Benutzer:Eduard47/Reisebericht Mit HEINRICH nach Finnland
Einleitung
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Nachdem ich in diesem Jahr im März bereits mit der CONMAR GULF im Eis im Bottnischen Meerbusen und im Juni mit der KATHARINA SCHEPERS im Öresund unterwegs war, hätte es eigentlich für dieses Jahr genug sein müssen. Trotzdem machte ich mich noch einmal auf den Weg. Ich hatte zwar wieder gemeinsam mit Wolfgang Poddig diese Reise geplant, musste dann aber wieder absagen. Wolfgang blieb bei seinem Entschluss zu fahren. Erst am Freitag vor dem geplanten Termin habe ich dann doch noch buchen können ohne Wolfgang das zu verraten. Während er am Sonnabend in Bremerhaven eingestiegen ist, habe ich ihn dann am Montag in Hamburg überrascht.
Die HEINRICH SCHEPERS, ein baugleiches Schwesterschiff der KATHARINA SCHEPERS, gehört ebenfalls zur Reederei „HS Bereederungs GmbH & Co. KG“, kurz: HS Schiffahrt aus Haren an der Ems. Ich wusste also, was mich erwartet, wenngleich die geplante Route dieses Mal eine andere sein würde. Wir sollten in Finnland die Häfen Vuosaari, dem Frachthafen von Helsinki, und Kotka anlaufen, auf der Rückreise dann noch Bremerhaven. Sowohl bei der Hinreise wie auch bei der Rückfahrt war eine Passage durch den Nord-Ostsee-Kanal geplant.
Tag 1 (Montag, d. 28.08.2017) Start mit Hindernissen
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Mit dem Chiefmate habe ich mich abgestimmt, um 15:00 will ich an Bord sein. Da das Wetter wider Erwarten ausgesprochen gut ist, setze ich mich schon um 13:00 ins Auto um nach –erfahrungsgemäß– 40 Minuten am CTB (Container-Terminal-Burchardkai) zu sein. Kaum bin ich im Norden Hamburgs auf der Autobahn und schon steht der Verkehr. Kurz darauf folgt im Verkehrsfunk die Meldung, dass sich am Elbtunnel ein Unfall ereignet hat und sich ein 16 km langer Stau gebildet hat. Nur extrem langsam geht es voran, nach 2 ½ Stunden endlich komme ich am Gate des CTB an. Die schon bekannten Formalitäten sind schnell erledigt, neu ist ein notwendiger Anruf beim Schiff, um mein Erscheinen anzukündigen. Der Shuttle-Bus setzt mich an der Gangway ab –die HEINRICH SCHEPERS liegt am Athabaska-Kai, der Stromkaje unmittelbar an der Elbe–, der Wachmann bringt mein Gepäck in meine Kammer.
Auf der KATHARINA SCHEPERS hatte ich die kleinere Kammer Steuerbord-achtern, jetzt kann ich die wesentlich größere Kammer Steuerbord-vorn beziehen. Als erstes klopfe ich aber an Wolfgangs Kammertür und blicke in ein erstauntes Gesicht. Die Besatzung hatte tatsächlich nicht verraten, dass ich nun doch mitfahre. Beim 2. Offizier gebe ich meinen Pass ab, erfahre bei der Sicherheitseinweisung nichts wirklich Neues und richte mich in meiner Kammer häuslich ein.
Bei schönstem Sonnenschein genieße ich den Blick auf die Elbe und verfolge mit den Augen die vorüberziehenden Schiffe. Um 23:00 verholen wir zum Eurogate in den Waltershofer Hafen. Dabei erlebe ich Erstaunliches. Der Kapitän steuert das Schiff souverän rückwärts (!) vom bisherigen Liegeplatz an der Elbe bis zum neuen Liegeplatz am Eurogate. Dabei müssen wir bei der herrschenden Dunkelheit zwischen einigen Giganten hindurch, das ist zwar eng, aber es passt. Auf der Seite des CTB liegen die 400 m lange AL MURAYKH und die 369 m lange AL MURABBA, beim Eurogate wird die 275 m lange MSC KATYAYNI gerade noch von 2 Schleppern bei ihrem Anlegemanöver assistiert. Die 398 m lange EVELYN MAERSK hat hinter uns festgemacht. Wir mit unserem 151 m Länge kommen uns da fast wie ein Spielzeugschiff vor. Ich bin begeistert von den „Fahrkünsten“ des Kapitäns.
