Kanāʾis

Archäologische Stätte im Wadi al-Miyah in der Arabischen Wüste in Oberägypten
Tempel Sethos’ I. auf der Südseite des
el-Kanāʾis · الكنائس
GouvernementAssuan
Einwohnerzahl
Höhe205 m
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Kanāʾis

Hinter der modernen arabischen Bezeichnung el-Kana'is, auch el-Kanais, el-Kanaïs oder el-Kanayis, arabisch: الكنائس, al-Kanāʾis, „die Tempel“ oder „die Kapellen“, im Dialekt il-Kanāyis gesprochen, verbirgt sich eine altägyptische Brunnenstation auf dem Weg zu den Goldminen von el-Barrāmīya, die unter dem König Sethos I. errichtet wurde und über die er im angeschlossenen Felsenheiligtum berichtete. In griechisch-römischer Zeit wurde die Brunnenstation entlang der Route von Edfu nach Berenike mit einer Festung zu einem Hydreuma ausgebaut und diente zusammen mit dem Felsentempel als Pan-Heiligtum, als Paneion. Diese Route diente dem Transport von Waren, darunter von für den Kriegseinsatz bestimmten Elefanten, die über den Rotmeerhafen Berenike angeliefert wurden.

Für diese archäologische Stätte dürften sich Ägyptologen, Archäologen und Kunsthistoriker interessieren.

Hintergrund

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Lage und Name

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El-Kanāʾis befindet sich etwa 51 Kilometer östlich von Edfu, 169 Kilometer westlich von Marsā ʿAlam, etwa 200 Meter südlich der modernen Fernverkehrsstraße 212 nach Marsā ʿAlam am Südrand des Wādī el-Miyāh, auch Wādī Miyāh, وادي المياه, „das Wassertal“. Östlich von Edfu beginnt das Wādī ʿAbbād, وادي عباد, das noch westlich vor el-Kanāʾis in das Wādī el-Miyāh mündet. Der westliche Teil der Fernverkehrsstraße deckt sich mit dem Westteil der antiken Route von Berenike nach Edfu.

El-Kanāʾis ist eine moderne Bezeichnung, die seit Anfang des 19. Jahrhunderts in geringfügig abweichenden Varianten überliefert wurde. Ihre Bedeutung „die Tempel/die Kapellen“ lässt sich auf die hiesige Tempelanlage zurückführen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde auch die irreführende Bezeichnung Tempel von er-Radīsīya (auch el-Redesīya u. ä.) für den hiesigen Tempel benutzt. Das am östlichen Nilufer gelegene Dorf er-Radīsīya, الرديسية, diente aber für die deutsche Ägypten-Expedition unter Karl Richard Lepsius (1810–1884) nur als Ausgangspunkt für ihre Reise.

Aus altägyptischer Zeit ist keine Ortsbezeichnung überliefert. Am Tempel wird der Name der gesamten Anlage, also Brunnen und Tempel, in der Vorhalle „Brunnen des Men-maat-Re“ genannt, wobei Men-maat-Re der Thronname Sethos’ I. ist. In griechischer Zeit wurde die Angabe ὕδρευμα το ἐπὶ τοῦ Πανεῖου, Hydreuma to epi tou Paneiou, benutzt, was aber eher eine Orts- oder Funktionsbeschreibung darstellt: eine befestigte Brunnenstation (Hydreuma) und ein Pan-Heiligtum.

Geschichte

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Wenigstens seit der 18. Dynastie wurde diese Stätte als Haltepunkt von Expeditionen zu den Goldminen von el-Barrāmīya genutzt. Das früheste archäologische Zeugnis ist eine Kartusche Amenophis’ III., des 7. Königs der 18. Dynastie, neben dem Namen seines Vizekönigs Mermosi (Merimes, Merymose) östlich des Felsenheiligtums. Es wurde gelegentlich spekuliert, dass dieser Haltepunkt schon seit der 1. Dynastie benutzt wurde, weil man etwa 30 Kilometer östlich von Edfu im Wādī ʿAbbād am Eingang zum Wādī Schagāb den Horusnamen des Königs Hor Wadji, auch König Schlange, dem 4. König der 1. Dynastie um 2950 v. Chr., als Felsbild gefunden hat. Es gibt jedoch keine Belege für die Nutzung der genannten Goldminen in bzw. aus dieser Zeit.

