Yungas-Straße
Yungas-Straße | |
Länge 103 Kilometer |
Yungas-Straße | |
Provinz | Yungas |
---|---|
Einwohnerzahl | |
Höhe | |
Yungas-Straße |
Als gefährlichste Straße der Welt gilt die Yungas-Straße oder Todesstraße (spanisch: camino de la muerte, offiziell: Camino a los Yungas) in Bolivien zwischen La Paz und Coroico auf einer Strecke von 103 km. Sie ist eine Teilstrecke der Ruta 3 (), die von La Paz in nordöstlicher Richtung über 602 km nach Trinidad (Bolivien) führt.
Hintergrund
Bearbeiten„Yungas“ stammt aus der Quetschua-Sprache und bedeutet „Gebiet mit ungesundem, heiß-feuchtem Klima“, klimatologisch also die montane Bergwaldstufe. In diesem Terrain befindet sich die Yungas- oder Todesstraße. Die Einstufung als „Todesstraße“ erfolgte 1955 durch die Interamerikanische Entwicklungsbank, weil sich hier jährlich etwa 350 Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang ereigneten.[1] Durchschnittlich gab es jährlich 209 Unfälle mit 96 Toten.[2]
Bolivien liegt größtenteils auf der Hochebene der Anden (spanisch: altiplano) und hat 3780 benannte Berge. Durch einen Teil dieser Berglandschaft verläuft die Yungas-Straße.
Geschichte
BearbeitenIhr Name rührt wohl weniger aus dieser Unfallintensität, sondern vielmehr von den fast 10000 Straßenbauarbeitern her, die als Kriegsgefangene aus Paraguay während des Chacokrieges zwischen Juni 1932 und September 1935 am Bau der Straße eingesetzt wurden und zu Tode kamen. Sie haben dazu Steilabhänge gesprengt und eine schmale Schotterpiste angelegt. Aufgrund ihrer steilen Hänge mit einer Breite für lediglich eine Fahrspur (stellenweise 3,20 m) und dem Fehlen von Leitplanken war diese Straße extrem gefährlich. Im Jahr 1983 war die höchste Zahl von 320 Unfalltoten zu verzeichnen, darunter alleine 100 Tote bei einem Busunglück. Im August 1998 wurde die Ruta Nacional 3 in das offizielle Straßennetz Boliviens aufgenommen. In jenem Jahr begann das „Deadth road biking“ auf der alten Strecke, wobei maximal 25 Tote jährlich zu beklagen waren.
Der gefährlichste Teilabschnitt wurde ab 2004 asphaltiert, verbunden mit einer teilweisen Neutrassierung durch günstigere Topografien. Denn ab Kilometer 54 ersetzt ein kompletter Straßen-Neubau (in obiger Karte grün) die bisherige alte Route (in obiger Karte rot), der nur geringfügig länger als der ursprüngliche Straßenverlauf ist, aber deutlich weniger gefährlich als dieser. Diese im Februar 2007 eingeweihte Straße hat das Unfallrisiko erheblich gesenkt.
