Monte Adranone (area archeologica)
Die Ausgrabungsstätte des Monte Adranone liegt im Norden des sizilianischen Städtchens Sambuca de Sicilia auf einer 900 m hohen Bergkuppe im Westen der Provinz Agrigent.
Hintergrund
BearbeitenAuf einer Bergflanke, die sich nach Süden hin zu einer Terasse öffnet, war seit dem 19. Jhdt. die Existenz einer antiken Ansiedlung bekannt, 1968 wurden die ersten systematischen Ausgrabungsarbeiten von Prof. E. De Miro und Fr. Dr. G. Fiorentini in Angriff genommen. In alljährlichen Ausgrabungskampagnen wurden die im Süden gelegene Nekropole, Teileder Stadt und die Akropolis mit einer Sakralzone freigelegt.
Inzwischen wird angenommen, dass es sich bei der Siedlung um das von Diodor im Zusammenhang mit dem ersten Punischen Krieg genannte Adranon handeln könnte.
Geschichte
BearbeitenDie Siedlung wurde wohl im 8. Jhdt. v. Chr. gegründet. Die ursprüngliche Ansiedlung wurde im 6. Jhdt. v. Chr. von den Griechen besetzt und im Bereich des Monte Adranone im Grenzgebiet zwischen der sikanisch - hellenischen und der elymisch - punischen Einflusszone wahrscheinlich ausgehend von Selinunt eine Kolonie gegründet.
Nachdem im Jahre 409 die von Motya vertriebenen Karthager (resp. Punier) bei Lilybäum (Marsala) gelandet waren und die Stadt Selinunt eingenommen hatten, geriet auch die Stadt auf dem Monte Adranone in die punische Einflusszone. Hiervon zeugen unter anderem mehrere nach punischem Muster angelegte Sakralbauten.
Nach der Niederlage im ersten Punischen Krieg gegen die Römer wurden die Karthager gezwungen, die Insel Sizilien zu räumen. Wohl in diesem Zusammenhang ist zu verstehen, dass es aufgrund der Funde ums Jahr 250 v. Chr. zu einer vollständigen Zerstörung der Stadt durch Menschenhand gekommen ist. Aus der Zeit des Zweiten Punischen Kriegs fanden sich möglicherweise auf römische Besatzungstruppen zurückgehende Siedlungsreste.
Landschaft
BearbeitenDie Stadt lag auf einer terassierten Bergflanke, die nach Nordosten steil abfällt. An der Spitze der dreiecksförmigen Stadtanlage lag die Akropolis mit Sakralbauten an der Spitze der Bergflanke. In verschiedenen Terrassenstufen fällt das Stadtgebiet nach Südwesten ab, die Hauptzugangsstrasse lag in einer Talsenke zwischen den Stadtgebieten im Westen und Osten an der Basis des Dreiecks.
Wahrscheinlich lag die Stadt an der Selinuntia Odos, der Verkehrsachse zwischen Selinunt und Akragas, die im Landesinnern geführt wurde. Dieser Umstand mag etwas verwunderlich erscheinen, die antiken Städte lagen aber oftmals auf Bergkuppen im Landesinnern um Angriffen von fremden Mächten und Piraten vom Meer her weniger ausgesetzt zu sein.
Die Strasse vom heutigen Sambuca de Sicilia hinauf zur Ausgrabungsstätte verläuft teils schwindelerregend auf einer schmalen Bergflanke, die teils kaum mehr als doppelt so breit wie das schmale Asphaltsträsschen ist. So ist nur schwer vorstellbar, wie die ganzen Verkehrswege in der Antike über diesen dafür strategisch günstig gelegenen und einfach zu verteidigenden Bergrücken geführt haben sollen.
Flora und Fauna
BearbeitenDas ganze Ausgrabungsgelände ist weitgehend überwachsen und praktisch schattenlos, die Flora Siziliens kann am besten bei einem Besuch im April/Mai oder Oktober genossen werden.
Klima
BearbeitenIm Süden von Sizilien herrscht arides Mittelmeerklima, aufgrund der Höhenlage ist die Ausgrebungsstätte mehr Wind aufgesetzt, d.h. mal kühler, in den Wintermonaten kann es aber auch wolkenverhangen sein. Im Hochsommer muss im praktisch schattenlosen Gelände auf Sonnenschutz und genügend Getränkezufuhr geachtet werden.