Sethos I., der 2. König der 19. Dynastie, ließ hier einen Brunnen zur Wasserversorgung anlegen und einen Felsentempel für die in seinem Totentempel in Abydos verehrten Götter errichten. Der Tempel ist aufs Engste mit dem Brunnen verbunden: in einer sog. Königsnovelle[1] beschreibt Sethos I. seine Verwaltungsentscheidung zur Errichtung des Brunnens und die erfolgreiche Realisierung. Der nicht unerhebliche Aufwand diente nur einem Zweck: die Goldlieferungen wurden als Stiftung für seinen Totentempel in Abydos benötigt. Am Ende seiner Regierungszeit konnte er die Stiftung nicht mehr aufrechterhalten. Und sein Sohn und Nachfolger Ramses II. ließ in Abydos seinen eigenen Totentempel errichten.

In griechischer Zeit erlangte die Brunnenstation erneut an Bedeutung. Sie lag an der Route von Edfu, dem antiken Appolonospolis megalè oder Apollinopolis Magna, nach Berenike, das von Ptolemaios II. gegründet wurde.[2] Warenlieferungen aus dem Bereich des heutigen Sudan und Äthiopien, aber auch aus Indien und Arabien, wurden nach Berenike verschifft und von hier aus auf dem Landweg z. B. nach Edfu und Qifṭ, dem antiken Coptos, gebracht, wovon auch Plinius der Ältere (23/24–79 n. Chr.)[3] und Strabon (64/63 v. Chr. – nach 23 n. Chr.)[4] zu berichten wussten. Zu den aus Afrika gelieferten Gütern gehörten auch lebende Elefanten. Ptolemaios II. wollte sie in den Diadochenkriegen in seiner Armee zum Einsatz bringen, auch wenn sich die afrikanischen Elefanten, wie auch die verlorene Schlacht von Raphia 217 v. Chr. belegte, nicht so gut eigneten wie die indischen Elefanten. Seit Ptolemaios V. wurden Elefanten nicht mehr im Kriegsdienst eingesetzt. In römischer Zeit wurden auch Gold aus der Mine von Biʾr Samūt und Smaragde aus dem Gebiet des Mons Smaragdus auf dieser Route transportiert.

Um die Brunnenstation zu sichern, wurde wohl bereits in griechischer Zeit eine befestigte Siedlung in unmittelbarer Nähe angelegt. Zahlreiche griechische Inschriften an den Felswänden belegen, dass die Route auch von zahlreichen Reisenden benutzt wurde und sie hier, auch im Felsentempel, den Hirtengott Pan verehrten. Die Verehrung des Pan geht auf seine Gleichsetzung mit dem altägyptischen Fruchtbarkeitsgott Min durch die Griechen zurück. Min galt auch als Schutzherr der Karawanenwege und Bergleute in der ostägyptischen Wüste.

Über die nachrömische Zeit weiß man kaum etwas, auch wenn arabische Inschriften vor Ort und Keramikfunde entlang der Route Edfu–Berenike auf eine spätere Nutzung wohl durch muslimische Reisende auf ihrer Haddsch hinweisen.

Wissenschaftsgeschichte

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Karte
Lageplan von el-Kanāʾis

Den Inschriften am Tempel folgend, wurde der Tempel bereits seit dem 16. Jahrhundert von Reisenden besucht. 1534 hat sich z. B. der Reisende Alixander verewigt.[5]

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erschienen erstmals Berichte europäischer Reisender aus el-Kanāʾis. Der Franzose Frédéric Cailliaud (1787–1869) gelangte ein erstes Mal zu dem hiesigen Tempel am 3. November 1816[6] und ein zweites Mal vom 27.–29. Juni 1822[7]. Die einheimischen Beduinen, die Ababda, nannten den Ort Ouâdi el-Kanis (das Tals des Tempels). Voller Begeisterung beschrieb Cailliaud den „neu entdeckten“ Tempel:

„Bei diesem unverhofften Anblick empfand ich lebhafte Freude. Werde ich ein weiteres Denkmal der alten Ägypter finden, die mit unermüdlichem Eifer noch in der Wüste tätig gewesen sind? Die Ungeduld, bei diesen Ruinen anzukommen, ließ mich den Schritt des Kamels beschleunigen. Meine Erwartung hatte mich nicht getäuscht. Ich fand zu meiner großen Überraschung einen ägyptischen Tempel, teils gebaut, teils in den Fels gehauen, von gefälligen Maßen. Vier Säulen bilden eine Vorhalle. Innen ruht die Decke auf der gleichen Zahl von Pfeilern…
Die Mauern des Tempels sind mit Hieroglyphen in Relief bedeckt und gut erhalten, die Farben, mit denen sie bemalt sind, von erstaunlicher Frische…“ (Übersetzung nach Schott, a. a. O., S. 129)

In der Zwischenzeit, am 24. September 1818, wurde der Tempel auch vom italienischen Abenteurer Giovanni Battista Belzoni (1778–1823) auf seiner dritten Reise durch Ägypten aufgesucht.[8] Ihm folgten in den 1830er-Jahren der britische Ägyptologe John Gardner Wilkinson (1797–1875)[9] und 1841 Nestor L’Hôte (1804–1842), dessen Manuskripte in der Nationalbibliothek in Paris verwahrt werden. Vom 10. bis zum 12. Oktober 1843 wurde das Areal – und zwar nicht nur der Tempel – von der deutschen Ägypten-Expedition unter Leitung des Ägyptologen Karl Richard Lepsius (1810–1884) untersucht.[10]

1876 veröffentlichte der Ägyptologe Samuel Birch (1813 –1885) englische Übersetzungen von Inschriften im Tempel.[11] Zu den späteren Wissenschaftlern, die el-Kanāʾis aufgesucht und untersucht haben, gehören u. a. der russische Ägyptologe Wladimir Golénischeff (1856–1947) am 2. Januar 1889,[12] 1906 der britische Ägyptologe Arthur Weigall (1880–1934)[13] und 1918 die britischen Ägyptologen Battiscombe Gunn (1883 –1950) und Alan H. Gardiner (1879 –1963).[14] 1920 legte der französische Ägyptologe Henri Gauthier (1877–1950) erstmals eine vollständige Beschreibung des Tempels vor. In der Expedition unter Leitung des deutschen Ägyptologen Siegfried Schott (1897 –1971) wurde im März 1935 der Tempel vollständig fotografisch erfasst, und 1961 wurden die Ergebnisse mit einer Auswahl der Fotografien veröffentlicht.

Im Rahmen der VIII. Deutschen Inner-Afrikanischen Forschungsexpedition (DIAFE) unter Leitung des deutschen Ethnologen Leo Frobenius (1873–1938) wurden im Juni 1926 Felsbilder in el-Kanāʾis erfasst, aber erst 1974 vom tschechischen Ägyptologen Pavel Červíček (1942–2015) veröffentlicht. 1972 legte der französische Epigrafiker André Bernand (1923–2013) mit 92 editierten und kommentierten griechischen Inschriften die bisher umfangreichste Publikation über die Inschriften des Paneion von el-Kanāʾis vor. Diese Untersuchungen ergänzen die insbesondere von Lepsius und Weigall vorgelegten Ergebnisse.

Die archäologische Erforschung von el-Kanāʾis ist aber noch nicht abgeschlossen. Einzig der Tempel ist gut dokumentiert. Viele Inschriften, insbesondere aus arabischer Zeit, sind noch unbekannt. Auch gab es bisher keine archäologische Untersuchung der Festung in der Nähe des Brunnens.

Eine Anreise ist nicht nur von Edfu aus möglich, sondern auch von Luxor oder Assuan. Man erreicht Edfu über die Fernverkehrsstraße auf dem Ostufer und passiert den Bahnhof von Edfu.

Für die Weiterfahrt benötigt man aber ein Taxi oder einen PKW. Vom Bahnhofsgebäude in Edfu begibt man sich auf die nach Osten führende asphaltierte Fernverkehrsstraße 212 nach Marsā ʿAlam und erreicht nach etwa 51 Kilometern die archäologische Stätte von el-Kanāʾis. Der Fahrer oder eine Begleitperson können dabei helfen, dass der Wächter der Stätte einen Besuch ermöglicht. Die Fernverkehrsstraße wurde 2018 erneuert.

