Naqb el-Qaṣr

Passstraße durch das Kalksteingebirge im Norden der Senke ed-Dāchla
Fast geschafft: Vom Bab el-Cailliaud ist der Weg nach Qaṣr ed-Dāchla nicht mehr weit.
Naqb el-Qaṣr · نقب القصر
Länge1,5 km
Höhe200 m
Lage
Lagekarte des Neuen Tals in Ägypten
Lagekarte des Neuen Tals in Ägypten
Naqb el-Qaṣr
Naqb el-Qaṣr

Der Naqb el-Qasr (auch Negeb el-Qasr, arabisch: نقب القصر, Naqb el-Qaṣr, „el-Qaṣr-Pass“, oder Naqb ed-Dāchla, Naqb el-Farāfra) ist die einzige Passstraße durch das Kalksteingebirge im Norden der Senke ed-Dāchla, um von hier aus nach el-Farāfra über die Piste Darb el-Farāfra zu gelangen. Aber es ist alles andere als einfach, den anderthalb Kilometer langen Pass mit Fahrzeugen zu passieren. Deshalb führt die moderne Fernverkehrsstraße nach el-Farāfra im Westen um das Gebirge herum. Die Landschaft im Bereich des Passes, insbesondere die beiden Felsentore Bab el-Jasmund[1] und Bab el-Cailliaud, sind in jeder Hinsicht reizvoll. Und es gibt wenige Ziele, wo dies so genau stimmt: Der Weg, der Pass, ist das Ziel. Die Einheimischen kennen natürlich die genannten Tore, nur nicht ihre modernen, von europäischen Reisenden vergebenen Namen.

Hintergrund

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Die etwa 300 Kilometer lange Fernverkehrsstraße von ed-Dāchla nach el-Farāfra führt südlich bzw. westlich um das namenlose Kalksteingebirge im Norden der Senke ed-Dāchla entlang der einstigen Wüstenroute Darb Abū Minqār herum. Es gibt fast kein Durchkommen durch das Gebirge bis auf den Naqb el-Qaṣr. An den schwierigsten Stellen besteht der Untergrund aus lockerem Sand, so dass der Pass selbst für geländegängige Fahrzeuge nur schwer zu überwinden ist. Zu Fuß oder mit Lasttieren ist es einfacher. Und für derartige Karawanen lohnt sich der Weg: der etwa 200 Kilometer lange Darb el-Farāfra ist einhundert Kilometer kürzer als die Fernverkehrsstraße.

Die Passstraße wird mindestens seit römischer Zeit in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten für Transporte zwischen ed-Dāchla und el-Farāfra genutzt, möglicherweise bereits früher. Die Bergeinschnitte sind allesamt versandet und erschweren die Passage. Irgendwann in der Vergangenheit wurde der Pass deshalb gepflastert.

Das Kalksteingebirge im Norden der Senke ist eine echte Barriere. Es gibt lediglich zwei Stellen, an denen es passiert werden kann: hier am Naqb el-Qaṣr auf dem Weg nach el-Farāfra und etwa 60 Kilometer weiter östlich, wo der Darb eṭ-Ṭawīl zum Niltal hindurchführt.

Auch die wenigen Expeditionen im 19. Jahrhundert, die von el-Farāfra nach ed-Dāchla führten, wählten den Weg über den Darb el-Farāfra. So auch die Expedition des deutschen Afrikaforschers Gerhard Rohlfs (1831–1896) im Jahr 1874. In seinem Werk Drei Monate in der libyschen Wüste beschreibt die die Querung des Passes und den Aufwand seines Fotografen Philipp Remelé (1844–1883), den Pass wenige Tage später auf Fotoplatten zu bannen.

Die Rohlfssche Expedition erreichte am 7. Januar 1874 den Naqb el-Qaṣr:

„Die Scenerie wurde immer grossartiger und staunend hielten wir gegen 2 Uhr vor einem engen Durchgange mit senkrechten Felswänden sonderbarster Form. Ich forschte bei allen Führern, ob diese Pforte keinen Namen habe und da sich herausstellte, dass sie noch unbenamst war, beschlossen wir einstimmig, denselben ‚Jasmund’s Pass, Bab-el-Jasmund‘ zu nennen, und diese Inschrift wurde mit lateinischen und arabischen Lettern an die östliche Felswand geschrieben. Herr von Jasmund hat es wohl verdient, dass wir ihm ein so bleibendes Andenken in der Erforschungsgeschichte Afrika’s sicherten.
Kaum eine halbe Stunde später erreichten wir ein noch grossartigeres Thor, von so kolossalen Felsen gebildet, dass es auch in Europa ein Touristenziel bilden würde. Die ungemeine Transparenz der Luft der Sahara liess überdiess alles grösser, die Conturen viel deutlicher erscheinen. Dazu kommt der Mangel an Vegetation, der natürlich die Formen der anorganischen Natur noch schärfer hervortreten lässt. Kurz auf uns machten diese Felswände den wunderbarsten Eindruck. Diesen zweiten Engpass tauften wir zu Ehren unseres Vorgängers, des Franzosen Cailliaud, ‚Bab-el-Cailliaud‘.“[2]