Anreise
BearbeitenDie Zufahrt erfolgt über das Städtchen Sambuca de Sicilia, der Ort wird von der Schnellstrasse Palermo - Sciacca aus auf der erreicht. Das Städtchen wird im Westen auf der umfahren, die 1 Abzweigung von SP69 nach Norden ist leicht zu verpassen, da der braune Wegweiser Adranone - Itinerario Sicano - Elimo eigentlich nur von Norden herkommen zu sehen ist. Bei der nächsten Gabelung ist die schlechte rissige 2 Abzweigung Asphaltstrasse nach rechts zu nehmen, die verlockendere bessere Strasse führt zu Wohnhäusern. Auf der rissigen nur gut fahrzeugbreiten Strasse geht es durch ein Wohnquartier aufwärts, nur eine grosse Zahl Strassenlaternen deuten darauf hin, dass ess nicht ins Norgendwo geht. Nach einer mit Zona archeologica beschilderten 3 üblen Rampe beginnt eine anfänglich mit Leitplanken versehene Betonstrasse mit schraffurähnlichen Querrillen, welche das Rutschen verhindern sollen. Nach kurzer Zeit folgen zwei betonierte grosse einsame Parkplätze. Kurz darauf endet die Betonstrasse, weiter geht es auf einer schmalen Teerstrasse ohne Leitplanken und praktisch ohne Ausweichmöglichkeiten steil aufwärts bis zu einer Park- und Ausweichstelle vor dem 4 Tor und Drahtzaun des archäologischen Geländes. Von hier aus kann weitergefahren werden, auf einem Schotterplatz vor dem 5 Haus des Aufsichtspersonals kann parkiert und gewendet werden.
Die bei trockener Witterung an sich gut fahrbare Strasse sei nur berggewohnten Fahrern empfohlen, teils bestehen keine Ausweichmöglichkeiten und man muss damit rechnen, zurücksetzen zu müssen. Mit grösseren Wohnmobilen erscheint die Zufahrt kritisch resp. kaum fahrbar. Evtl. kann man, wie auch alle Interessierten ohne eigenes Fahrzeug, per Anhalter versuchen, von einem anderen "Archäologiefreak" mitgenommen zu werden.
Gebühren/Permits
BearbeitenFreier Zugang, auf Wunsch ist ein Übersichtsplan (auch in deutsch) erhältlich. Der Zugang ist geöffnet Mo-Sa 09.00 - 19.00h resp. eine Stunde vor Sonnenuntergang, an Sonn- und Feiertagen nur bis 13.00 h.
Mobilität
BearbeitenAb dem Parkplatz vor dem Aufsichtsgebäude bewegt man sich zu Fuss. Eine Schotterstrasse unrundet die wichtigsten Fundstellen und ist prinzipiell mit Rollstuhl oder Geländebuggy befahrbar, von dieser Strasse aus kommt man allerdings nicht in die Nähe aller interessanten Gebäuderuinen.
Sehenswürdigkeiten
BearbeitenDie Stadt liegt auf einer Terrasse, die in etwas die Form eines Dreiecks aufweist. An dessen Spitze im Nordosten liegt die Akropolis, die östliche Flanke ist durch eine steil abfallende Felswand gebildet. Die Basis des Dreiecks im Westen ist von der Stadtmauer gebildet. Eine Nekropole liegt südlich vor dem südlichen Stadttor.
Die 1 Nekropole beginnt unmittelbar nördlich des Aufsichtsgebäudes. Eine Schotterstrasse umrundet die Nekropole im Westen, an den interessantesten Gräbern führt ein hinter dem Gebäude beginnender Fusspfad auf der Geländekuppe vorbei. Im Bereich des Gräberfeldes wurden zahlreiche Keramikartefakte gefunden, das Gewirr von hypogäischen Grabkammern aus dem 6./5. Jhdt. v.Chr. und zahlreichen späteren Schachtgräbern mit Decksteinen ist im Luftbild gut erkennbar.
Erwähnenswert sind
- 2 "Tomba della Regina" ("Grab der Königin"): das 2,2 x 1,5 m grosse Grab mit Wänden aus Tuffstein und einem falschen Gewölbe wurde 1885 entdeckt. Bei seiner Entdeckung fanden sich Bronzevasen und Keramikgefässe als Grabbeigaben, die leider verschollen sind.