Tag 2 (Dienstag, d. 29.08.2017) Hafenrundfahrt und warten
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Pünktlich –wie gestern Abend schon angekündigt– wird um 06:30 die Hauptmaschine gestartet, und wir machen uns auf den Weg zum nächsten Liegeplatz am CTT (Container-Terminal-Tollerort), natürlich wieder ohne Schlepperhilfe. Bei Sonnenaufgang passieren wir noch einmal die Riesenpötte. Jetzt bei Tageslicht wirken die aber schon nicht mehr ganz so gewaltig.
Beim Frühstück –es gibt Eier „sunny side up“ mit gebratenem Speck– treffe ich zum ersten Mal die 19 jährige NOA (Nautische-Offiziersassistentin). Auch haben wir die Gelegenheit, dem Kapitän und dem Bootsmann (Bosun) zum heutigen Geburtstag zu gratulieren.
Aus dem Köhlbrand kommt gerade vom CTA (Contaier-Terminal-Altenwerder) der nächste Riese, die NYK EAGLE (364 m), auf ihrer Fahrt nach Antwerpen. Beim Einschwenken in den Vorhafen entdecke ich am Cruise-Terminal Steinwerder die QUEEN MARY 2. Wir drehen und machen am CTT fest. Während wir auf die Beladung warten, werden hinter uns 2 Bargen mit Containern beladen. Kurz darauf setzt sich der Schub-Schlepper SCH 2414 mit den beiden Bargen voraus in Bewegung Richtung Berlin.
Gegen Mittag beginnen auch bei uns die Beladearbeiten. Nach etwa 2 Stunden ist es damit allerdings schon wieder vorbei. An der Container-Verladebrücke ist ein Hydraulikschlauch geplatzt, nichts geht mehr. Auf dem Wasser allerdings herrscht Hochbetrieb. Eine Hafenrundfahrt nach der anderen kommt, um dann dicht an der QM2 vorbei den Touristen ein paar Märchen aufzutischen. Nicht umsonst nennt man die Hafenrundfahrtkapitäne „he lücht“ (er lügt). Bei traumhaften Sommerwetter genießen wir den Tag. Die Beladung kann nach etwa 2-stündiger Reparatur des Kranes fortgesetzt werden. Um 20:00 werden wir von einem gewaltigen Getöse hoch geschreckt. Die QM2 kündigt mit ihrem sonoren aber deshalb nicht weniger lautem Typhon an, dass sie sich nunmehr auf die Reise nach Southampton macht. Langsam gleiten die 345 m Stahl an uns vorbei und entziehen sich schließlich auf der Elbe unseren Blicken. Das Licht hat gerade noch gereicht ein paar Fotos zu schießen.
Trotz der Verzögerung durch den Schaden an der Containerbrücke wird man rechtzeitig fertig, und wir können wie geplant um 22:30 die Leinen los werfen und mit 7.800 ts Ladung und 8,10 m Tiefgang Richtung Finnland fahren. Doch vorher geht es noch ein paar Stunden über die Elbe bis Brunsbüttel, und dann kommt noch der Nord-Ostsee-Kanal.
