Pyramidenkomplex von Abū Ṣīr
Dieser Name wird von mehreren Orten verwendet. Weitere Orte findet man unter Abū Ṣīr. |
Abū Ṣīr · أبو صير | |
Gouvernement | Gīza |
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Einwohnerzahl | |
Höhe | 34 m |
Pyramidenkomplex von Abū Ṣīr |
Der Pyramidenkomplex von Abu Sir, auch Abusir, arabisch: أهرامات أبو صير, Ahrāmāt Abū Ṣīr, ist eine archäologische Stätte in Unterägypten und Teil der Memphitischen Nekropole am Wüstenrand im Governement Gīza, westlich des Namen gebenden Dorfs 1 Abū Ṣīr. Der Ort befindet sich zehn Kilometer südlich von Gīza und drei Kilometer nordnordwestlich von Saqqāra und ungefähr 35 Kilometer vom Stadtzentrum Kairos entfernt.
Hintergrund
BearbeitenAbū Sīr ist die Nekropole der Könige der 5. Dynastie und stellt die Erweiterung des Pyramidenfeldes von Gīza nach Süden dar. Die Grabanlagen des ersten (Userkaf) und des letzten Königs der fünften Dynastie (Unas) befinden sich weiter südlich in Saqqāra. Insbesondere östlich der heute unverkleideten Lehmziegelpyramiden befinden sich die Mastaba- und Schachtgräber hoher Beamter aus dieser Zeit. Die Nekropole ist in der Spätzeit wiederverwendet worden.
In Abū Sīr lässt sich der Aufbau der Pyramidenanlagen der 5. Dynastie gut studieren. Sie bestehen aus dem Taltempel, dem Aufweg, dem Totentempel im Osten der Pyramide, der Pyramide selbst und einem pyramidenförmigen Südgrab an der Südostseite des Pyramidenbezirks. Die am besten erhaltene Anlage ist die des Königs Sahure. Gegenüber den Pyramiden der 4. Dynastie in Gīza wird die Bautechnologie verändert: auf einem stufenförmigen Kern von kleineren Steinen und Schottermaterial wurden Kalksteinblöcke zur Verkleidung errichtet. Das heutige Fehlen der Kalksteinverkleidung ist nicht der Verwitterung zuzuschreiben, sondern „modernem“ Steinraub. Für die Auskleidung der Grabkammer, des Gangs zur Grabkammer und der giebelförmigen Decke der Grabkammer wurden zwar massive Kalksteinblöcke verwendet. Sie konnten jedoch dem Druck nicht standhalten, so dass Grabkammern und Gänge aller Pyramidenanlagen von Abū Sīr eingestürzt sind.
Die bedeutendste Grabanlage eines Beamten ist die des Ptahschepses; er war Wesir in der 5. Dynastie.
Das Gelände wurde in den Jahren 1902 – 1908 von Ludwig Borchardt ausgegraben. Seit den 1970-er Jahren werden erneut Grabungen durch ein tschechischen Team unter der Leitung von Miroslav Verner unternommen, die noch bis in die Gegenwart andauern. Zu den Funden gehören ein zweites Papyrusarchiv, die Pyramidenanlage der Chentkaus, der Mutter von Sahure und Neferirkare, und das Grab des Arztes Udjahorresnet (Perserzeit).
Eine Besonderheit dieser Zeit stellen die ca. 1 km nördlich befindlichen Sonnenheiligtümer des Userkaf und das deutlich besser erhaltene Sonnenheiligtum des Niuserre nahe des Dorfes Abū Ghurāb dar. Dies sind aber keine Gräber, sondern Tempel zur Verehrung des Sonnengottes Re.
Anreise
BearbeitenAuf der Straße
BearbeitenFür den Besuch von Abū Sīr sollten Sie sich in Kairo ein Taxi mieten.
Mit dem Bus und Minibus
BearbeitenDie Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln gestaltet sich schwieriger. Zuerst fahren Sie mit einem Sammeltaxi vom Busbahnhof hinter dem Ägyptischen Museum in Richtung der Giza-Pyramiden („Haram“) und steigen an der Haltestelle zu den Taxis nach Saqqāra aus. Danach steigen Sie in ein Sammeltaxi nach Saqqāra, steigen aber nicht im Dorf Saqqāra aus! Wenn auf der rechten (westlichen) Straßenseite eine Hinweistafel mit der Aufschrift „To Sakkara Antiquities“ erscheint, steigen Sie aus. Auf ungefähr halben Wege nach der Nekropole von Saqqāra zweigt eine Asphaltstraße nach Norden nach Abū Sīr ab. Von hier aus sind es noch etwa 3 km (Fuß)weg bis zur Nekropole von Abū Sīr.