Unterwegs passiert man den versandeten Brunnen 1 Biʾr ʿAbbād, بئر عباد, und das 2 Grab des Sīdī ʿAbbād im gleichnamigen Tal Wādī ʿAbbād und das 3 Grab des Sīdī Abū Gihād (auch Sīdī Jihād). In seiner Nähe befindet sich auch eine alte römische Festung. Etwa sechs Kilometer östlich des genannten Brunnens zweigt nach Norden das 1 Wādī Schagāb, وادي شجاب, ab.

Sehenswürdigkeiten

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Die archäologische Stätte ist noch nicht für Besucher freigegeben. Sie wird bewacht. Man kann wenigstens vom Straßenrand einen Blick auf die archäologische Stätte werfen. Mit etwas Geschick kann man sich auch die zugänglichen Teile des Areals ansehen. Die innere Tempelhalle selbst ist verschlossen. Für ihre Besichtigung benötigt man eine Genehmigung des Supreme Council of Antiquities in Kairo und den Inspektor für diese Stätte samt Schlüssel. Das 4 Wächterhäuschen befindet sich im Westen des Areals.

Tempel Sethos’ I.

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Fassade des Tempels Sethos’ I.

Der um 1290 v. Chr. errichtete, dem Amun-Re und dem Horus von Edfu geweihte 1 Tempel Sethos’ I. – Thronname Men-maat-Re –, befindet sich am Fuß eines hohen Sandsteinfelsens und ist ein sog. Hemispeos, d. h., nur der hintere Teil mit der Pfeilerhalle und den drei Alleiheiligsten (Sanktuars) wurde aus dem Fels herausgeschlagen. Die Vorhalle (bzw. Portikus) im Norden mit ihren vier Säulen wurde aus Sandsteinblöcken unmittelbar davor errichtet. Die Bruchsteinmauer, die die Vorhalle heutzutage umgibt, ist erst neueren Datums. Auf frühen Fotografien fehlt sie.

Die Vorhalle ist etwa 7,30 Meter breit und reichlich 4 Meter tief. Ihre Rückwand mit den beiden Nischen für die Königsstatuen wurde im anstehenden Fels ausgeführt. Die einstigen Schrankenwände, die den vorderen Abschluss der Vorhalle bildeten und die Seitenwände mit den vorderen Säulen verbanden, fehlen bereits seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts. Man kann aber noch erkennen, dass es sie gegeben hat. Das Dach der Vorhalle besteht aus zwölf Sandsteinblöcken und ruht auf Architraven und den Seitenwänden. Die Architrave werden von Säulen mit Lotusknospenkapitellen und auf der linken Seite von einem fast undekorierten Pfeiler gestützt, der nach dem Bruch des Architravs nötig geworden war. Auf dem Pfosten der linken, östlichen Seitenwand befindet sich ein großer Falke mit unterägyptischer Krone und ein Graffito des Schreibers Smanacht aus Assuan und seines Sohnes Penpata.

Die Dekoration der Seitenwände ist ähnlich: auf der linken, östlichen Seitenwand erschlägt der König Sethos I. mit Doppelkrone im Beisein von Amun-Re von Karnak, Herr der Erde, der dem König einen Krummschwert (chepesch) reicht, vier erbärmliche nubische Fürsten, mit einer Keule. Genannt sind zehn Fürsten, der Fürst von Kusch und die Fürsten der Neun-Bogen-Völker, deren gefesselte Namenskartuschen von Amun-Re gehalten werden. Hinter dem König befindet sich seine ka-Standarte. Auf der gegenüber liegenden Wand erschlägt der König mit unterägyptischer Krone im Beisein von Horus von Edfu vier Fürsten der übrigen Fremdländer. Genannt sind acht syrische und libysche Stämme. An der Rückseite befinden sich Kolossalstatuen des Königs Sethos I. mit Doppelkrone, gekreuzten Armen, Wedel und Krummstab sowie Darstellungen des Königs beim Opfer. Auf der linken Rückwand opfert er Weihrauch an den Gott Re-Harachte im Brunnen des Men-Maat-Re, auf der rechten Seite seinen Thronnamen an Amun-Re im Brunnen des Men-Maat-Re. Die Säulen tragen Widmungsinschriften des Königs für Amun-Re, Horus von Edfu, Re-Harachte im Brunnen und Ptah im Brunnen, die Architrave Kartuschen des Königs und die Deckenplatten im Mittelgang gekrönte Geier mit ausgebreiteten Flügeln.