Reisevorbereitung
BearbeitenHauptreisezeit ist die Trockenzeit zwischen Juni und September. In großer Höhe kann es auch in diesem Zeitraum zu heftigen Schneefällen kommen. Da sich das Reiseziel in extremen Höhen von über 4000 Metern befindet, ist das Hauptproblem für den Reisenden die altersunabhängige Höhenkrankheit. Symptome sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Brechreiz, aber auch Atemnot, Kraftlosigkeit, Schwindelgefühle, kurze Blackouts oder Müdigkeit. In der Höhe wird auch ohne jede körperliche Anstrengung schneller geatmet, um die mangelnde Sauerstoffkonzentration auszugleichen. Die körpereigene Atemregulation wirkt dieser nicht entgegen, da sie vornehmlich auf den Kohlendioxidgehalt – den stärksten Atemantrieb des Blutes – reagiert. Zur Akklimatisation kommt es nur, wenn der Körper mehr rote Blutkörperchen produziert. Es braucht zwei bis drei Tage, bis der Anteil der roten Blutkörperchen so erhöht ist, dass auch einfachste Tätigkeiten wie Gehen ohne sofortige Erschöpfung durchgeführt werden können. Das Kauen von Coca-Blättern oder das Trinken von Coca-Tee verbessert ebenfalls die Akklimatisation, weil die Blätter nachweislich auch für eine bessere Sauerstoff-Aufnahme im Körper sorgen. Wegen des geringen Kokain-Gehalts von lediglich maximal 2 % ist eine Suchtgefahr ausgeschlossen.[3]
Es ist stets viel Wasser zu trinken, sich so wenig wie möglich anzustrengen und keinesfalls Alkohol oder Kaffee zu trinken. Bei ersten Symptomen der Höhenkrankheit sollte ein Arzt in La Paz aufgesucht werden, auf der Strecke ist die Versorgungslage schlecht. Sollten mögliche Symptome nach den ersten Tagen nicht abgeklungen sein, muss eine vorzeitige Abreise in Betracht gezogen werden, da sich die Situation sonst weiter verschlimmern kann.
Anreise
BearbeitenDie beste Anreise erfolgt über den Flughafen von La Paz, genannt El Alto (spanisch: „Die Höhe“), der mit 4061 m Höhe der zweithöchst gelegene Flughafen der Welt ist:
- 1 El Alto International Airport (IATA: LPB)
Der Anreiseort La Paz ist hervorragend geeignet, um sich gegen die Höhenkrankheit zu akklimatisieren, wofür zwei bis drei Tage erforderlich sind. Am ersten Tag nach der Ankunft sollte man weitere Ausflüge vermeiden und möglichst auch zunächst nicht duschen, um einen Kreislaufkollaps zu vermeiden.
Region
BearbeitenDie Yungas-Straße befindet sich in der Region Nor Yungas.
Streckenverlauf
BearbeitenDie Ruta Nacional 3 beginnt in La Paz mit einer durchschnittlichen Höhe von 3600 m und führt nach 23 km hinauf auf den Bergpass La Cumbre auf 4670 m. Von dieser höchsten Stelle der Ruta Nacional 3 beginnt der Abstieg von 3600 Höhenmetern auf einer Strecke von 64 km.
Übersicht
BearbeitenDie 1 Bolivia Route 3 () führt von La Paz aus in Richtung Nordost nach Trinidad.
Ort | Entfernung in km |
---|---|
La Paz | 0 |
La Cumbre-Bergpass | 23 |
Cotapata | 16 |
San-Rafael-Tunnel | 19 |
Pacollo | 35 |
Coroico | 14 |
Gesamtsatrecke | 107 |
Der auf der alten Ruta 3 liegende Endort der Todesstraße, Coroico, kann nicht mehr direkt über die neu trassierte Ruta 3 erreicht werden. Dazu ist erforderlich, an der Yolosa-Brücke (spanisch: Puente Yolosa) auf die Ruta Nacional abzubiegen, die über 14 kurvenreiche Kilometer nach Coroico führt.
Einzelheiten
BearbeitenDer 2 Camino a los Yungas ist die erste Teilstrecke der in La Paz beginnenden Ruta 3:
- 1 La Paz ist der Regierungssitz Boliviens und wurde am 20. Oktober 1548 gegründet. Die Großstadt mit 2,9 Mill. Einwohnern liegt durchschnittlich 3640 m hoch. Die Ruta Nacional beginnt in La Paz an der Avenida Balthazar de Salas (3360 m hoch). Gleich östlich von La Paz beginnt die gebirgige, karge und unbesiedelte Region, durch welche sich die Ruta Nacional 3 hindurchschlängelt.
- 1 La Cumbre-Bergpass 4670 m hoher Bergpass des 4964 m hohen Mount Valenciana. Der Bergpass ist die höchste Stelle der gesamten Ruta 3.
