Umm el-Ḥuweiṭāt

verlassene Bergarbeitersiedlung in Ägypten


Das ägyptische Dorf Umm el-Huweitat (auch Um El Howeitat, Um el Huetat, arabisch: ‏أم الحويطات, Umm al-Ḥuwaiṭāt) ist eine verlassene Bergarbeiter-Siedlung im Bereich eines Phosphat-Bergwerkes etwa 27 Kilometer südsüdwestlich von Safāgā, die sich in einem Seitental des Wādī Gāsūs (auch Wādī Jāsūs, وادي جاسوس, Wādī Ǧāsūs) befindet. Heute ist es ein beliebtes Ausflugsziel für Urlauber an der Rotmeerküste, das unter dem Namen Ghost City, die Geisterstadt, vermarktet wird.

Umm el-Ḥuweiṭāt · أم الحويطات
GouvernementRotes Meer
Einwohnerzahl
Höhe198 m
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Umm el-Ḥuweiṭāt

Hintergrund Bearbeiten

Zwischen 1911 und 2001 wurden im Bereich des heute verlassenen Bergarbeiterdorfs Phosphate für den Einsatz als Düngemittel in der Landwirtschaft abgebaut. Bis in die 1950er-Jahre wurde der Rohstoff für den Bedarf in Europa, insbesondere in Großbritannien, abgebaut, später für die ägyptische Landwirtschaft, die nach dem Bau des Assuan-Hochdamms wegen der nun ausbleibenden natürlichen Düngung während der alljährlichen Nilüberschwemmung auf künstliche Düngung mit Phosphaten angewiesen ist.

Das hiesige Phosphatvorkommen erstreckt sich etwa über 20 Kilometer in Nord-Süd-Richtung. Es gehört zu einem geografischen Vorkommensgürtel von drei Abbaugebieten in Ägypten, der Duwi-Formation, zu denen im Westen das Abū-Ṭarṭūr-Plateau zwischen zwischen el-Chārga und ed-Dāchla in der Westlichen Wüste und am Nil das Gebiet zwischen zwischen Edfu und Qinā, insbesondere bei es-Sibāʿīya (السباعية), gehören. Am Ostrand des Rotmeergebirges finden sich im Kalksandstein 0,6 bis 1,5 Meter starke Phosphatschichten, die in Ausnahmefällen auch 2–3 Meter stark sein können. Die Vorkommen sind in der Oberkreide vor etwa 80 Millionen Jahren aus Meeresablagerungen in Senken entstanden. Die Phosphate enthalten Beimengungen von Pyrit und Apatit.

 
König Fuʾād I. besichtigt die Phosphatminen am Roten Meer.

Seit 1902 waren britische Geologen auf Suche nach ausbeutbaren Mineralien im Bereich des Roten Meeres. Hierbei gelang ihnen die Entdeckung der hiesigen Phosphatlagerstätten, die bereits 1905 dokumentiert wurden.[1] Eine wirtschaftliche Ausbeutung erschien damals aber noch als schwierig. 1910 ließ die in Glasgow ansässige schottische Firma Egyptian Phosphate Co. Ltd.[2] hier eine Bergarbeiter-Siedlung in einem Seitental des Wādī Ǧāsūs (Wādī Jāsūs) anlegen, das bei 1 26° 32′ 10″ N 33° 55′ 55″ O vom Wādī Ǧāsūs nach Westen abzweigt. Namensgeber der Siedlung war der viereinhalb Kilometer nordwestlich gelegene Berg 1 Gebel Umm el-Ḥuweiṭāt (26° 33′ 17″ N 33° 52′ 57″ O).

Für den Abtransport der Phosphate als auch für die Versorgung der Bergarbeiter-Siedlung wurde eine 28 Kilometer lange Bahnlinie mit der Spurweite 1000 Millimeter nach Safāgā angelegt. Vom dortigen Hafen wurden die Phosphate, die seit 1911 abgebaut wurden, nach Großbritannien verschifft.

Der Phosphatabbau erfolgte untertage im Kammerbau, wobei die Mineralien aus dem Felsen gesprengt wurden.

Nach der ägyptischen Revolution von 1952 wurden die hiesigen Anlagen 1956 verstaatlicht und fortan von der ägyptischen Gesellschaft Safaga Phosphate Co. Ltd., 1975 nach einer Umstrukturierung in Red Sea Phosphate Company umbenannt, weiterbetrieben.