Tag 3 (Mittwoch, d. 30.08.2017) Nord-Ostsee-Kanal und dann ab in die Ostsee
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Von den Schleusen in Brunsbüttel habe ich nichts mitbekommen, ich bin erst kurz vor der Lotsenstation Rüsterbergen wieder aufgewacht. In der Weiche Schülp begegnet uns die DELPHIS GDANSK, eines der neuen ganz großen Feederschiffe. Bei diesen muss aufgrund der begrenzten Durchfahrtshöhe der Kanalbrücken sogar der Hauptmast geklappt werden. Bei recht trüben Wetter und etwas Regen geht’s weiter Richtung Kiel-Holtenau. Die Schwebefähre in Rendsburg ist nach wie vor außer Betrieb. Sie war im Januar 2016 bei einem Zusammenstoß mit einem Frachtschiff schwer beschädigt worden. Um 11:00 haben wir die Schleusen in Holtenau erreicht. In der Südschleuse hat u. a. der Raddampfer FREYA festgemacht. Nach einem kleinen Einkauf im Shop auf der Mittelinsel der Schleusenanlage geht es weiter. Auch auf der Ostsee ist das Wetter nicht besser, schlechte Sicht, ca. 20°C, aber zum Glück kein Regen.
Die Geburtstagsparty für Kapitän und Bootsmann holen wir heute nach. Einige Besatzungsmitglieder haben schon am frühen Nachmittag den Grill auf dem Achterdeck in Betrieb genommen und bereiten beachtenswerte Fleischmengen vor. Anstatt Dinner gibt’s heute ein deftiges Barbeque. Da der Genuss von Alkohol an Bord prinzipiell nicht erlaubt ist, feiern wir mit Wasser und Säften. Das können auch Seeleute! Es geht erstaunlich gut.
Etwa um 20:00 verlassen wir an der Nordspitze von Rügen den Empfangsbereich aller Handynetze und stoßen vor in die Weiten der Ostsee.
Tag 4 (Donnerstag, d. 31.08.2017) Seetag
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Über Nacht sind wir ein gutes Stück vorangekommen. Mit konstant 16,3 Knoten haben wir es bis zur Südspitze Ölands geschafft. Der Wind hat etwas aufgefrischt, aber die Sonne scheint. Es ist immer noch T-Shirt-Wetter. So langsam tritt die Seetags-Routine ein, d.h. essen, lesen, an Deck spazieren gehen, der Crew bei ihrer Arbeit zusehen, essen usw. Nachdem wir auch die Südspitze von Gotland passiert haben, ändert sich unser Kurs mehr östlich. Die Wellen, die uns bisher lediglich geschoben haben, kommen jetzt schräg von achtern. Das Schiff rollt behäbig und krängt bis zu 8°. Zeitweise wird sogar das Deck überspült, ich hole mir beim Weg auf die Back nasse Füße. Gegen Abend lassen Wind und auch Seegang nach, es wird ein sehr ruhiger Abend und eine ruhige Nacht.
Tag 5 (Freitag, d. 01.09.2017) Vuosaari
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Schon um 05:00 sind wir im Hafen von Vuosaari, dem neuen Frachtschiffhafen, von Helsinki fest. Von der Einfahrt und den kleinen vorgelagerten Inseln habe ich nichts mitbekommen. Als dann um 07:00 die Entladearbeiten beginnen, werde ich unsanft geweckt. Direkt vor meinem Fenster werden die ersten Container mit kräftigem Getöse bewegt. Nach dem Frühstück steht die erste Entscheidung für den Tag an: An Bord bleiben oder nach Helsinki fahren? Draußen wechseln sich tief hängende schwarze Wolken, leichter Sprühregen und blauer Himmel ab. Es weht ein ungemütlicher Wind. Um 14:00 sollen wir zurück an Bord sein. All das lässt bei Wolfgang und mir den Entschluss reifen, nur einen kleinen Landgang zu machen. Wir fahren nur bis Vuosaari.
Vuosaari überrascht uns mit moderner Architektur. Industrieansiedlungen finden wir kaum, eine Ausnahme scheint der Hafen zu sein. Ansonsten erweckt der Ort eher den Anschein einer Schlafstadt, obwohl es ein Stadtteil von Helsinki ist. Wir bummeln durch den Ort, kaufen ein paar Kleinigkeiten im Shoppingcenter –nur ein paar kg, Wolfgang liebt finnischen Käse– sehen uns an der Marina und am menschenleeren Strand um. Als es etwas zu regnen beginnt, setzen wir uns wieder in den Bus und fahren zurück zum Hafen. Am Hansaterminal steht auch ein Shuttlebus bereit, wir kommen ohne jegliche Verzögerung wieder zum Schiff.
