Hassan Fathy Village und Ṭōd el-Baʿīrāt

Dorf in Ägypten
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Hassan Fathy Village, arabisch: ‏قرية حسن فتحي, Qaryat Ḥasan Fatḥī, „Ḥasan-Fatḥī-Dorf“ (das einstige Neu-Qurna, New Qourna, New Gourna, al-Qurna al-Ǧadīda), und Tod el-Ba'irat, arabisch: ‏طود البعيرات, Ṭōd/Ṭaud al-Baʿīrāt, sind zwei Dörfer auf der Nilwestseite von Luxor auf dem Weg zu den Denkmälern von Theben-West. 1 Ṭōd el-Baʿīrāt liegt auf der Südseite der Straße, das Hassan Fathy Village auf der gegenüberliegenden Seite. Die heute kaum genutzte Lehmarchitektur-Siedlung des Hassan Fathy Village war eins der ehrgeizigsten Siedlungsprojekte des ägyptischen Architekten Hassan Fathy.

Wohnhäuser im Hassan Fathy Village
Hassan Fathy Village · قرية حسن فتحي
Ṭōd el-Baʿīrāt · طود البعيرات
GouvernementLuxor
Einwohnerzahl
Höhe
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Hassan Fathy Village und Ṭōd el-Baʿīrāt

Hintergrund Bearbeiten

 
Plan von Hassan Fathy Village und Ṭōd el-Baʿīrāt

Hassan Fathy (* 20. März 1900 in Alexandria, gest. 30. November 1989 in Kairo) ist der wohl bedeutendste Architekt Ägyptens des 20. Jahrhunderts. Tragisch ist, dass er im eigenen Land nicht angenommen wurde und in den westlichen Ländern kaum bekannt ist. Allerdings genießt er unter den Kennern große Achtung. Zeit seines Lebens galt seine Architektur den unteren Bevölkerungsschichten, seine Bauten sollten deshalb in Lehmarchitektur ausgeführt werden. Dabei sollten seine Bauten ästhetisch wertvoll sein und die Vorteile der Lehmbauweise wie angenehme Klimatisierung und preisgünstige Bauweise nutzen.

Er konnte zwar etwa 30 seiner 110 Projekte realisieren, die meisten sind heute aber dem Verfall preisgegeben. Letztlich wurden seine Ideen und Bauten verschmäht, da seine modernen Ideen nicht verstanden wurden. Eine Ausstellung unter dem Titel „Traumbilder der Architektur“ im Winter 2005 in Frankfurt am Main konnte sein Werk dem deutschen Publikum näher bringen.

Neben seinem bekanntesten Dorfprojekt in Qurna war Neu-Bārīs, das heutige Hassan Fathy Village, zwanzig Jahre später sein zweitgrößtes und letztes Großprojekt.

Das Dorfprojekt wurde vom ägyptischen Antikendienst Egyptian Department of Antiquities initiiert, um etwa 7.000 Bewohner von Scheich ʿAbd el-Qurna kostengünstig umsiedeln zu können, deren Wohngebäude neben oder oberhalb der altägyptischen Bematengräber standen. Aber umziehen wollten die Einwohner nicht, bot doch die Nähe zu den antiken Stätten seit Jahrzehnten eine ergiebige Einnahmequelle.

Die Planungen und Arbeiten am Dorf wurden von 1946 bis 1952 ausgeführt. Die Gebäude wurden fast ausschließlich aus Lehmziegeln errichtet, nur gelegentlich kamen Kalksteinblöcke zum Einsatz. Dies sind Materialien, die vor Ort gewonnen werden konnten. Aufgrund der Ablehnung durch die Bewohner wurde das Projekt 1952 eingestellt und nie vollendet.

Der hohe Grundwasserspiegel und die fehlende Pflege führen nun dazu, dass das Dorf verfällt. Sowohl die Unesco[1] als auch der World Monuments Fund[2] versuchen nun, das Dorf als Kulturerbe zu erhalten.

Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurden die Bewohner von nun doch umgesiedelt, und zwar nach Neu-Qurna, arabisch: ‏القرنة الجديدة, al-Qurna al-Ǧadīda, „Neu-Qurna“, im Dialekt (ig-)Gurnat (ig-)Gadīda gesprochen, auch Neu-Ṭārif, eṭ-Ṭārif el-Gadīda nördlich von eṭ-Ṭārif, genannt. Dieses Dorf, das deutlich abgelegener ist, hat mit seinen gleich aussehenden Häusern hat auch keine Chance, Kulturerbe zu werden. Und für dieses Dorf benötigte man den eigentlich bereits vergebenen Namen Neu-Qurna.

Anreise Bearbeiten

Kulturpalast im Hassan Fathy Village
 
Fassade des Kulturpalasts
Moschee im Hassan Fathy Village
 
Fassade der Moschee
Markthalle im Hassan Fathy Village
 
Markthalle
Wohnhaus im Hassan Fathy Village
 
Fassade eines Wohnhauses

Beide Dörfer liegen an der Kreuzung der Asphaltstraße zu den archäologischen Stätten in Theben-West und der Fernverkehrsstraße nach Armant und Esna bzw. nach Naqāda, etwa zwei Kilometer von der Einheimischenfähre nach Luxor entfernt. Die Anreise kann zu Fuß, mit einem Taxi oder einem Mikrobus erfolgen.

