Qaṣr el-Gibb

archäologische Stätte in der ägyptischen Senke el-Charga

Qasr el-Gibb (auch Qasr el-Gib, Qasr el-Geb, arabisch: ‏قصر الجب, Qaṣr al-Ǧubb, „Brunnenfestung“) oder 'Ain el-Gibb (auch Ain Gib, arabisch: ‏عين الجب, ʿAin al-Ǧubb, „Brunnenquelle“) ist eine archäologische Stätte im äußersten Norden der ägyptischen Senke el-Chārga in der Westlichen Wüste. Das turmartige Kastell aus der Römerzeit befindet sich ca. 45 Kilometer nördlich der Stadt el-Chārga. Das Gebiet dürfte insbesondere bei Archäologen auf Interesse stoßen.

Südseite des Qaṣr el-Gibb
Qaṣr el-Gibb · قصر الجب
GouvernementNeues Tal
Einwohnerzahl
Höhe
Lagekarte des Neuen Tals in Ägypten
Lagekarte des Neuen Tals in Ägypten
Qaṣr el-Gibb

Hintergrund Bearbeiten

Das Kastell befindet sich ca. 4 Kilometer westlich von der Fernverkehrsstraße nach Asyūṭ und ca. 2,5 Kilometer nördlich von es-Sumeira. Im Umkreis des Kastells gibt es keine Siedlung, nur einige flache Grabgruben. Zwischen Qaṣr el-Gibb und es-Sumeira wurden unterirdische Aquädukte (arabisch Qanat) in drei Hauptlinien angelegt, die von Qaṣr el-Gibb bis nach es-Sumeira reichen.[1]

Das hiesige Kastell stellte sicher einen militärischen Vorposten zur Siedlung es-Sumeira dar. Die Fläche, die Qaṣr el-Gibb und es-Sumeira zusammen einnehmen, ist 8,5 Kilometer lang und 3 Kilometer breit. Aufgaben der Soldaten des Kastells waren sicher die Überwachung der Wüstenroute Darb ʿAin Amūr im Westen des Kastells, die über Qaṣr el-Labacha nach ed-Dāchla führte und hier in Qaṣr el-Gibb auf den Darb el-Arbaʿīn traf, und die Überwachung des Qanat-Systems und seiner Schächte.

Das Kastell war Teil einer Grenzbefestigung, die unter Kaiser Diokletian (Regierungszeit 284–305) und seinen Nachfolgern angelegt wurde. Die hier vorgefundene Keramik bestätigt, dass der Bau im 4. nachchristlichen Jahrhundert angelegt wurde. Bereits im 5. Jahrhundert fand der Niedergang der Militäranlage statt. In es-Sumeira gibt es ein weiteres Kastell, das dem hiesigen in Material und Konstruktion ähnelt, so dass wohl beide in derselben Zeit entstanden sind. In seiner Form ähnelt das Kastell dem eines Burgus, eines Wachturms, wie er an der germanischen-römischen Grenze in derselben Zeit eingesetzt wurde. Das Kastell wurde in osmanischer Zeit wiederbenutzt.

Drei Kilometer nördlich von Qaṣr el-Gibb gibt es einen Felsen mit Felszeichnungen wie einem Boot, menschlichen Figuren und auch griechischen Inschriften.

Das Kastell ist nur von wenigen Reisenden erwähnt oder beschrieben worden, so 1874 von Georg Schweinfurth, der auf der Karte die alte Turmruine Id el-Harb notierte,[2] sowie 1978 von Jean Gascou und Peter Grossmann. Seit 2000 wird die archäologische Stätte im Rahmen des Projekts „North Kharga Oasis Survey“ unter Leitung von Salima Ikram und Corinna Rossi untersucht.

Anreise Bearbeiten

Die Stätte kann man mit einem Motorrad, einem Pickup oder einem geländegängigen Fahrzeug bewältigen. Etwa 20 Kilometer nördlich von el-Munīra zweigt man bei 1 25° 45′ 24″ N 30° 39′ 52″ O von der Fernverkehrsstraße nach Nordwesten auf eine Piste ab, die teilweise versandet ist. Der Fahrer sollte ortskundig sein. Nach der Besichtigung von Qaṣr el-Gibb kann man zum etwa 2,5 Kilometer südlicher gelegenen es-Sumeira weiterfahren.