Wenige Tage später kam Philipp Remelé zurück, um unter größten Schwierigkeiten fotografische Aufnahmen des Passes anzufertigen:

„In diesen Tagen unternahm Remelé einen Ausflug nach dem Negeb-el-Dachel, um die malerischsten Punkte des Felsenlabyrinths, das uns bei unserer Ankunft in der Oase entzückt hatte, photograpisch aufzunehmen. Diese Excursion war keineswegs ohne Schwierigkeiten, da der ganze photographische Apparat drei Stunden weit transportirt werden musste. Wegen dieser bedeutenden Entfernung sah sich Remelé genöthigt, in dieser Einöde zu bivouakiren; sein Lagerzelt hatte er, um nicht die Lastthiere unnöthig anzustrengen, zurückgelassen. Leider war dieser erste Versuch völlig vergeblich; ein plötzlich hereinbrechender Samum [ein heißer Sandsturm] schleuderte den Apparat gegen einen Felsen und die fertigen Platten wurden durch die scharfen Sandkörner mit unzähligen Löchern zerstochen. Glücklicher Weise gelang es Taubert, dessen Verhalten bei dieser Katastrophe alles Lob verdient, das photographische Zelt durch krampfhaftes Anklammern vor dem Umsturz zu schützen; aber wenige Minuten hatten ausgereicht, um die Arbeit zweier mühevoller Tage zu vernichten. Der muthvolle Künstler liess sich indess durch dies Misslingen nicht abschrecken; in einigen Tagen hatte Taubert, der sich hierbei auch als geschickter Tischler erwies, die arg mitgenommene Camera obscura wieder in Stand gesetzt und bei günstigerer Witterung zog Remelé von Neuem aus, um das Verlorene zu ersetzen. Diesmal wurde seine Ausdauer durch einen vollständigen Erfolg belohnt. Es werden indess wohl wenige Beschauer der Blätter ‚Bab-el-Cailliaud‘, ‚Bab-el-Jasmund‘, ‚der Berg der Lüfte‘, ‚Wüstenlandschaft bei Dachel‘ ahnen, unter welchen Schwierigkeiten und Gefahren die Aufnahmen bewerkstelligt worden sind.“[3]

Einerseits erreicht man entlang des Darb el-Farāfra, am besten von el-Farāfra kommend, diesen Pass. Die Route kann sowohl mit Kamelen als auch mit geländegängigen Fahrzeugen bewältigt werden. So kurz vor el-Qaṣr, es sind noch etwa zwölf Kilometer, nimmt aber häufig das Interesse der Mitreisenden einer Karawane oder Expedition für eine ausgiebige Besichtigung ab.

Andererseits kann man als geübter Wanderer zu Fuß von Qaṣr ed-Dāchla oder mit einem geländegängigen Fahrzeug von verschieden Orten der Senke aus den Pass erreichen. Man durchquert Qaṣr ed-Dāchla linkerhand des El-Qasr Resthouse. Am nördlichen Dorfende fährt man nach Osten zu den 1 Scheichgräbern (25° 42′ 8″ N 28° 53′ 7″ O). Nun kann man das Vorgebirge im Osten umrunden, um danach den Weg in nordwestlicher Richtung fortzusetzen. Die Weglänge von Qaṣr ed-Dāchla zum Pass beträgt etwa elf Kilometer.

Die Einfahrt zum ersten Felsentor, dem 2 Bab el-Cailliaud (25° 46′ 0″ N 28° 51′ 8″ O), stellt die größte Herausforderung dar. Der weiche, sandige Untergrund macht die Auffahrt über den eher kurzen Anstieg selbst mit gut motorisierten geländegängigen Fahrzeugen fast unmöglich. Wer es trotzdem ohne Hilfsmittel wie Sandbleche schafft, kann von sich behaupten, Auto fahren zu können. Die Abfahrt, von Norden kommend, ist deutlich einfacher. Als Fußgänger mit oder ohne Lasttiere ist man deutlich im Vorteil.

Mobilität

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Das Durchlaufen oder Durchfahren des anderthalb Kilometer langen Passes ist dagegen einfach. Der Weg ist sogar gepflastert. Wenn man Zeit zum Schauen und Fotografieren haben möchte, bietet sich der Fußmarsch an. Wenn man sich aber auch etwas näher im Umfeld umsehen will, muss man kurze Anstiege passieren und gelegentlich durch weichen Sand stapfen.

Sehenswürdigkeiten

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Wie schon gesagt: Der Weg, der Pass, ist das Ziel.

Die Hauptsehenswürdigkeiten des Passes sind seine Felsentore am südlichen und nördlichen Ende. Die von der Rohlfsschen Expedition vergebenen Namen für diese Tore sind zwar in guten Karten eingetragen, den Einheimischen aber völlig unbekannt.