Mit der Bahn
BearbeitenMobilität
BearbeitenDie Stätte lässt sich nur zu Fuß ergründen. Der Weg zur Pyramide des Sahure ist betoniert, alle anderen Wege muss man im zum Teil in tiefem Sand bewältigen.
Sehenswürdigkeiten
BearbeitenObwohl die Öffnung seit mehreren Jahren angekündigt ist und verschiedene Einrichtungen bereits errichtet wurden, kann das Areal nur mit Sondergenehmigung der obersten Antikenbehörde (SCA) in Kairo besichtigt werden.
Pyramiden der 5. Dynastie von Nord nach Süd
Bearbeiten- 1 Pyramide des Schepseskare Die unvollendete Pyramide ist die nördlichste der Pyramiden, von der aber nur spärliche Reste vorhanden sind. Es handelt sich hier um Ausschachtungen, die offensichtlich abrupt abgebrochen wurden. (29° 53′ 55″ N 31° 12′ 6″ O)
- 2 Pyramide des Sahure (هرم ساحورع) Die Basislänge der Pyramide betrug 79 Meter, die Höhe der Pyramide ursprünglich 50 Meter. Der Grundriss des 3 Totentempels im Osten der Pyramide ist heute noch gut am Basalt gepflastertem Boden und einigen Granitsäulen auszumachen. Die Kalkstein-Tempelwände mit ihrer Dekoration sind heute in den Museen von Berlin (Bode-Museum) und Kairo zu sehen. Der Totentempel und der 4 Taltempel wurden mit einem 235 Meter langen gedeckten Aufweg verbunden. Südlich des Totentempels lassen sich die Reste des Südgrabes ausmachen. Ein Modell dieser Pyramidenanlage findet man im Ägyptischen Museum von Kairo. (29° 53′ 51″ N 31° 12′ 12″ O)
- 5 Pyramide des Niuserre (هرم ني أوسر رع) Die Basislänge der Pyramide betrug 79 Meter, die Höhe der Pyramide ursprünglich 50 Meter. Die Anlage blieb unvollendet. Im Südosten der Pyramide befinden sich die Überreste des Totentempels und weiter nördlich die Überreste einiger Mastabas. Neuserre usurpiert offensichtlich den Aufweg seines Vorgängers Neferirkare. (29° 53′ 45″ N 31° 12′ 13″ O)
- 6 Pyramide des Neferirkare (هرم نفر إر كارع كاكاي) Die Pyramide befindet sich 200 Meter südlich der Pyramide des Sahure. Die Basislänge der Pyramide betrug 100 Meter, die Höhe der Pyramide ursprünglich 64 Meter. Die Anlage wurde berühmt wegen der in ihrem Totentempel gefundenen Papyri, die die Verwaltung der Pyramidenanlage und des Totenkults im Alten Reich beschreiben. Die Anlage blieb unvollendet. Etwa 50 Meter südlich der Pyramide des Neferirkare befindet sich das 7 Pyramidengrab der Königin Chentkaus II. Letzteres ist wohl ein Kenotaph, ein Scheingrab, da sie auch ein Mastabagrab in Gīza besitzt. (29° 53′ 42″ N 31° 12′ 8″ O)
- 8 Pyramide des Neferefre (هرم نفر ف رع, Pyramide des Raneferef) Die Basislänge der Pyramide betrug 60 Meter. Der Taltempel ist bis heute nicht entdeckt worden. Der Totentempel im Osten ist im Wüstensand noch auszumachen. (29° 53′ 38″ N 31° 12′ 6″ O)
Mastabagräber
Bearbeiten- 9 Mastaba des Ptahschepses , Wesir und Oberster Richter unter Neuserre, 5. Dynastie. Dies ist das größte und eins der bedeutendsten Privatgräber des Alten Reiches. Es befindet sich nordöstlich der Pyramide des Neuserre und südöstlich der Pyramide des Sahure. Im Norden der 56 × 42 m großen Anlage befindet sich das eigentliche Grabgebäude, vor dem Eingang stehen zwei Lotosbündelsäulen. Hinter dem Eingang befindet sich ein zweiter Portikus, dem sich der Opferraum mit drei Opfernischen anschließt. Südlich davon befindet sich ein großer Pfeilerhof mit zwanzig Pfeilern, weiterhin zwei Barkenräume, Magazinräume und die eigentliche Grabkammer im Westen. Auf den Reliefs sind der Grabherr als Kind auf dem Schoß seines Vaters sitzend, der Grabherr mit seiner Frau sowie Handwerks- und Marktszenen zu sehen. Der zweite Portikus und der Opferraum waren in den vergangenen Jahren nicht zugänglich.
