Reisen im Segelboot

Reise auf einem Segelschiff
Thor Heyerdahls Ra II

Reisen im Boot ist fast so alt wie die menschliche Kultur: in der „Franchthi“-Höhle bei Kilada am Argolischen Golf wurden auf der Peloponnes Steinwerkzeuge gefunden, die 20.000 – 30.000 Jahre alt sind und deren Material von Inseln aus der Mitte der Ägäis stammt. Sie müssen also per (Segel)boot zur Peloponnes gebracht worden sein.

Allgemeines

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Das Reisen im eigenen oder gecharterten Boot hat auch heute noch berechtigterweise einen Hauch von Freiheit und Abenteuer. Die schönsten Gestade ansteuern, bleiben, solange man will, dann Anker auf und Leinen los und weitersegeln zu neuen Zielen – ja, das ist auch heute noch möglich. Doch wenn es nicht im Verlust von Boot und gar Leben oder Freiheit enden soll, muß man einiges unbedingt beachten:

  • Gute Seemannschaft(wp!) ist die unbedingte Grundvoraussetzung. Das mit einem Segel- oder gar nur Sportbootschein nachgewiesene Können ist bei weitem nicht ausreichend. Anfänger sollten erst bei „alten Hasen“ mitsegeln, um Erfahrungen auf größeren Törns zu sammeln.
  • Für die ersten Törns sind gut erschlossene Gebiete am sinnvollsten, dort findet man am leichtesten und sichersten Rat und Hilfe bei erfahrenen Seebären.
Lampertheimer Altrhein im Winter
  • Je schlechter ein Gebiet für Segelboote erschlossen ist, um so schwieriger und teurer ist es, Hilfe und Material zu erhalten, sei es Ausstattung, sei es für Reparaturen. Um so mehr muß man logischerweise selbst bereithalten.
  • Erstklassige Hilfe können fast immer und überall die ortsansässigen Fischer geben: sie kennen am besten ihre Bezugsquellen, „ihre“ See, das zu erwartende Wetter, Strömungen und Hindernisse, auch wenn diese in keiner Karte eingetragen sind.
  • Ehe man eine Staatsgrenze berührt, muss man sich genau informieren, welche einschlägigen Vorschriften gelten.
  • Ordentliches Ein- und Auschecken ist beim Ansegeln anderer Länder das A und O. Ist das nicht auf Anhieb möglich, so lässt sich mit gutem Willen fast immer gemeinsam mit den Grenzbehörden eine zufriedenstellende Lösung finden.
  • In der EU ist eine Haftpflichtversicherung für Boote vorgeschrieben. Eine Privathaftpflichtversicherung, die Bootsfahrten einschließt, reicht.
  • Reparaturmaterial gibt es nicht immer / nicht überall in der gewünschten Weise. Manche Hersteller vertreiben jedoch das identische Material mit unterschiedlichen Zertifikationen für Bau und Boot – es lohnt sich jedenfalls, vor Ort nachzufragen. Oft reicht schon eine Mail an den Vertriebsbeauftragten für das jeweilige Land, Produktbezeichnung und Händlernachweis kommen meist umgehend.
  • Bei der Planung helfen Revierführer wie SkipperGuide. Die Arbeit mit dem Sextanten verlangt viel Übung und ein gegißtes Besteck ist nicht immer genau genug, ein GPS liefert die Position schnell, sicher und genau, kann aber wegen Strommangel ausfallen. Seekarten sind unabdingbar, für längere Küstentörns aber ausgesprochen teuer. Ein GPS-Kartensatz ebenfalls. OpenSeaMap - die freie Seekarte ist zwar noch im Ausbau, in Europäischen Seegebieten jedoch schon sehr weit fortgeschritten. Kartenplotter gibt es reichlich. Ein Laptop mit einem Navigationsprogramm bietet meist ein größeres Bild und eine freie Softwarewahl. OpenCPN ist ein OpenSource Navigations-Programm, Download auf der OpenSeaMap-Seite. Bei Verwendung eines Laptops oder PCs liefert eine „GPS-Maus“ die Ortsdaten.
