Yemrehana Krestos

Kirchengebäude in Äthiopien
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Die Kirche Yemrehana Krestos, amharisch: ይምርሃነ ክርስቶስ, auch Yemrehanna Krestos/Kristos, ist eine äthiopisch-orthodoxe Kirche aus dem 11. oder 12. Jahrhundert in der Region Amhara im Norden Äthiopiens. Benannt nach dem Kaiser Yemrehana Krestos befindet sie sich in der Architekturtradition des untergegangenen Königreichs von Aksum. Noch ist umstritten, ob diese Kirche zeitgleich oder vor den Felsenkirchen von Lalibela errichtet wurde. Ihre Decken- und Wandmalereien gelten als die ältesten in der äthiopisch-orthodoxen Kirche. In unmittelbarer Nähe befindet sich das gleichnamige Dorf.

Nordfassade der Kirche Yemrehana Krestos
Yemrehana Krestos · ይምርሃነ ክርስቶስ
RegionAmhara
Einwohnerzahl
Höhe2.662 m
Lagekarte von Äthiopien
Lagekarte von Äthiopien
Yemrehana Krestos

Hintergrund Bearbeiten

 
Lageplan Dorf und Kirche Yemrehana Krestos

Lage Bearbeiten

Die Kirche befindet sich etwa 19 Kilometer nordnordöstlich von Lalibela und etwa 13 Kilometer westlich des 4195 Meter hohen Berges 1 Abuna Yosef südlich des nach der Kirche benannten 1 Dorfs in einer auf 2662 Metern Höhe gelegenen und nach Nordosten ausgerichteten Basalt-Felsenhöhle.

Geschichte Bearbeiten

Die Anfänge der Kirche liegen im Dunkeln. Es ist aber nicht abwegig, ihre Entstehungszeit während der Regierungszeit des Kaisers Yemrehana Krestos von mutmaßlich 1039 bis 1079[1] oder 1132 bis 1172[2] anzusetzen. Der Zeitraum seiner Regentschaft ist aber umstritten und somit auch der Entstehungszeitpunkt der Kirche.[3] Die Wand- und Deckenmalereien stammen nach Ewa Balicka-Witakowska wohl vom Ende des 12. Jahrhunderts.[4] Gemäß der gadl, der Lebens- bzw. Heiligenbeschreibung, des Yemrehana Krestos[5] könnte der Bau der Kirche im Zusammenhang mit dem Besuch einer äthiopischen Gesandtschaft beim Kalifen Saladin im Jahr 1173 stehen, bei dem man auch die Tür des Palasts des Kalifen für diese Kirche erhalten habe.[6]

Die früheste Kunde von dieser Kirche stammt vom portugiesischen Missonar Francisco Álvares (* um 1465; † um 1540), der sich seit 1520 für sechs Jahre als Teil einer portugiesischen Gesandtschaft in Äthiopien aufhielt. Sein 1540 erschienenes Werk „Verdadeira Informação das Terras do Preste João das Indias“ („Wahrhaftiger Bericht aus dem Reich des Priesters Johannes von Indien“) enthält auch eine Beschreibung dieser Kirche bzw. des Klosters, das er im August 1520 für zwei Tage besuchte.[7] Der im Titel enthaltende Priesterkönig Johannes ist ein legendärer Regent, auch wenn der Autor ihn in Äthiopien verorten möchte. Die Kirche besaß zu Álvares’ Zeiten 200 Handschriften. Das Kloster wurde von einem Vorsteher geleitet, besaß aber keine Mönche.

Erst um 1939 besuchte mit dem Italiener Alessandro Augusto Monti della Corte ein weiterer Europäer die Kirche.[8] David Roden Buxton (1910–2003) besichtigte sie in den 1940er-Jahren und hinterließ eine Beschreibung samt Fotos.[9] 2001 veröffentlichten Ewa Balicka-Witakowska und Michael Gervers eine detaillierte Untersuchung dieser Kirche. Sie meinten, dass die hier ausgeführten Darstellungen bereits in der koptischen Kunst des 7. Jahrhunderts zu finden sind. Die Malereien stammen ihrer Meinung nach vom Ende des 12. Jahrhunderts und wurden wohl von koptischen (ägyptisch-orthodoxen) Christen ausgeführt.[4] Eine erneute Bauaufnahme wurde 2007–2008 von Forschern aus Kanada, Schweden, Polen und Frankreich durchgeführt.