Ich bewaffne mich mit gelber Warnweste und Fotoapparat und streife entlang der Kaimauer und schieße noch ein paar Fotos. Die Containerverladung zieht sich hin. Nicht um 16:00 sondern erst um 19:00 können wir auslaufen. Das hätte gut für einen ausgedehnten Helsinkibesuch gereicht. Gern hätte ich mir die alte Markthalle, die Temppeliaukio-Kirche (Felsenkirche) und einiges andere angesehen. Bei einer Frachtschiffreise ist das aber leider nicht im Detail planbar.
Wir haben von Hamburg 7.800 ts Ladung mitgebracht, viel davon hier in Vuosaari entladen und einiges wieder neu geladen. Mit 7.500 ts machen wir uns auf den Weg nach Kotka. In der untergehenden Sonne –in Finnland ist es schon 20:00– fahren wir durch die Inselwelt. Im Zick-Zack vorbei an Inseln, die teilweise nur kleinen Steinhaufen gleichen, souverän vom Kapitän und Lotsen gesteuert. Wer hier nicht aufpasst, hat bzw. ist verloren. Der Himmel über Helsinki verfärbt sich glutrot, ein Farbenschauspiel wie es im Buche steht und so vermutlich nur auf See genossen werden kann. Im Laufe der Nacht reißt die Wolkendecke auf, zuvor kommt ein sternenklarer Himmel. Eine derartige Vielfalt an Sternen sieht man selten.
Der Weg nach Helsinki (und zurück)
BearbeitenEine kleine Wegbeschreibung
BearbeitenInnerhalb des Hafenbereichs dürfen wir wegen der Unfallgefahr nicht zu Fuß laufen. Der herbei gerufene –kostenfreie–Shuttle-Bus (Tel.-Nr. +358 40 129 37 45) bringt uns daher zum Gate (Hansaterminaali), dort können wir direkt vor dem –auch von Finnlines genutzten– Terminal in den Linienbus der Linie 90 steigen. Ddie Fahrkarten –Einzel- wie auch Tagekarten–gibt es beim Fahrer. Der Bus bringt uns in 11 Minuten bis zur Metrostation in Vuosaari. Von dort geht es weiter mit der Metro M1 (Fahrtrichtung: Ruoholahti) in 21 Minuten bis zum Hauptbahnhof. Schon ist man inmitten der Stadt. Zurück geht es in umgekehrter Richtung. Hier der Fahrplan.
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Bus 90 am Gate
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Metro Station Vuosaari
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Verkehrslinienplan
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Fahrplan
Tag 6 (Sonnabend, d. 02.09.2017) Kotka
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Als ich um kurz nach 07:00 aufwache, liegen wir schon lange fest in Kotka. Es herrscht eine herrliche Ruhe. Auch der Hafen schläft noch. Erst kurz nach 08:00 fangen eine Containerbrücke und mehrere Vancarrier –das sind die einer Giraffe ähnlichen Containertransportfahrzeuge– an zu arbeiten und entladen einen Teil der mitgebrachten Container. Nach dem Frühstück bestellt uns ein hilfsbereiter Stauereimitarbeiter ein Taxi, um Kotka zu erkunden. Das Taxi holt uns direkt am Schiff ab und bringt uns für 20,- € bis ins Zentrum der ostfinnischen Hafenstadt. Wir bummeln durch die Straßen und Parks bis zum wirklich sehenswerten Schifffahrtsmuseum. Im Einkaufszentrum Passat gönnen wir uns einen Kaffee, die orthodoxe St Nicholas-Kirche und die Stadtkirche sind verschlossen, ebenso das Touristbüro. Auf dem Marktplatz verkaufen einige Händler frisches Obst und Gemüse, übergangslos bieten andere auf einem kleinen Flohmarkt mehr oder weniger Nützliches an. Am Bahnhof kommt gerade ein Triebwagen mit ein paar Reisenden an. Wir bewundern im Stadtgebiet diverse interessante Skulpturen und Ehrenmale. Wir gehen zurück ins Zentrum, ein Taxi bringt uns wieder bis an die Gangway. Während gestern in Vuosaari der Eintritt in den Hafenbereich vom Linienbus zum Shuttle ohne jegliche Kontrolle verlief, werden hier in Kotka am Gate die Pässe und die Passagierliste ausgiebig geprüft. Den ISPS-Vorschriften sei Dank. Draußen tickt das Taxameter.