Zahlreiche Besucherinschriften künden von neuzeitlichen Besuchern und ihrer Unart, sich überall verewigen zu müssen. Dies sind z. B. der älteste Reisende Alixander 1534[5] und Frédéric Cailliaud 1816.

Die Innenhalle des Tempels ist dreischiffig, reichlich 6 Meter lang und 5,7 Meter breit. Je zwei aus dem Fels geschlagene quadratische Pfeiler tragen einen Architrav in Längsrichtung. Die Decke im Mittelschiff ist wieder mit gekrönten Geiern dekoriert. Jedes Schiff besitzt an seiner Rückwand eine Kapelle, in denen der König Sethos I. neben zwei Gottheiten thront. Die mittlere Kapelle ist größer als die Seitenkapellen und besitzt eine dreistufige Treppe, die zu ihr führt. In der mittleren Kapelle sind Sethos I. neben Amun und Horus zu sehen, in der linken Sethos I. neben Osiris und Ptah sowie in der rechten Sethos I. neben Isis und einem zerstörten Gott, wohl Amun-Re oder Horus. Zwischen den Kapellen befindet sich auf der Rückwand zur Linken Sethos I. mit einer Weihinschrift und auf der rechten Seite der König mit einem Weihrauch- und Libations-(Wasser-)Opfer.

An den Längswänden sind Opferdarstellungen des Königs zu sehen, deren Farben noch gut erhalten sind. Auf der linken bzw. Ostwand ist Sethos I. in drei Szenen zu sehen, wie er einen Blumenstrauß an den ithyphallischen Amun-Re und an Isis, Wein an den thronenden, falkenköpfigen Horus von Edfu und ein Bildnis der Göttin Maat an den thronenden Amun-Re opfert. Auf der gegenüber liegenden Seite ist Sethos I. in vier Szenen zu erkennen, wie er Amun-Re anbetet, Re-Harachte salbt, Weihrauch an Ptah und Sachmet sowie ein Bildnis der Maat an Osiris von Edfu und Isis, Herrin des Himmels, opfert. Am Südende beider Längswände befindet sich je eine leere und undekorierte Nische.

Auf allen vier Seiten der Pfeiler ist der König bei Opferhandlungen vor verschiedenen Gottheiten wie Amun-Re, Mut, Chons, Ptah, Isis, Osiris-Onnophris, Horus, Atum, Re-Harachte, Hathor und Nechbet dargestellt.

An der linken Laibung der Tür zur Innenhalle und an den beiden Eingangswänden befindet sich die bedeutende, über 38 Spalten reichende Tempelinschrift, in der Sethos I. den Anlass für die Brunnengrabung und die Tempelerrichtung nennt. Die rechte Türlaibung ist undekoriert, weil sie durch die einflügelige Tür verdeckt wurde.

Auf der linken Laibung preist der König natürlich seine Taten wie das erfolgreiche Graben eines Brunnens und die Errichtung des Tempels. Auf der linken Eingangswand folgen der König zur Linken und eine 14-spaltige Inschrift mit seiner Entscheidung zum Brunnenbau im neunten Regierungsjahr. Nach der Besichtigung der Goldminen hielt er mit seinem Herzen Rat, weil auf dem Weg zu den Minen kein Brunnen vorhanden war. Gott leitete ihn, einen geeigneten Platz für den Brunnen zu finden. Der neu gegrabene Brunnen führte reichlich Wasser. Wieder zu sich sprechend, betont der König seine Entschlossenheit und die Tatsache, dass Gott seinen Wunsch erfüllt hat. Als weitere Tat beschließt der König den Bau eines Tempels. All das war für die Ausstattung seines Hauses, seines Totentempels, in Abydos nötig. Die Besonderheit an diesem Text ist, dass er eins der wenigen Beispiele für eine Königsnovelle auf den Tempelwänden darstellt. In literarischer Form setzt der König seine göttliche Eingebung durch göttliche Leitung erfolgreich um.