Südseite des Bab el-Cailliaud
Kalksteinfelsen im Bereich des Bab el-Cailliaud
Nordseite des Bab el-Cailliaud

Das südliche Tor, auch Bab el-Cailliaud von der Rohlfsschen Expedition genannt, besteht aus zwei steil aufragenden Kalksteinfelsen, die sich am besten von der Nordseite betrachten lassen. Zum Tor führt ein sandiger Anstieg. Im Bereich des Tores befindet sich ein großer Kalksteinfelsen 3 Kalksteinfelsen im Bab el-Cailliaud (25° 45′ 59″ N 28° 51′ 8″ O), unter den man kriechen kann, um ein schattiges Plätzchen zu finden. Der gepflasterte Weg ist im Bereich des Tores völlig versandet.

Benannt wurde das Tor nach dem Franzosen Frédéric Cailliaud (1787–1869), der 1820 als einer der ersten Europäer in diese Senke reiste und über sie berichtete.

Passstraße nördlich des Bab el-Cailliaud
Passstraße von einer Anhöhe im Westen gesehen
Antike Pflasterung der Passstraße

Die Passstraße in etwa 200 Metern Höhe über dem Meeresspiegel führt danach fast nordwärts, und man braucht dem gepflasterten Weg nur zu folgen. Die Pflasterung ist nicht zeitgenössisch. Wann und wer die Passstraße pflastern ließ, weiß man nicht.

Nach anderthalb Kilometern erreicht man das nördliche Ende des Passes und ein weiteres beeindruckendes Felsentor, das 4 Bab el-Jasmund (25° 46′ 42″ N 28° 50′ 57″ O).[1] Auch dieses Tor erhielt seinen Namen von der Rohlfsschen Expedition. Man wollte mit dem Namen den deutschen Generalkonsul für Ägypten, Dr. [Karl Albert] Julius von Jasmund (1827–1879), Enkel des württembergischen Staats- und Kultusministers Ludwig Helmuth Heinrich [Freiherr] von Jasmund (1748-1825),[4] ehren. Dieser hatte nämlich erreichen können, dass der ägyptische Chedive, der Vizekönig von Ägypten, Ismail Pascha (Regierungszeit 1863–1879), eine Beihilfe von 4.000 Pfund (etwa 80.000 Mark) für die Rohlfssche Expedition beisteuerte.[5]

Südseite des Bab el-Jasmund
Nordseite des Bab el-Jasmund
Landschaft nördlich des Bab el-Jasmund

Hinter dem Nordtor lohnt ein Aufstieg auf das östliche Felsplateau, von dem man eine hervorragende Sicht auf die Landschaft und das Tor hat.

Passstraße südlich des Bab el-Jasmund
Landschaft im Westen der Passstraße
Landschaft im Westen der Passstraße

Wenn man mag, kann man auf dem Rückweg gleich hinter dem Bab el-Jasmund auf das Plateau westlich des Passes hinaufsteigen. Der Weg ist wegen des weichen Sandes nicht ganz einfach, man wird aber mit großartigen Landschaften belohnt.

  • El-Qasr Resthouse. Tel.: +20 (0)92 286 7013. Das Rasthaus ist in el-Qaṣr direkt an der Nordseite der Straße gelegen. Es besitzt einen Garten hinter dem Haus. Vorbestellung ist angeraten.

In den Geschäften an der Fernverkehrsstraße und die Straße links vom El-Qasr Resthouse kann man sich mit Lebensmitteln eindecken.

Unterkunft

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Unterkünfte gibt es in Mut, in Qasr ed-Dachla, in Biʾr el-Gebel und entlang dieser Straße nach Mūṭ.

Ausflüge

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Es bietet sich an, den Besuch von Naqb el-Qaṣr mit dem von Qaṣr ed-Dāchla, Deir el-Ḥagar und/oder Qārat el-Muzawwaqa zu verbinden. Letztere Stätte ist gegenwärtig noch nicht für Touristen zugänglich.

Literatur

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  • Rohlfs, Gerhard: Drei Monate in der Libyschen Wüste. Cassel: Fischer, 1875, S.3, 106f., 133f., Tafel 4 gegenüber S. 106. Nachdruck Köln: Heinrich-Barth-Institut, 1996, ISBN 978-3-927688-10-0. Open Access
  • Museum Schloss Schönebeck (Hrsg.): Fotografien aus der Libyschen Wüste: eine Expedition des Afrikaforschers Gerhard Rohlfs in den Jahren 1873/74 fotografiert von Philipp Remelé. Bremen: Ed. Temmen, 2002, ISBN 978-3-86108-791-5, S.38–44.

Einzelnachweise

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  1. 1 2 Gelegentlich findet man die fehlerhafte Bezeichnung Bab el-Qasmund.
  2. Rohlfs, Gerhard, a.a.O.; S. 106 f.
  3. Rohlfs, Gerhard, a.a.O.; S. 133 f.
  4. Bringmann, Tobias C.: Handbuch der Diplomatie 1815 - 1963. München: Saur, 2001, ISBN 978-3-598-11431-1, S.73.
  5. Rohlfs, Gerhard, a.a.O.; S. 3.
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