Um 18:00 setzt der Hafenbetrieb eine zweite Containerbrücke ein. So können wir um 21:00 jetzt mit insgesamt 9.155 ts Ladung auslaufen. Auch hier in Kotka muss der Kapitän die HEINRICH SCHEPERS rückwärts aus dem Hafenbecken heraussteuern, um dann unmittelbar davor „auf dem Teller“ zu drehen.
Tag 7 (Sonntag, d. 03.09.2017) Seetag
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Der Wind hat wie angekündigt auf 17 - 18 m/s –das entspricht Windstärke 7– aufgefrischt und schiebt uns mit 15 kn westwärts. Die von achtern anrollenden Wellen mit leichten Schaumkämmen (Seegang 6) bringen das Schiff zum Rollen, es kränkt bis zu 11°, was allerdings nicht unangenehm ist. Wir überholen einige andere Frachter, auch die bewegen sich teilweise heftig in den Wellen. Der 89 m langen ANNA LEHMANN der Reederei Hans Lehmann aus Lübeck sieht man ihre Ladung nicht an, sie hat keine Container an Deck und ist dennoch voll beladen. Auch der Tanker RAMONA ist voll beladen auf dem Weg westwärts. Auf den Containern befördern wir einen kleinen Vogel als „blinden Passagier“. Ansonsten herrscht an Bord allgemeine „Seetagsroutine“. Zum Dinner serviert der Cookie eine gut belegte, selbst gebackene Pizza, als Dessert eine große Portion Eis. Im Laufe des Nachmittags lässt der Wind nach, dafür setzt jetzt Regen ein. Das Rollen wird weniger, es folgt eine ruhige Nacht.
Tag 8 (Montag, d. 04.09.2017) An Backbord liegt Laboe voraus
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Es regnet immer noch. Die Wellen –obwohl weitaus niedriger als gestern– rollen jetzt von der Seite an und versetzen dem Schiff immer mal wieder einen Schlag, so dass es sich etwas schüttelt. Das ist weit unangenehmer als das Rollen. Wir fahren nach wie vor nur mit 15 kn Richtung Kiel. Die COSTA MEDITERRANEA auf Ihrem Weg nach Kopenhagen überholt uns an der Nordspitze von Bornholm. Wir nähern uns der Kadetrinne, der engsten Stelle des Fahrwassers zwischen Dänemark und Deutschland. Vom Agenten der Reederei erhalten wir die Nachricht, dass unser Liegeplatz in Bremerhaven am Dienstag und Mittwoch besetzt sein wird und wir erst am Mittwochabend dort anlegen können. Wir müssen also voraussichtlich nördlich von Wangerooge vor Anker gehen. Der Kapitän verringert unsere Geschwindigkeit auf etwa 9 kn. Das ändert zwar nichts an den zugewiesenen Zeiten in Bremerhaven, der Treibstoffverbrauch allerdings sinkt. Die Crew beschäftigt sich mit Deckwaschen.
Die geringe Geschwindigkeit hat aber auch für uns positive Erscheinungen. Wir werden von vielen Schiffen überholt, das ergibt eine Menge Fotomotive. Da zwischenzeitlich wieder die Sonne zum Vorschein gekommen ist und der Wind nur noch mit 7 m/s (=4 Bft) bläst, kann man sich gut an Deck aufhalten. Querab von Fehmarn überrascht uns mal wieder ein toller Sonnenuntergang. Die Windräder eines Windparks scheinen zu glühen.