Weitere Gräber im Süden
BearbeitenIm Südosten der Pyramide des Neferirkare befindet sich zwei Pyramidenanlagen unbekannter Besitzer, die sog. 10 Lepsius-Pyramide 24 und 11 Lepsius-Pyramide 25 .
Etwa 270 Meter südsüdwestlich der Pyramide des Neferirkare befindet sich das 12 Schachtgrab des Udjahorresnet.
Sonnentempel
Bearbeiten- Nördlich von Abū Ṣīr befinden sich in Abū Ghurāb das 1 Sonnenheiligtum des Userkaf und das 2 Sonnenheiligtum des Niuserre . Sie lassen sich von Abū Ṣīr aus fußläufig erreichen. Allerdings muss man durch den Wüstensand stapfen.
Unterkunft
BearbeitenEinfach
Bearbeiten- 1 Sakkara Inn, Abū Ṣīr. Tel.: +20 (0)109 444 0109, E-Mail: sakkarainn@hotmail.com Einfache, neu errichtetes Herberge mit sauberen Zimmern östlich der Pyramiden von Abū Ṣīr (1 km) und Saqqāra (5 km) am westlichen Ortsrand von Abū Ṣīr. Merkmal: ★★★. (29° 53′ 27″ N 31° 12′ 51″ O)
Ausflüge
BearbeitenSie können den Besuch von Abū Sīr mit den Nekropolen von Saqqāra, Dahschūr, mit dem Museum der Alten-Reichs-Hauptstadt Memphis und/oder den Sonnenheiligtümern von Abū Ghurāb verbinden. Der Besuch der Sonnenheiligtümer von Abū Ghurāb erfolgt zu Fuß. Der Fußweg durch den Sand ist beschwerlich, man benötigt ca. 30 bis 40 Minuten für eine Strecke.
Literatur
BearbeitenAllgemein
Bearbeiten- : the necropolis of the sons of the sun. Cairo ; New York: American University in Cairo Press, 2017, ISBN 978-977-416-790-4. : Abusir
Pyramiden
Bearbeiten- Ausgrabungen der deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir 1902 - 1904 ; 1: Das Grabdenkmal des Königs Ne-user-reʿ. Leipzig: Hinrichs, 1907, Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft : WVDOG ; 7. :
- Ausgrabungen der deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir 1902 - 1908 ; 5: Das Grabdenkmal des Königs Nefer-ʾir-Ke'ʾ-reʿ. Leipzig: Hinrichs, 1909, Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft : WVDOG ; 11. :
- Ausgrabungen der deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir 1902 - 1908 ; 6–7: Das Grabdenkmal des Königs Sʾaḥu-reʿ. Leipzig: Hinrichs, 1910–1913, Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft : WVDOG ; 14, 26. Zwei Bände, erschienen 1910 und 1913. :
Sonnenheiligtümer
Bearbeiten- Kairo, Wiesbaden: Schweizerisches Inst. für Ägyptische Bauforschung und Altertumskunde , Steiner [in Komm.], 1965–1969, Beiträge zur ägyptischen Bauforschung und Altertumskunde ; 7–8. Zwei Bände, erschienen 1965 und 1969. : Das Sonnenheiligtum des Königs Userkaf.
Beamtengräber
Bearbeiten- Découverte du mastaba de Ptah-chepsés dans la nécropole d’Abou-Sir. In: Revue Archéologique, 3 Sér., ISSN 0035-0737, Bd. 24 (1894), S. 18–33, JSTOR 23909261. :
- Ausgrabungen der deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir 1902 - 1904 ; 2: Priestergräber und andere Grabfunde vom Ende des alten Reiches bis zur griechischen Zeit vom Totentempel des Ne-user-rê. Leipzig: Hinrichs, 1908, Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft : WVDOG ; 8. :