Im Bereich dieser Kreuzung starten auch die Mikrobusse nach Armant.

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Etwa in der Mitte des Dorfes zweigt bei 1 25° 42′ 54″ N 32° 37′ 21″ O eine etwas breitere Straße ab, die zur Moschee im Hassan Fathy Village führt. Man passiert dabei den Kulturpalast mit seinem Theater und nördlich davon die Bibliothek. Man stößt nicht selten auf Einheimische, die sich mit einer Führung etwas Geld verdienen.

Der 1 Kulturpalast (25° 42′ 56″ N 32° 37′ 21″ O), قصر الثقافة, Qaṣr ath-Thaqāfa, befindet sich an der westlichen Straßenseite. An beiden Enden der mit Zinnen bekrönten Mauer gibt es Zugänge zum Kultupalast. Man durchquert Gebäude mit 2 mal drei Kuppeln und gelangt zum großen Freilichttheater. Im Osten befindet sich die Bühne, davor eine Freifläche, die wohl für ein mögliches Orchester gedacht war. Dies Freifläche wird an drei Seiten mit je vier Sitzreihen begrenzt. Von der Bühne bzw. der Bühnentreppe konnten die Künstler zu ihren Kabinen in zwei Geschossen gelangen.

Nordwestlich hinter dem Kulturpalast befindet sich die 1 Schule (25° 42′ 57″ N 32° 37′ 19″ O).

Wenn man weiter nach Norden läuft gelangt man zu einem großen, unförmigen Platz, an dessen Nordseite sich die 1 Moschee (25° 42′ 58″ N 32° 37′ 24″ O) des Dorfs befindet. An der linken Seite der Fassade befindet sich der Eingang, das Minarett und die Treppe zum Minarett. Zuerst gelangt man zu einem beinahe quadratischen Hof, der mit Bäumen und Sträuchern ausgefüllt ist. An seiner Ostseite befindet sich der Liwan mit der Gebetsnische, dem Mihrab oder der Qibbla, und der Kanzel, dem Minbar. Der Iwan besitzt eine große Kuppel mit Fensteröffnungen. Nur die Zwickel dieser Kuppel wurden dekoriert. Zu beiden Seiten des Iwans erstrecken sich L-förmige drei- bzw. zweischiffige Pfeilerhallen, auf deren mächtigen Pfeilen Kuppeln ruhen.

Ein Aufstieg auf das Minarett lohnt, da sich von hier aus mehrere Gebäude aus der Luft erkunden lassen, so z. B. die Moschee selbst und das Marktgebäude.

Südlich von der Moschee an der anderen Seite befindet sich das 2 Marktgebäude (25° 42′ 56″ N 32° 37′ 24″ O). Die im Norden vorgelagerte Kuppelarkade ist zugänglich. Während die Moschee immer wieder erneuert wird, zeigen sich im Bereich der Arkade schon deutliche Bauschäden.

Die Wohnhäuser des Dorfs befinden sich östlich von Moschee und Markt. Sie besitzen zwei Geschosse, die sich um einen Innenhof gruppieren. Zu den Wohnhäusern gehörte ein Bad, eine Latrine und eine Feuerstelle. Die Ställe für die Tiere befanden sich in einiger Entfernung. Mit etwas Glück kann man auch ein solches Wohnhaus, zum Beispiel das des Architekten Hassan Fathy selbst, von innen betrachten.

Küche Bearbeiten

Ein kleines Restaurant gibt es im Bereich von Scheich ʿAbd el-Qurna etwa 100 Meter östlich des Ramesseums, weitere in Gazīrat el-Baʿīrāt und Gazīrat er-Ramla sowie in Luxor. Südlich vom West Bank Hotel gibt es auch einen Einheimischen-Imbiss.

Unterkunft Bearbeiten

  • 1 West Bank Hotel (im Osten von Tod el-Ba'irat, südlich der Straßenkreuzung, auf der westlichen Straßenseite). Einfaches, recht sauberes Hotel. (25° 42′ 48″ N 32° 37′ 31″ O)

Unterkünfte gibt es zudem in Gazīrat el-Baʿīrāt und Gazīrat er-Ramla, in Scheich ʿAbd el-Qurna, Luxor sowie in Karnak.

Ausflüge Bearbeiten

Von hier aus bieten sich Ausflüge an allen Orten des Westufers an.

Literatur Bearbeiten

  • Fathy, Hassan: Architecture for the poor : an experiment in rural Egypt. Chicago [u.a.]: Chicago Univ. Press, 1973, ISBN 978-0-226-23916-3.
  • Richards, J. M. ; Serageldin, Ismail ; Rastorfer, Darl: Hassan Fathy. London: Concept Media [u.a.], 1985, Architects in the Third World, ISBN 978-9971-84-125-6.

Weblinks Bearbeiten

  • New Gourna Village mit einer Beschreibung der Siedlung el-Qurna el-Gadīda (archnet.org, in Englisch), heute Hassan Fathy Village genannt.
  • Hassan Fathy mit einer Biografie und der Listung seiner Projekte (archnet.org, in Englisch).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. UNESCO launches safeguarding project at New Gourna Village, part of Ancient Thebes World Heritage site. In: Unesco.org.
  2. New Gurna Village in der World Monuments Watch List of Most Endangered Sites von 2010, die die 100 meist gefährdeten Kulturdenkmäler der Welt listet.
 
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