- 2 Unduavi das Dorf hat 80 Einwohner und liegt 3517 m hoch; östlich vom Ort befindet sich der Abzweig zur alten Todesstraße.
- 3 Cotapata-Pongo 34 Einwohner, 3196 m hoch. Hier befindet sich ein Drogen-Kontrollpunkt, da sich in dieser Gegend – übrigens legale – Kokain-Plantagen befinden.
- 2 San Rafael Tunnel (Túnel San Rafael) 1374 m lang und damit der längste Tunnel Boliviens, er liegt auf einer Höhe zwischen 2845 und 2942 m und wurde bis 2004 im Zuge der Neutrassierung der Ruta 3 gebaut. Richtung Coroico beginnen nördlich des Tunnels die eigentlichen spitzkehrigen Serpentinen an steilen Abhängen mit bis zu 2000 m Tiefe. Auf der rechten Seite befinden sich steil aufragende Felswände, so dass auf der neuen Straße mit Geröll- oder Schneelawinen gerechnet werden muss. Es folgt die.
- 4 Chuspipata hat 98 Einwohner und liegt 2996 m hoch. Hier beginnt die Fahrradroute auf der alten Todesstraße.
- 3 Puente Once Ciento Cuarenta y Tres. deutsch: „Brücke 1143“ ist eine Talbrücke, nach der sich die kurvenreiche Serpentinen-Strecke fortsetzt bis.
- 5 Pacollo 241 Einwohner, liegt nur noch 1234 m hoch. Nordöstlich des Ortes folgt der Abzweig zur Ruta Nacional (), sie führt in 14 kurvenreichen Kilometern nach.
Bilder
Bearbeiten- Verlauf der alten Yungas-Straße
- Detail der alten Yungas-Straße
- Die alte Yungas-Straße hatte das Attribut „Todesstraße“ wirklich verdient
- Straßenläden bei Unduavi
- Die neue Yungs-Straße bei Cotapata-Pongo
- Drogen-Kontrollpunkt bei Cotapata-Pongo
- Einfahrt in den San Rafael-Tunnel
- Die Ruta 40 südlich von Coroico
- Coroico mit Blick auf die Serpentinen
Ausflüge
Bearbeiten- 3 Cotapata-Nationalpark (Parque Nacional y Área Natural de Manejo Integrado Cotapata) ein 613 km² großer, 1993 gegründeter Nationalpark nördlich von Cotapata-Pongo.
- 7 Yolosa das Dorf hat 100 Einwohner und liegt 6 km südlich von Coroico. Für einige Mountainbike-Vermieter endet hier die alte „Todesstraße“. In Yolosa lohnt ein Ausflug zur.
- 1 La Senda Verde (Refugio de Vida Silvestre Senda Verde) eine 2003 errichtete NGO-Tierauffangstation, die 75 endemische Tierarten der Yunga und Südamerikas pflegt.
Aktivitäten
BearbeitenFür Wandern und Fahrradfahren muss man vorher an das Höhenklima akklimatisiert sein. Beide – in dieser Region nicht ungefährlichen – Aktivitäten werden durch eine Vielzahl von Tour-Betreibern mit professioneller Sportausrüstung angeboten.
Die neue Straße ist mautpflichtig, vollständig asphaltiert, zweispurig ausgebaut und besitzt Leitplanken. Steilabhänge wurden während des Straßenbaus weitgehend vermieden. Auf der Strecke ist auch der Güterverkehr unterwegs, sie kann mit normalem Pkw befahren werden. Auch Fahrradfahrer nutzen die neue Strecke. Die Höchstgeschwindigkeit liegt meist bei 30 km/h bei häufigem Überholverbot wegen der vielen unübersichtlichen Kurven. Hier besteht – im Gegensatz zur alten Straße – Rechtsverkehr. Heftige Schneefälle können die neue Straße auch zwischen Juni und September – also der günstigsten Reisezeit – unbefahrbar machen. Sie ist zwar ganzjährig offen, doch wird sie wegen der enormen Schneefälle oft tagelang nicht geräumt. Durch die modifizierte Trassierung gibt es keine direkte Verbindung mehr mit Coroico. Stattdessen biegt nordöstlich von Pacollo die Ruta Nacional Richtung Coroico ab.