Auf der rechten Wand regelt der König in einer 19-spaltigen Inschrift die Goldtransporte zu seinem Tempel in Abydos. Ewigen Lohn sichert er zukünftigen Königen und Beamten zu, die diese Goldtransporte fortsetzen, und verwünscht und droht mit Strafe all jenen, die sich an diesem Gold vergreifen.

Felsstelen

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Östlich vom Tempel befinden sich drei 5 Felsstelen aus pharaonischer Zeit. Die linke Stele zeigt im Oberteil Sethos I. zur Rechten, wie er Wein an Amun-Re, Mut, Re-Harachte, Osiris, Isis und Horus opfert. Darunter befindet sich eine Inschrift mit einem anbetenden Mann auf der rechten Seite, der Vorsteher der Stallungen und Führer der Goldtruppen ist, und einer Göttin, möglicherweise Astarte, zu Pferde zur Linken. Erst in den letzten Jahren wurde versucht, dieses Relief aus dem Felsen zu schlagen.

Auf der mittleren Stele ist der Vizekönig von Kush, Wagenlenker seiner Majestät und Anführer der Medjai-Truppen, Yuny/Yuni, dargestellt, wie er vor dem thronenden Sethos I. kniet. Die Medjai, ein Stamm in der Ostwüste, dienten den Ägyptern als Karawanenführer, Polizisten und Berufssoldaten.

Auf der rechten Stele ist im oberen Register ʿAnena, Führer der Goldtruppen, zu sehen, wie er den thronenden Horus von Edfu und den löwengestaltigen Horus, Herrn der Wüste, anbetet, darunter ein kniender, anbetender Brunnengräber vor einem Opfertisch, Ptah und Sachmet. Weiter rechts befand sich die Kartusche von Amenophis III.

Felsgraffiti

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An verschiedenen Stellen, hauptsächlich jedoch östlich der vorgenannten Felsstelen befinden sich zahlreiche 6 Felsinschriften, sog. Petroglyphen, aus altägyptischer und vorwiegend griechischer Zeit. Sie wurden von Reisenden, darunter Soldaten und Beamte, die hier nach langer, beschwerlicher Reise Rast einlegten, angefertigt. Die Felsbilder wurden üblicherweise aus dem Felsen gehämmert oder geschabt, während die Inschriften in den Felsen eingeritzt wurden.

Dies sind zum einen Darstellungen von Menschen, Symbolen, Schiffen und Booten sowie von Tieren wie Vögel, Elefanten, Kamele und Rinder. Die dargestellten Tiere stammen nicht aus der hiesigen Wüste und könnten von den Reisenden mitgeführt worden sein.

Die griechischen Inschriften wurden hier über einen Zeitraum von 400 bis 500 Jahren angebracht und stammen aus griechischer Zeit, seit Arsinoë II. Philadelphos um 279 v. Chr., bis in die frührömische, hadrianische Zeit, auch wenn Inschriften aus römischer Zeit sehr selten sind. Viele Inschriften richten sich an Pan, in denen ihm für die sichere Reise oder für die Errettung auf der Fahrt gedankt und um weiteren Schutz gebeten wurde. In einigen Inschriften wurden auch Dankopfer erwähnt. Die Herkunft der Reisenden bzw. Schreiber spielt hier keine bedeutende Rolle. So finden sich hier auch Inschriften von jüdisch-griechischen Reisenden.[15]

Nordöstlich des Tempels und südlich außerhalb der Siedlung befindet sich der 7 Brunnen, der etwa 55 Meter tief gegraben wurde. Ein Stein würde reichliche 3 Sekunden benötigen, um auf dem Boden aufzuschlagen. Es ist nicht bekannt, ob der Brunnen heute noch Wasser führt.

Die 8 befestigte Siedlung hat einen etwa elliptischen Grundriss und wurde wohl in griechischer Zeit angelegt. Dafür sprechen zum einen die zahlreichen Inschriften aus griechischer Zeit und die Tatsache, dass in römischer Zeit Rechteckgrundrisse für derartige Siedlungen zur Anwendung kamen.

Die Festung wurde von einer einst etwa reichlich drei Meter hohen, aus Bruchsteinen errichteten Mauer umgeben. Der einzige Zugang befand sich im Westen. Die Pfosten und Laibungen des Tors wurden aus Sandsteinblöcken errichtet. Das Tor besaß wohl eine einflügelige Tür, denn nur auf der Nordseite des Tordurchgangs befindet sich Loch für die Verriegelung mit einem Holzbalken.