- das guterhaltene Schachtgrab Tomba CXXVI mit Bruchsteinwänden wurde bei der Ausgrabungskampgne 1985/88 freigelegt.
- das Grab Tomba 3 mit einer 2,3 x 3 m grossen und 1,5 m hohen Grabkammer mit Tuffsteinwänden, vor dem doppeltem Eingang lang ein kurzer Dromos, ein Korridor. Die Grabbeigaben, zwei Keramigurnen und Bronzegefässe sind im Archäologischen Museum von Agrigent zu sehen.
Auf dem bergaufwärts führenden Fussweg gelangt man zu Stadtmauer.
- der quadratische 3 Torre A schliesst die Stadtmauerreste im Südosten ab.
- Etwas weiter westlich liegt das 4 Porta Sud Südtor. Vom 5 Torre C Turm C auf der Westseite des Tors wurde eine L-förmige Bastion zur Sicherung des Torbereichs wohl im 3. Jhdt. v. Chr. errichtet.
- die Stadtmauer verläuft dem Geländeniveau entlang nach Westen, hier sorgt der 6 Torre G Turm G zu seiner Sicherung.
- nachdem die Mauer die Nordwestflanke umrundet hat, verläuft sie wieder ostwärts zum 7 Porta Nord Nordtor.
In der Nähe des Südtors hinter der Stadtmauer liegt ein eindrückliches Gebäude:
- das 8 Fattoria Gehöft ist ein aus dem 4. Jhdt. stammender grosser rechtwinkliger Komplex mit einem Innenhof, um den die etwa dreissig Räume angeordnet sind. In einem Raum befindet sich ein Mühlstein mit einer Presse, der Auslauf führt zu einem Pithos, einem grossen Keramik - Vorratskrug.
- gleich in der Nähe liegt ein kleines Heiligtum. Eine Mauer grenzt den Temenos, den rechtwinkligen eiligen Bezirk ab. Der Zugang zum rechtwinkligen Heiligtum liegt im Süden. Im Heiligtumsraum findet sich ein kleiner mit einer Mauer abgegrenzter Vorraum und in der Cella, dem Heiligtum, ein rundes Fundament, in dessen Mitte wohl ein runder Altar gestanden haben muss. Eine Sitzbank läuft den Wänden entlang. Am Ostende findet sich ein Bothros, das runde Orakelloch führt in den Sakralraum. Das Gebäude wird aufgrund des runden Heiligtums als 9 Heiligtum der Chthonischen Gottheiten bezeichnet.
Auf dem Weg in die Stadt in Richtung des Nordtors gelangt man zu einem Handwerkerquartier mit verschiedenen Gebäuden, hier laufen noch Ausgrabungsarbeiten.
- unter einem Schutzdach finden sich die ausgegrabenen Ruinen einer antiken 10 Werkstätte .
- auf dem Weg nach Norden liegt linkerhand ein 11 Handwerkerquartier Komplex von verschiedenen Gebäuden, wahrscheinlich ein Handwerkerquartier; weitere niedrige Fundamente liegen in der Verlängerung des Weges.
- zu Rechten liegt ein Gebäudekomplex, von denen eines einen 12 runden Grundriss besitzt.
- der Weg dahinter führt zum Nordtor, auch auf dem Weg dorthin zeichnen sich Fundamente weiterer Gebäude ab.
Weiter auf dem Weg in Richtung Akropolis gelangt man zu einer unterhalb des Geländes der Akropolis gelegenen Ebene. Hier liegt das
- 13 Punisches Heiligtum unterhalb der Akropolis (Santuario punico sotto l'acropoli): das grosse rechteckige Gebäude ist in Nordost-Südwest - Richtung angelegt.
- im ersten Raum finden sich mehrere Sandsteinbecken längs der Nordostwand. Das Dach des Raums ist bereits in der Antike eingestürzt.
- der zweite Raum war nach oben offen und stellt wohl einen Heiligen Bezirk dar. Zwei pfeilerförmige Sandsteinblöcke an der hinteren Längswand und ein rauchgeschwärzter steinerner rechteckiger Opferaltar sprechen für den kultischen Charakter des Gebäudes.