Tag 9 (Dienstag, d. 05.09.2017) Nord-Ostsee-Kanal bis Wangerooge
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Um 02:00 passieren wir die Schleuse in Kiel-Holtenau. Aufgrund der bestehenden Vorschriften darf im Kanal nur mit einer Geschwindigkeit von 8,5 kn gefahren werden. Als ich um 07:00 aufwache, durchfahren wir gerade im Morgengrauen eine Nebelbank. Wäre ich schnell genug gewesen, hätte es ein paar tolle Fotos geben können. An Deck angekommen, sehe ich die Nebelbank nur noch wie einen Wattebausch über dem Kanal hinter uns liegen. Es bleibt aber neblig, die Sonne lässt sich nur selten blicken. Diverse Radfahrer begleiten uns auf der NOK-Route. Reger Schiffsverkehr entschädigt uns aber. Foto- und Videokamera laufen sich heiß. Mittags haben wir Brunsbüttel erreicht. Von der Kommandobrücke bietet sich ein ausgezeichneter Einblick in den Ort. Während der Schleusung gehe ich schnell an Land und fotografiere das Schiff von außen. Auf den verglasten Aussichtsplattformen beobachten viele Zuschauer den Schleusenvorgang. Das Essen hat mir während dessen unser Cookie warm gestellt.
Auf der Elbe begegnet uns dann u. a. die Fähre SAAREMAA, (ein Schwesterschiff der GRETE) die nach einer Zwangspause wegen Insolvenz seit Himmelfahrt 2017 wieder zwischen Cuxhaven und Brunsbüttel pendelt. An Bord befindet sich auch einer unserer Bekannten, der ebenfalls bereits diverse Frachtschiffreisen unternommen hat. Seine Webseite ist sehenswert, sie enthält eine Menge Infos und Reiseberichte. Da viele Menschen an Deck der Fähre stehen, können wir ihn leider nicht ausmachen. Nach einer ruhigen Fahrt vorbei an Cuxhaven passieren wir dann die zu Hamburg gehörende Inseln Neuwerk und Scharhörn. Sie sind allerdings im Dunst nur schemenhaft zu erkennen. Der Lotse verlässt uns, und um 17:00 sind wir nördlich von Wangerooge auf der „Reede Neue Weser Nord“ und werfen Anker. Gern hätte ich jetzt einen kleinen Ausflug auf die Insel gemacht, aber die Entfernung ist noch so groß, dass man das Eiland bei der z. Zt. herrschenden schlechten Sicht nicht einmal erahnen kann. Ein Shuttle-Service der Kurverwaltung gibt es leider auch nicht.
Da in Bremerhaven alle Liegeplätze belegt sind, müssen wir hier jetzt gemeinsam mit etwa 20 weiteren Schiffen bis Mittwochabend ausharren. Die Filipinos vertreiben sich die Zeit mit angeln. Die Ausbeute ist jedoch recht dürftig und würde wohl kaum einen der Angler satt machen.
Tag 10 (Mittwoch, d. 06.09.2017) Von Wangerooge abends nach Bremerhaven
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Über Nacht haben einige der wartenden Schiffe ihren Ankerplatz verlassen und sind vermutlich nach Bremerhaven eingelaufen. Für uns heißt es immer noch: warten! Das Wetter ist umgeschlagen. Gestern Abend war es neblig bei 20°C, heute Morgen ist es merklich abgekühlt und es regnet. Der Regen hört zwar schon recht bald wieder auf, dafür frischt der Wind im Laufe des Nachmittags erheblich bis auf Windstärke 8 bis 9 auf. Es bildet sich erstaunlich schnell eine ansehnliche Dünung mit Wellenhöhen bis zu 5 m die kleineren Schiffen erheblich zu schaffen macht.