  • Das Wetter ist alles: wir können es nicht beeinflussen, aber an uns liegt es, den richtigen Kurs zu setzen und die Segel richtig zu trimmen.
    Wetter gibt es in jedem Hafen und in jeder Marina. Zumindest an Seeküsten. Darauf verlassen darf man sich nie: Barometer- und Thermometerbeobachtungen sind immer zuverlässiger. Bei Diskrepanzen richtet man sich immer auf die schlechtere Prognose ein und freut sich, wenn sie falsch war.
    Hervorragende Dienste leistet auch hier das Internet. Auf See empfiehlt sich, wenn man nicht ohnedies Funk an Bord hat, ein Empfänger für Seefunk.
Auf See
  • Wenigstens eine Notration und Wasser sollte man auch auf kurzen Küstentörns mitführen: plötzlich auftretende widrige Winde und Strömungen, die nicht verzeichnet sind oder die man übersehen hat, können den Törn ungeahnt verlängern.
  • Gezeiten gibt es auf den meisten Seestrecken - und meist scheinen sie uns nicht zu beeinflussen: ob ich 500 m Wasser unterm Kiel habe oder 500,3 m - das ist egal. Und doch sind sie das A und O, wenn es ans Landen geht, an die Auswahl eines Zielhafens, an die Suche einer Übernachtungsmöglichkeit. Selbst wer gewohnt ist, sein Boot als Einhandsegler oft halbe oder ganze Nächte auf hoher See der Technik anzuvertrauen, der wird in Küstennähe doch lieber einen sicheren Hafen anlaufen. Wenn er noch hinkommt. Denn viele Zufahrten sind nur ab einem gewissen Wasserstand aufwärts zu erreichen, sie liegen oft über Tartennull. Und was nutzt das schönste Tiefwasserbecken, wenn das Hochwassertor geschlossen ist und das eigene Boot davor trockenfällt oder erst gar nicht bis dorthin kam, weil der Gezeitenstrom zu stark war, als dass man ihm hätte begegnen können.
    Zweimal täglich lässt die Ebbe weite Küstenbereiche trockenfallen, zweimal täglich werden sie von der Flut wieder überspült. Das können ein paar Zentimeter sein oder zehn Meter, um die der Wasserspiegel schwankt. Und das können einige Meilen sein, die da trockenliegen. Deshalb empfiehlt es sich immer, einige Punkte zu beherzigen bzw. rechtzeitig vorher zu klären:
  1. Wann und wie hoch ist die Tide?
  2. Wann und wie ist der Hafen / die Marina zu erreichen?
  3. Wann und wie stark ist die Strömung in welcher Richtung? Wie muss ich daher meinen Compaßkurs ändern?
  4. Komme ich in ein Tiefwasserbecken? Wenn nein, habe ich „Wattstützen“ dabei, um mein Boot trockenfallen zu lassen? Und mit welchem Wellengang habe ich zu rechnen?

Revierbesonderheiten

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Revierbesonderheiten können hier nur ganz allgemein angerissen werden, alles weitere ist der besseren Übersicht halber in den jeweiligen Regional- oder Ortsartikeln zu finden.

Eine reine Binnenwasserstraße und die Verbindung zwischen Nordsee und Schwarzem Meer. Das bedeutet Fracht- und Passagierverkehr auf der ganzen Linie. Vorsicht ist vor allem vor den extrem rücksichtslosen Kapitänen der Flusskreuzfahrer geboten. Im unteren Donaubereich - hinter dem Karpatendurchbruch - war von vielen toten Kindern die Rede, die im Wellenschlag in Ufernähe ums Leben kamen. (Siehe auch hier, ca. Seitenmitte) (private Seite über Donaufahrterlebnisse).

