettres écrites d’Égypte en 1838 et 1839 : contenant des observations sur divers monuments égyptiens nouvellement explorés et dessinés. Paris: Didot, 1840, S. 88–90.
  3. Lepsius, Richard : Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien, Abth. IV, Band 9, Blatt 70.g–i; Texte Band II (1904), S. 258–260.
  4. Lepsius, a.a.O, Blatt 70.g. Auf dem Sturz gab es eine symmetrische Doppeldarstellung mit zwei Teilszenen. Links außen opferte Augustus an Min, Isis und Horus, rechts an die an die Thebanische Triade und die sitzende Isis. Im Weiteren sah man den Kaiser, wie er ein Bildnis der Maat an Amun-Re, Horus, Isis und die sitzende Nephthys und zwei Weingefäße an Thot und Maat opfert.
  5. Fungiert hier als Hor-pa-chered-wer-tepi-en-Amun.
 
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