Die Abfahrtszeit Richtung Bremerhaven wird mehrfach verschoben, um 21:30 heißt es dann „Anker auf“. Gemeinsam mit der CONMAR ELBE laufen wir in die Weser ein.
Tag 11 (Donnerstag, d. 07.09.2017) Piraten am Ende der Seereise
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Um 01:00 sind wir fest an der Stromkaje in Bremerhaven. Uns wurde der letzte Liegeplatz am Ende des Containerterminals zugewiesen. Diese letzten Liegeplätze entstanden erst 2008 bei einer Erweiterung des Terminals. Um diese zu schaffen, mussten gewaltige Mengen Erde bewegt werden und die Mündung des Grauwallkanals verlegt werden. Mit den kleinen Ortschaften Weddewarden, Imsum und Wremen mit seinem idyllischen Fischerhafen musste eine Vereinbarung getroffen werden, u. a. da man hier eine Beeinträchtigung der Qualität als Urlaubsort befürchtete. Es entstand mit 4.930 m die längste Stromkaje Europas.
Wegen der „Immigration“-Vorschriften muss Wolfgang Poddig etwa eine Stunde warten bis die Polizei ihm erlaubt, wieder nach Deutschland einzureisen. Dabei hatte er die EU und die Mitgliedsstaaten des Schengenabkommens nie verlassen. Schließlich darf er es doch und kann seine Heimfahrt mit dem PKW antreten.
Auf der Weser herrscht reger Schiffsverkehr. Aufgrund des günstigen Liegeplatzes muss jedes Schiff an uns vorbei, egal wohin es will. Als erstes kommt schon zur Frühstückszeit der Kreuzfahrer ALBATROS, kurz danach die ARTANIA vorbei. In der Ferne erkenne ich am CruiseCenter Columbuskaje noch die COSTA MAGICA und die AMADEA. Der recht schlanken, ansehnlichen ARTANIA folgt ein unförmiges schwimmendes Parkhaus, der Autotransporter POLARIS-HIGHWAY. Direkt hinter uns hatte die 133 m lange und 19,2 m breite CONMAR ELBE vor der 398 m langen und 59 m breiten MSC ERICA festgemacht. Der Größenunterschied wird einem erst bei der direkten „Gegenüberstellung“ bewusst.
Um 10:00 sind die Ladearbeiten abgeschlossen, und wir machen uns auf den letzten Abschnitt der Reise. Die Stauerei holt mit ihrem „Einhorn“ wieder die Gangway ab, der Schlepper BUGSIER 17 assistiert uns beim Ablegemanöver wegen des auflandigen Windes. Vor uns läuft die RUMBA auf ihrer Reise in die norwegischen Fjorde aus. Bald passieren wir den kleinen Badeort Wremen. Nach fast einer Stunde rasen plötzlich 8 schwarz vermummte Gestalten mit einem Schlauchboot auf uns zu. Der erste Gedanke ist ein Piratenüberfall, das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die Bundespolizei hält –natürlich mit vorheriger Rücksprache mit dem Kapitän– eine Übung ab. Mehrfach werden wir auf Steuerbord- wie auch auf Backbordseite von den Maskierten „angegriffen“.
In Höhe der Reede Neue Weser Nord verlässt uns der Weserlotse. Anstatt von dem Lotsentender WANGEROOG wird er von dem kleinen, nicht minder schnellen Boot HUNTE zum Lotsenmutterschiff gebracht. Nach erneuten Lotsenwechseln führen uns der Seelotse und anschließend der Elblotse vorbei an Neuwerk, Cuxhaven und Glückstadt bis nach Hamburg. Bei Glückstadt quert die Elbfähre ERNST STURM unseren Kurs und verschwindet hinter der Elbinsel Rhinplate. In Höhe von Kollmar überholen wir die 366 m lange COSCO ITALY. Um 19:00 sind wir in Hamburg am Athabaskakai fest. Bevor ich jedoch von Bord gehen kann, muss ich noch die Immigration-Prozedur abwarten. Langsam wird es Abend, die Lichter gehen an. Hamburg feiert an diesem Wochenende die Cruise-Days und den BluePort. Viele Gebäude, Schiffe und auch Hafenanlagen leuchten blau, so auch die Containerbrücken. Als dann die Beamten um 21:00 immer noch nicht an Bord sind, entscheidet der Kapitän zu meinen Gunsten. Ich kann mich ohne Prüfung meiner Identität auf den Heimweg machen.