Umm el-Ḥuweiṭāt entwickelte sich schnell zu einer der größten Bergarbeitersiedlungen Ägyptens. Sie besaß eine vollständige Infrastruktur wie Krankenhaus, Schulen, Moscheen und Geschäfte. In Spitzenzeiten lebten hier etwa 16.000 Menschen, die Bergarbeiter mit ihren Familien. Bei einer Flut 1996 wurde die Siedlung beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen. Die Phosphatproduktion wurde 2001 gänzlich eingestellt, und die Bewohner wurden umgesiedelt. Alles, was sich noch gebrauchen ließ wie Türen, Holzbalken usw., wurde mitgenommen.

In benachbarten Vorkommen wird der Phosphatabbau noch heute fortgeführt.

Anreise Bearbeiten

 
Anreise nach Umm el-Ḥuweiṭāt
 
Lageplan von Umm el-Ḥuweiṭāt

12,5 Kilometer südlich von Safāgā zweigt man an einer Kreuzung bei 2 26° 38′ 0″ N 33° 57′ 32″ O von der Fernverkehrsstraße 24 nach Südwesten auf eine Asphaltstraße nach Umm el-Ḥuweiṭāt, das man nach weiteren 15 Kilometern erreicht. Die Straße führt vorbei an einem modernen Dorf gleichen Namens (2 26° 37′ 18″ N 33° 57′ 21″ O). Der Abzweig nach Umm el-Ḥuweiṭāt ist ausgeschildert.

Alternativ kann man 23 Kilometer südlich von Safāgā bei 3 26° 34′ 6″ N 34° 1′ 37″ O von der Fernverkehrsstraße 24 nach Westen auf eine Piste durch das Wādī Ǧāsūs abzweigen. Für die Weiterfahrt sollten geländegängige Fahrzeuge wie Pickups eingesetzt werden.

Einige Veranstalter setzen für die Anreise nach Umm el-Ḥuweiṭāt auf Quads.

Mobilität Bearbeiten

Das Dorf kann bequem zu Fuß ergründet werden.

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Die Siedlung bestand vorwiegend aus eingeschossigen Stein- und Lehmziegelgebäuden, mit Lehmmörtel verfugt und verputzt wurden. Die Dächer waren nur leicht mit Holz und starken Zweigen gedeckt. An einigen Gebäuden befinden sich noch Malereien, die auf durchgeführte Mekka-Reisen der Hausbesitzer hinweisen. Alle Gebäude sind leer. Leicht entfernbare Einbauten wurden beim Verlassen der Siedlung mitgenommen.

Das einzige, heute noch intakte Gebäude ist die 1 Moschee (26° 32′ 2″ N 33° 55′ 3″ O). Sie besitzt ein quadratischen Minarett mit sechsseitigem Oberteil mit umlaufendem Balkon. Neben der Moschee wird nur noch das Grab des Ortsheiligen Awad Suleiman gepflegt.

Westlich der Moschee befanden sich die 1 Schulen (26° 32′ 3″ N 33° 54′ 56″ O).

Etwa 500 Meter südlich des Dorfs wurde der 3 Friedhof (26° 31′ 47″ N 33° 54′ 47″ O) der Siedlung angelegt.

Die Überreste der Phosphatminen befinden sich etwa einen Kilometer vor der Bergarbeitersiedlung an der Südseite der Straße (4 26° 32′ 1″ N 33° 55′ 34″ O).

Küche und Unterkunft Bearbeiten

Es gibt vor Ort keine Unterkünfte und Restaurants. Diese gibt es erst in Safāgā.

Literatur Bearbeiten

  • British Sulphur Corporation Limited: A world survey of phosphate deposits. London: The British Sulphur Corporation Limited, 1987 (5. Auflage), ISBN 978-0-902777-81-1.
  • Issawi, B.: A review of Egyptian Late Cretaceous phosphate deposits. In: Notholt, A[rthur] J. G. ; Sheldon, R. P. ; Davidson, D. F. (Hrsg.): Phosphate deposits of the world ; 2: Phosphate rock resources. Cambridge [u.a.]: Cambridge Univ. Pr., 1989, ISBN 978-0-521-30509-9, S. 187–193.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Survey Department, Egypt: The phosphate deposits of Egypt. Cairo: National Printing Department, 1905 (2. Auflage), S. 15 f.
  2. Siehe auch: Records of Egyptian Phosphate Co Ltd. In: University of Glasgow Archive Services.
 
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