Die alte Todesstraße zwischen Chuspipata und Yolosa ist gerade wegen ihrer Gefährlichkeit ein Touristenziel, darf aber seit Februar 2007 nur noch von Touristen mit leichten Fahrzeugen wie Fahrrädern und Begleitfahrzeugen genutzt werden. Häufig werden hierauf Fahrradtouren, vor allem von Mountainbikern, organisiert. Die üble Schotterpiste wird von zahlreichen Kreuzen für die früheren Verkehrstoten gesäumt. Auf den unübersichtlichen Passagen der alten Todesstraße herrscht für alle Fahrzeuge (auch Fahrräder) Linksverkehr, auch wenn in Bolivien allgemein Rechtsverkehr besteht. Der Grund liegt darin, dass früher der Autofahrer links saß und beim Blick aus dem Fenster leichter feststellen konnte, wo der Abgrund beginnt. Vorfahrt auf der maximal vier Meter breiten Schotterpiste hat stets das bergauf fahrende Fahrzeug. Wer aus La Paz anreist, muss also dem Gegenverkehr Vorfahrt gewähren. Wasserfälle und Bäche kreuzen die Straße, Steinschlag und Erdrutsche kommen nicht selten vor. Darüber hinaus sind Regen und Nebel in der Gegend üblich, welche die Sicht erheblich einschränken. In der Regenzeit zwischen September und April verschärft sich das Unfallrisiko erheblich.
Sicherheit
BearbeitenSiehe auch: Sicher reisen
Siehe auch: Bolivien#Sicherheit
Die Höhenkrankheit kann bei Autofahrten die Konzentration bis hin zum Blackout senken, was gerade bei dieser kurven- und serpentinenreichen Strecke – die höchste Konzentration erfordert – Lebensgefahr bedeutet. Auch Verbesserungen der Trasse dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass immer noch eine hohe Unfallgefahr besteht. Deshalb ist es ratsam, dass sich nur absolut sichere und vollständig akklimatisierte Fahrer mit Mut zum Risiko auf diese Strecke wagen sollten.
Die Fahrt auf der neuen Trasse dauert etwa sechs Stunden, so dass sie innerhalb eines Tages absolviert werden kann. Auf der neuen Ruta Nacional 3 kann man mit normalem Pkw fahren, während die alte Straßenvariante ein Allradfahrzeug erforderte. Die Versorgungslage unterwegs ist schwierig, so dass in La Paz für ausreichend Proviant (Getränke, Lebensmittel) und Benzinvorrat gesorgt werden muss. In Coroico befinden sich ausreichend touristische Fazilitäten, so dass hier übernachtet werden kann. Da es für Mietwagen keine Einwegmiete gibt, muss die Rückfahrt nach La Paz angetreten werden.
Literatur
Bearbeiten- J. Michael Schumacher, Bolivien – Lebensader Todesstraße, Reportage vom 360°, GEO-Reportage vom 14. September 2013.
- Thomas Buttgereit, Panamericana 2016, tredition, 2017, S. 253 ff.; ISBN 978-3743917927.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Dirk Prager, Meine Reise: Abenteuer kann doch jeder, BoD - Books on Demand, 2018, S. 198 f.
- ↑ Azcui Mabel, La ‘carretera de la muerte’, in: El País Internacional 28 vom 28. Dezember 2006
- ↑ Der Anbau durch die Coca-Bauern (spanisch: cocaleros) ist in Bolivien im Dezember 2006 durch Ex-Präsident Evo Morales legalisiert worden. Auszuschließen ist aber ist die illegale Kokain-Herstellung nicht, denn aus 100 kg Coca-Blättern lässt sich 1 kg reines Kokain extrahieren.