Auch die Häuser und deren Zimmer wurden aus Bruchsteinen errichtet. Die meisten noch recht gut erhaltenen Überreste befinden sich heute im Westen und im Zentrum der Siedlung. Die Häuser dienten wohl hauptsächlich der Verwaltung und der Zubereitung von Speisen. Im Zentrum der Festung befindet sich ein großes, heute versandetes rechteckiges Becken, das mit Wasser gefüllt werden konnte.

Küche und Unterkunft

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Restaurants und Hotels findet man bereits im nahe gelegenen Edfu. Eine größere Auswahl gibt es in Luxor.

Ausflüge

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Auf der An- oder Rückreise kann man auch den Brunnen Biʾr ʿAbbād, das Grab des Scheichs Abū Gehād und die nahe gelegene römische Festung besichtigen.

In etwa 28 Kilometer Entfernung zu Edfu erreicht man den Abzweig zum nach Norden führenden Wādī Schagāb, وادي شجاب. Im Eingangsbereich, in Sichtweite zur Straße, über einer drei Meter hohen Plattform, die sich nur schwer erklimmen lässt, findet sich der Horusname des Königs Hor Wadj (Hor Wadji) in einem sog. Serech, einem Bildnis für den Palast mit der Palastfassade, auf dem ein Falkengott hockt, eingeschrieben: die Schlangenhieroglyphe. Es ist eins der wenigen archäologischen Zeugnisse für den 4. König der ersten Dynastie. Rechts daneben befinden sich noch zwei Hieroglyphen, nach Žába wohl ḥm-kꜢ, „Seelenpriester“.[16][17] Zur Orientierung empfiehlt es sich, eine Abbildung der Felsformation mitzuführen.

In der Nähe des Brunnens Biʾr Abū Riḥāl/Raḥāl gibt es einen Abzweig nach Berenike und weiter westlich bei Rōḍ el-Birām/el-Burām Abzweige nach Berenike, Qifṭ. Für eine Reise entlang der antiken Routen nach Berenike oder Qifṭ benötigt man nicht nur eine Expeditionsausstattung, sondern auch eine Genehmigung durch das ägyptische Militär.

Literatur

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Tempel Sethos’ I.

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  • Gauthier, Henri: Le temple de l'Ouâdi Mîyah (El Knaïs). In: Bulletin de l’Institut français d’archéologie orientale (BIFAO), ISSN 0255-0962, Bd.17 (1920), S.1–38, 20 Tafeln.
  • Schott, Siegfried: Kanais: Der Tempel Sethos I. im Wâdi Mia. In: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse, ISSN 0065-5287, Nr.6 (1961), S.123–189, 20 Tafeln.

Felsinschriften

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  • Bernand, André: Le Paneion d'El-Kanaïs: les inscriptions grecques. Leiden: E. J. Brill, 1972.
  • Červíček, Pavel: Felsbilder des Nord-Etbai, Oberägyptens und Unternubiens. Wiesbaden: Franz Steiner, 1974, Ergebnisse der Frobenius-Expeditionen; 16, S.56–62, Abb. 249–294.