Berufsschifffahrt hat unbedingt Vorfahrt! Und die Schiffe sind auf dem Rhein leicht 10 m hoch mit Containern beladen und auf der Donau zu über 300 m langen Schleppzügen gekoppelt.

Zwischen Nordsee und Schwarzem Meer liegt die Kontinentale Wasserscheide, die man auf dem MDK überwinden muss. Das sind Schleusen satt! Übung erhält man bei Bergfahrt auf dem Main ebenso wie auf der Donau. Der Rhein ist - nach eventuellen Zugangs- oder Ausgleichsschleusen in den Niederlanden je nach Zugangsroute - bis hinter Mannheim schleusenfrei und hoch überbrückt, der Main hat niedrige Brücken, viele Schleusen zur Wasserstandregulierung und Stromgewinnung und kaum noch Strömung. Im MDK geht es dann durch viele Schleusen hoch zur Wasserscheide und hinunter auf Altmühlhöhe. Die Donau hat zwischen Altmühlmündung und Gabčíkovo (Tschechien) einige Schleusen und dann erst wieder die letzten beiden als Doppelschleuse am Eisernen Tor.

Auf See

Marinas gibt es am dem Rhein nahe jeden nennenswerten Hafens und dazwischen bei jeder sich bietenden Gelegenheit, teils für Bootswanderer frei, teils zu "normalen" Preisen und mit unterschiedlichster Ausstattung. Auch am Main sind genug zu finden, im MDK aber sind sie schon 'spärlicher gesät' und an der Donau sind sie Glückssache. An Kaimauern im Strom, Fluss oder Kanal zu liegen, ist nicht nur unruhig, sondern verlangt auch unbedingt guten Schutz gegen Wellenschlag. Unbedingt nötig ist aber ein Satz Kanister zum Nachtanken: Tankstellen sind rar, meist muss der teure Stoff von der nächstgelegenen Straßentankstelle herbeigeschleppt werden. Segeln aber ist nur selten, nämlich in Nebengewässern, möglich: Berufsschifffahrt hat unbedingten Vorrang! Das aber heißt nicht, dass - soweit der Mast noch steht - die Fock auf Roller nicht bei günstigem Wind den Motor unterstützen oder gar ersetzen kann, Leerlauf aber ist die Minimalanforderung, um rechtzeitig ausweichen zu können. Wer ohne laufenden Motor fährt, macht sich strafbar, wer aber bei Motorschaden nur unter Segel ohne Verkehrsbehinderung bis zum nächsten sicheren Kai oder Ankerplatz kommt, zeigt sich als guter Segler.

Weitere Informationen stehen in den einzelnen Streckenartikeln.

Schwarzes Meer

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Schleusenausfahrt

Im Schwarzes Meer 40 sm vor Constanța liegen Bohrinseln, die nicht in jeder Karte verzeichnet sind und in dem inselfreien Gewässer leicht einen falschen Küstenverlauf vorgaukeln können.

Wo Marinas fehlen, kann man in Fischerhäfen unterkommen. Von Varna oder Burgas aus zum Bosporus ist eine gern gewählte Seestrecke und leicht in 48 Stunden zu bewältigen. Aber Vorsicht: die Route ist stark von Frachtern befahren und vor dem Bosporus ist die Reede von Istanbul.

Sehr nette Strömung von 3 kn bis 8 kn aus dem Schwarzen Meer ins Marmarameer und weiter in die Ägäis.

Die Einreise ist zwar kostenlos, doch lässt sich die Türkei - wie noch immer so mancher Staat - das Befahren ihrer kostbaren Gewässer teuer bezahlen. Die Erlaubnis gilt ein Jahr. (Stand 2008) Nur zum Durchfahren des Bosporus (samt Marmarameer und Dardanellen) ohne Landgang ist jedoch kein CheckIn nötig.

Vorsicht: täglich passieren durchschnittlich 137 Frachter diese Wasserstraße, davon 15 Öltanker!