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Ostseite des Kastells
 
Räume mit Tonnengwölbe auf der Westseite des Kastells

Das 1 Kastell Qaṣr el-Gibb (25° 49′ 31″ N 30° 36′ 57″ O) wurde an isolierter Stelle auf einem 16 Meter hohen Kalksteinfelsen errichtet, der mit Basaltsplittern bedeckt ist. Das Kastell wurde aus luftgetrockneten Lehmziegeln errichtet und misst 16,5 mal 15,5 Meter. Die noch bis zu 11,5 Meter hoch anstehenden Mauern sind unten ca. 2,5 Meter dick und verjüngen sich nach oben auf etwa einen Meter. Die Anlage wurde einst durch runde Bastionen an den Ecken verstärkt. Der einzige Zugang befindet sich im Süden. Unmittelbar hinter dem Eingang befindet sich im Westen (links) eine Treppe. Auf der Mauerkrone befand sich ein heute nicht mehr zugänglicher Wehrgang. Die Ostwand des Kastells ist weggebrochen.

Im Inneren gibt es einen von Nord nach Süd reichenden Mittelhof. Zu beiden Seiten dieses Hofes erheben sich drei Geschosse mit je drei rechteckigen Räumen. Die Räume in den beiden unteren Geschossen besitzen eine Tonnengewölbedecke, das oberste Geschoss besaß einst Flachdecke aus leichtem Material. Nach oben hin sind die Räume zurückgesetzt, so dass man sie erreichen konnte.

Die Räume dienten wohl als Unterkünfte für Soldaten. Unter der Annahme zweier Geschosse und einer Belegung mit etwa 5 Soldaten pro Raum errechnete Peter Grossmann eine Belegung mit 60 Soldaten.

Küche Bearbeiten

Restaurants gibt es in der Stadt el-Chārga. Eine Bäckerei und ein Café gibt es auch in el-Munīra.

Unterkunft Bearbeiten

Eine Unterkunft wird üblicherweise in der Stadt el-Chārga gewählt.

Ausflüge Bearbeiten

Der Besuch von Qaṣr el-Gibb lässt sich mit dem von es-Sumeira verbinden.

Literatur Bearbeiten

  • Gascou, Jean ; Wagner, Guy ; Grossmann, Peter J.: Deux voyages archéologiques dans l’oasis de Khargeh. In: Bulletin de l’Institut français d’archéologie orientale (BIFAO), Bd. 79 (1979), S. 1–20, Tafeln I–VI, insbesondere S. 16–19, Tafeln IV–VI.
  • Reddé, Michel: Sites militaires romains de l’oasis de Kharga. In: Bulletin de l’Institut français d’archéologie orientale (BIFAO), Bd. 99 (1999), S. 377–396, insbesondere S. 378, 385 f.
  • Ikram, Salima ; Rossi, Corinna: North Kharga Oasis Survey 2001-2002 Preliminary Report : Ain Gib and Qasr el-Sumayra. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo (MDAIK), Bd. 60 (2004), S. 69–92, Tafeln 8 f., insbesondere S. 76–79.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Siehe auch unter es-Sumeira. Schacht, Ilka: A Preliminary Survey of the Ancient Qanat Systems of the Northern Kharga Oasis. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo (MDAIK), Bd. 59 (2003), S. 411–423.
  2. Schweinfurth, Georg: Notizen zur Kenntniss der Oase El-Chargeh : I. Alterthümer. In: Mittheilungen aus Justus Perthes’ geographischer Anstalt über wichtige neue Erforschungen auf dem Gesammtgebiete der Geographie von Dr. A. Petermann, Bd. 21 (1875), S. 384–393, Tafel 19 (Karte).
 
Dies ist ein vollständiger Artikel, wie ihn sich die Community vorstellt. Doch es gibt immer etwas zu verbessern und vor allem zu aktualisieren. Wenn du neue Informationen hast, sei mutig und ergänze und aktualisiere sie.