Rundgang durch die Maschine
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Den üblichen Rundgang durch den Maschinenraum habe ich auf dieser Reise ausfallen lassen. Die HEINRICH SCHEPERS ist ein Schwesterschiff der KATHARINA SCHEPERS, mit der ich im Juni 2017 eine Reise durch den Öresund unternommen hatte. Die Maschinenanlagen sind identisch, ein Fotobericht ist in meinem Reisebericht Mit KATHARINA in den Öresund enthalten.
Resümee
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Diese Reise war so, wie ich sie erwartet hatte. Das Schiff –wie schon die KATHARINA SCHEPERS– im einem hervorragendem Zustand: sauber, gepflegt, mit einer sehr angenehmen Besatzung. Die Verpflegung war in Ordnung. Die Betreuung im Vorwege der Reise war wieder ausgesprochen nett, sympathisch und kompetent. Das Wetter anfänglich super, im weiteren Verlauf akzeptabel. Also alles in allem: Eine rundum gelungene Reise!
Hier eine kleine Zusammenstellung der an Bord der HEINRICH SCHEPERS zurück gelegten Strecken:
von | nach | Seemeilen | Kilometer | Fahrzeit (Std) |
---|---|---|---|---|
Hamburg | Brunsbüttel-Schleuse | 37 | 68,5 | 4:00 |
Brunsbüttel-Schleuse | Kiel-Schleuse | 54 | 100 | 8:30 |
Kiel-Schleuse | Vuosaari | 639 | 1183 | 41:30 |
Vuosaari | Kotka | 76 | 140,8 | 5:30 |
Kotka | Brunsbüttel-Schleuse | 751 | 1391 | 63:00 |
Brunsbüttel-Schleuse | Bremerhaven-Stromkaje | 85 | 157 | 8:30 |
Bremerhaven-Stromkaje | Hamburg | 120 | 222 | 9:00 |
Gesamt | 1762 | 3263 | 140:00 |
Noch was Wichtiges
BearbeitenParallel zu diesem Reisebericht hat Wolfgang Poddig auch über diese Reise einen hervorragenden Videobericht verfasst. In diesem kommt die Ruhe ganz besonders gut zur Geltung, die für eine Frachtschiffreise typisch ist. Es lohnt sich wirklich, diesen auf seiner Website oder direkt bei YouTube anzusehen.
Hauptdaten des Schiffes
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Bezeichnung | allgemeine Daten | Bezeichnung | technische Daten |
---|---|---|---|
Name | HEINRICH SCHEPERS (Fotosammlung) |
Länge | 151,74 m |
Flagge | Zypern | Breite | 23,40 m |
Heimathafen | Limassol | Max. Tiefgang | 8,00 m |
IMO-Nr. | 9584475 | Max. Geschwindigkeit | 18 kn |
Rufzeichen | 5BVN3 | Tragfähigkeit (DWT) | 10.600 t |
Reederei | HS – Schiffahrt, Haren (Ems) | Max. Kapazität | 1.036 TEU |
Indienststellung | 20.01.2012 | - davon Kühlcontainer | 250 TEU |
Bauwerft | Sainty Shipbuilding, Jiangdu, China | Hauptmaschine | MAN 8L 48/60 B (4-Takt) |
- Bautyp / -Nr. | SSW SUPER 1000 / 07STIG236 | - Leistung | 9.000 kW ≜ 12.228 PS |
Eisklasse | E3 = 1 A | Hilfsdiesel | 3 Stück, je 550 kW |
Aktueller Standort | Marinetraffic | Wellengenerator | 1.800 kW |