- hinter dem Gebäude findet sich eine riesige in den Untergrund gegrabene 14 Zisterne mit einer Reihe von Pfeilerfundamenten entlang der Längsachse. Die 14,6 x 6 m grosse Zisterne diente wohl rituellen Zwecken oder der Wasserversorgung des Stadtbereichs.
- der Block V besteht aus einem grossen 15 Gebäude mit rechtwinkligem Grundriss . Das in Nordost-Südwest - Richtung angelegte 18 x 10 m grosse Gebäude besteht aus drei quadratischen Räumen, im mittleren und südlichen fanden sich in der Mitte runde Fundamente von Säulen oder Opferaltären, die in den Räumen gefundenen Votivgegenstände lassen ebenfalls auf eine kultische Verwendung schliessen. Dem Gebäude im Südosten vorgelagert war eine Säulenhalle, ein Porticus.
- Im Norden ist ein Rundbau in Form eines Tholos angebaut.
Unterhalb des Zugangs zur Akropolis liegt der
- 16 Gebäudekomplex I mit den Magazinen unterhalb der Akropolis: im Gebäudekomplex mit einem quadratischen Grundriss sind die Laden- oder Vorratsräume zu beiden Seiten eines Ganges angeordnet, beim Eingang findet sich eine Wächter- oder Pförtnerloge.
- In den Magazinräumen sind zahlreiche Pithoi, grosse irdene Vorratsgefässe, erhalten.
- eine weitere tiefe Zisterne mit runden Grundriss liegt auf der Westseite des Zugangswegs (Zugang in Einzäunung).
Durch eine weitere Toranlage mit beidseitigen Türmen wird die Akropolis der Stadt betreten, das Zentrum mit der grossen Tempelanlage liegt auf einem kleinen Plateau unterhalb der obersten Felsklippe.
- der 17 punische Tempel auf der Akropolis misst 26,5 x 10 m und ist gemäss punischer Tradition in Ost-Westrichtung ausgerichtet. Der Tempel besteht aus drei Räumen, zwei gedeckte Räume zu beiden Seiten flankieren einen nicht gedeckten Zentalraum. Hier finden sich zwei auf gepflasterten Plattformen positionierte enorme Sandsteinsockel, auf denen sich Spuren von runden Pfeilern oder Kultobjekten finden.
- einige Meter südwestlich liegt die 8 x 5 m messende rechteckige Zisterne. Diese wurde, gemäß dem Bericht des römischen Geschichtsschreibers Diodor, mit festgetretener Erde zum Teil gefüllt und bei der Belagerung durch die römischen Truppen kurz bevor das Ende der Stadt besiegelt wurde, als Abwehrstellung genutzt. Funde von Pfeilspitzen und von Wurfmaschinen eingesetzten Steinkugeln sprechen für diese Hypothese.
Aktivitäten
BearbeitenDie Besichtigung des Ausgrabungsgeländes zu Fuss nimmt etwa 1 1/2 - 3 Stunden in Anspruch.
Einkaufen / Küche
BearbeitenVor Ort gibt es keine Einkaufs- oder Einkehrmöglichkeiten. Getränke (im Hochsommer reichlich) und Zwischenverpflegung muss mitgenommen werden, nächste Einkaufsmöglichkeiten in Sambuca.
Unterkunft
BearbeitenIm nahen Sambuca gibt es bisher keine Hotelunterkünfte, lediglich ein Bed & Brakfast.
Sicherheit
BearbeitenKriminalität ist in der weitabgelegenen Ausgrabungsstätte wohl kein Problem.
Vorsicht ist in der Hochsommerhitze im praktisch schattenlosen Gelände geboten, auf Sonnenschutz und gebügend Getränke ist zu achten. Die Felsklippe im Nordosten der Akropolis reizt Kinder zum Herumklettern, im Osten fällt sie ohne sicherndes Geländer weit in die Tiefe ab, Kinder beaufsichtigen. Im Bereich der Ausgrabungsstätte sind die Mauern nicht gesichert, ein Herumkraxeln wird von den Aufsichtspersonen ohnehin nicht toleriert.
Ausflüge
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Der Monte Adranone, Führer mit Übersichtsplan vom Assessorato Regionale Beni Culturali, vor Ort erhältlich