Keine Liegeplätze ohne CheckIn − und das ist nur in der von Istanbul aus ersten Marina an Steuerbord im Marmarameer möglich. Es ist die mit Abstand teuerste und die Formalitäten werden unnötig verzögert. (Stand 2007) Mit vorherigem CheckIn ist es jedoch möglich, in einem der Fischerhäfen außerhalb der Metropole gut und sicher vor Belästigungen zu liegen und das Boot auch mal für Tagestouren nach Istanbul zu verlassen.

Ebbe!

Marmarameer und Dardanellen

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Gelibolu an der Grenze zwischen Marmarameer und Dardanellen soll einen Fischerhafen oder gar eine Marina haben. Die Zufahrt liegt direkt vor dem Fähranleger. Sie ist in keiner Weise ausgetonnt zumindest nachts kaum zu finden.

Vorsicht vor dem Meltemi: er bringt durchschnittlich 4–5 Bft., kann aber auch tagelang mit acht und mehr Windstärken wehen. Aufgrund der zunehmenden Klimaveränderung ist er zunehmend unberechenbar und weht mittlerweile auch bis in den Winter hinein.

Nachtfahrten ohne Ausguck (also nur mit Wind- oder Autopilot) sind lebensgefährlich: gibt es keine Kollision mit anderen, so liegt garantiert ein Fels in Fahrtrichtung, wenn man die Abdrift mit einkalkuliert. Dafür kann man tagsüber oft nach Sicht navigieren. Vorsicht ist aber dennoch geboten: oft gibt es Felsen, die nur wenige Handbreit bis zwei Meter unter dem Wasserspiegel liegen. Ohne jede Austonnung.

Atlantik

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Der Atlantik ist ein Gezeitengewässer. Sein Wasserstand schwankt. Viele Häfen, besonders ältere, sind nur bei Flut zu erreichen. Manche haben tiefe Hafenbecken mit Hochwassertor, sie sind dann nur wenige Stunden bei Flut offen, vor manchen liegen einige Meilen Flachwasser, die auch nur bei Flut überquert werden können - und auch das oft nur in schmalem Fahrwasser. Da kann Navigation zur Kunst werden.

Eine weitere Besonderheit der Gezeiten ist die Gezeitenströmung: wenn sich weit draußen auf hoher See der Wasserspiegel um ein paar Zentimeter ändert, wird das kaum jemandem auffallen. Wenn aber deshalb an der Küste große Gebiete überschwemmt werden oder trockenfallen, wenn dort der Wasserspiegel zweimal täglich um mehrere Meter steigt und fällt, wenn dann stellenweise gewaltige Wassermassen durch relativ kleine Öffnungen schießen, dann ergibt das oft gewaltige Strömungen, die sich mitunter auch noch ein ganzes Stück weiter draußen bemerkbar machen, die das Boot unmerklich aber stark abdriften lassen. Da hat man einen sauberen Kurs nach Norden abgesteckt, hat den Kompass im Blick, hat Mißweisung, Windabdrift und Strömungsabdrift durch Küstenströmung schon berücksichtigt - und fährt doch fast nach Nordwest! Weil gewaltige Wassermassen im Osten, nur knapp außer Sicht, eine ebenso starke Gezeitenströmung verursachen, weitaus stärker, als sie eigentlich am Bootsort bei gleichmäßigem Ebbefluss sein dürfte. Wer das weiß, der stellt sich darauf ein, ändert seinen Kurs entsprechend und kommt sicher ans Ziel. Wer die Gezeiten ignoriert, der hat günstigstenfalls echte Probleme und kommt hungrig und durstig stark verspätet irgendwo anders an.

Brauchbarer Artikel
Dies ist ein brauchbarer Artikel. Es gibt noch einige Stellen, an denen Informationen fehlen. Wenn du etwas zu ergänzen hast, sei mutig und ergänze sie.