Einzelnachweise

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  1. Hermann, Alfred: Die ägyptische Königsnovelle. Glückstadt; Hamburg: Augustin, 1938, Leipziger ägyptologische Studien; 10.
  2. Sidebotham, Steven E.; Zitterkopf, Ronald E.: Routes Through the Eastern Desert of Egypt. In: Expedition: the magazine of the University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology, ISSN 0014-4738, Bd.37,2 (1995), S.39–52, insbesondere S. 45–49, PDF.
  3. Plinius der Ältere, Naturgeschichte, 6. Buch, Kapitel 26, § 102. Z. B. Plinius Secundus, Gaius; Wittstein, G[eorg] C[hristoph] (Übers.): Die Naturgeschichte des Cajus Plinius Secundus; Bd.1: I - VI. Buch. Leipzig: Gressner & Schramm, 1881, S.453.
  4. Strabon, Erdgeschichte, 17. Buch, erstes Kapitel, § 45: Z. B. Strabo; Forbiger, [Albert] (Übers.): Strabo’s Erdbeschreibung; 4 = Bändchen 7: Buch 16 und 17. Berlin, Stuttgart: Langenscheidt, Krais & Hoffmann, 1860, Langenscheidtsche Bibliothek sämtlicher griechischen und römischen Klassiker; 55, S.126f.
  5. 1 2 Lepsius, Richard, Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien, Abth. VI, Band 12, Bl. 81.125.
  6. Cailliaud, Frédéric; Jomard, M. (Hrsg.): Voyage à l’Oasis de Thèbes et dans les déserts situés à l’Orient et à l’Occident de la Thébaïde fait pendant les années 1815, 1816, 1817 et 1818. Paris: Imprimerie royale, 1821, S.57f. (Bd. 1), Tafeln I–III. Digitalisat der Tafeln.
  7. Cailliaud, Frédéric: Voyage a Méroé, au fleuve blanc, au-delà de Fâzoql dans le midi du Royaume de Sennâr, a Syouah et dans cinq autres oasis …. Paris: Imprimerie Royale, 1826, S.278–280 (Textband 3). Auf Seite 279 nennt er den Namen des Tals.
  8. Belzoni, Giovanni Battista: Narrative Of The Operations And Recent Discoveries Within The Pyramids, Temples, Tombs, And Excavations, In Egypt And Nubia…. London: John Murray, 1820, S.305f., Tafeln 20, 33.3–4, 38.
  9. Wilkinson, John Gardner: Topography of Thebes, and general view of Egypt: being a short account of the principal objects worthy of notice in the valley of the Nile, …. London: Murray, 1835, S.420f.
  10. Lepsius, Richard, Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien, Textband IV, S. 75 –84; Abth. I, Band 2, Blatt 101 (Pläne); Abth. III, Band 6, Bl. 138.n‒o, 139, 140, 141.a–d (Darstellung der Reliefs); Abth. VI, Band 12, Bl. 81 (griechische Inschriften).
  11. Birch, Samuel [Übers.]: Inscriptions of the gold mines at Rhedesieh and Kuban. In: Records of the past: being English translations of the ancient monuments of Egypt and Western Asia, Bd.8 (1876), S.67–80.
  12. Golénischeff, Wladimir S.: Une excursion à Bérénice. In: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes (RecTrav), Bd.13 (1890), S.S. 75–96, 8 Tafeln, doi:10.11588/diglit.12258.11.
  13. Weigall, Arthur E[dward] P[earse]: A report on the so-called temple of Redesiyeh. In: Annales du Service des Antiquités de l’Egypte (ASAE), ISSN 1687-1510, Bd.9 (1908), S.71–84.Weigall, Arthur E[dward] P[earse]: Travels in the Upper Egyptian deserts. Edinburgh; London: Blackwood, 1909, S.141 –168, Tafeln XXV–XXXI. Kapitel VI: The temple of Wady Abâd. Mit der Darstellung von Felsbildern.
  14. Gunn, Battiscombe; Gardiner, Alan H.: New renderings of Egyptian texts. In: Journal of Egyptian archaeology (JEA), ISSN 0075-4234, Bd.4 (1917), S.241–251, insbesondere S. 250.
  15. Siehe z. B.: Kerkeslager, Allen: Jewish: Pilgrimage and Jewish Identity in Hellenistic and Early Roman Egypt. In: Frankfurter, David (Hrsg.): Pilgrimage and holy space in late antique Egypt. Leiden [u.a.]: Brill, 1998, ISBN 978-90-04-11127-1, S.S. 99–225, insbesondere 219f.
  16. Clère, Jacques Jean: Un graffito du roi Djet dans le Désert Arabique. In: Annales du Service des Antiquités de l’Egypte (ASAE), ISSN 1687-1510, Bd.38 (1938), S.85–93, Abb. 7 –9.
  17. Žába, Zbynĕk: The Rock Inscriptions of Lower Nubia (Czechoslovak Concession). Prague: [Universita Karlova], 1974, Publications/ Charles University of Prague, Czechoslovak Institute of Egyptology in Prague and in Cairo; 1, S.239–241, Tafeln CCXXVII–CCXXIX (Abb. 415–418). Inschrift A 30.
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