Anreise Bearbeiten

Die Anreise erfolgt über eine teilweise asphaltierte, 45 Kilometer lange Piste. Hierfür miete man sich in Lalibela ein Taxi oder Kleinbus für die Anreise zur Kirche. Man achte darauf, dass der Fahrer wartet und auch die Rückreise durchführt. Vom Parkplatz im Dorf führt ein erst 2008 angelegter, etwas beschwerlicher etwa 700 Meter langer Aufweg zur Kirche, an dem man auch das Tickethäuschen passiert.

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Der Eintritt zur Kirche Yemrehana Krestos kostet 30 US-Dollar, der für Kinder von 9 bis 13 Jahren 15 US-Dolar, Kinder unter 9 Jahren sind frei (Stand 12/2019). Der Eintritt ist in Birr zum Tageskurs an der Kasse vor dem Aufstieg zur Kirche zu entrichten. Man erhält hierfür eine Quittung. Die Video-Gebühr beträgt 100 Birr. Man sollte für den Besuch eine Taschenlampe mitführen. Nach dem Betreten der Kirche sollte man etwas innehalten, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.

Man betritt das 1 Kirchenareal durch eine in den 1980er-Jahren errichtete Mauer, die eine frühere ersetzt.

Das Gelände befindet sich in einer großen, nach vorn offenen Felsenhöhle, in der die einzelnen Bauwerke errichtet wurden. Die Höhle misst etwa 50 Meter in der Breite und ist bis zu 50 Metern tief und 12 Metern hoch. Sie wird von quasi-sechseckigen Basaltsäulen umgeben. Diese Säulen entstanden durch Rissbildung beim Abkühlen der bereits erstarrten Lava.

Zur linken Seite, im Süden, erkennt man die eigentliche Kirche Yemrehana Krestos. Hinter der Kirche befindet sich das Grab des Yemrehana Krestos, daneben ein kleines Bauwerk, das seiner Sklavin Ebna Yemrehana Krestos gehörte. Zur rechten Seite, im Westen, befindet sich ein weiteres Gebäude, das als Palast oder Residenz des Kaisers Yemrehana Krestos bezeichnet und heute als Residenz und Archiv/Schatzhaus der Priester genutzt wird. Hinter diesem Gebäude befindet sich ein wohl seit der Zeit Yemrehana Krestos’ genutzter Friedhof früherer Mönche und anderer Kirchenangehöriger, deren Skelette freiliegen.

 
Im Inneren der Kirche Yemrehana Krestos

Die Kirche Yemrehana Krestos wurde aus Stein und Holz in der Tradition des untergegangenen Königreichs von Aksum errichtet. Erst unter dem Kaiser Yemrehana Krestos aus der Zagwe-Dynastie wurden Kirchen aus Stein errichtet. Die Außenmauern der 12 Meter langen, 9,5 Meter breiten und 6 Meter hohen Kirche bestehen aus abwechselnden Schichten dunklen Holzes und weiß getünchter Steinlagen und besitzen drei Türen. Die Tür auf der Nordseite ist für Männer, die auf der Südseite für Frauen und die auf der Ostseite für Priester bestimmt. In den Wänden befinden sich zwei Reihen Holzfenster mit unterschiedlich gestalteten Fenstergittern.

Das Innere der dreischiffigen Basilika, insbesondere die Decken, die Oberteile der Wände und die Bögen sind farbig ausgemalt. Auf der linken, der Ostseite der Kirche, befindet sich das überkuppelte und mit einem Torbogen und einem Vorhang vom Kirchenraum abgetrennte Allerheiligste mit einer Kopie der Bundeslade und zwei Nebenräumen. Die Seitenschiffe werden mit einem Flachdach, das Mittelschiff mit einem trapezförmigen Holzdach bedeckt. Drei Pfeilerpaare (einschließlich des Zugangs zum Allerheiligsten) trennen die Kirchenschiffe voneinander ab. Es wird immer mal berichtet, dass der in der Kirche verwendete rötliche Stein von Engeln aus Jerusalem hierher gesandt wurde. Aber bereits Álvares führte aus, dass dieses Gestein aus einem Steinbruch in der näheren Umgebung stammt.

In den meist geometrischen Deckenmedaillons wurden auch ein Segelschiff, Löwen, ein Elefant mit seinem Mahut und zwei Reitern, ein Reiter auf seinem Pferd, ein Feuer speiendes Monster mit einem Löwenkopf, eine geflügelte Figur und ein Geier eingefügt.

Die Wandgemälde befinden sich im Oberteil der Kirche an der Nord- und der nördlichen Ostwand. Unmittelbar links (östlich) der Eingangstür in der Nordwand wurde die Flucht der heiligen Familie nach Ägypten dargestellt, aber nicht ihre Rückkehr ins heilige Land. Josef trägt Jesus auf seinen Schultern, die Jungfrau Maria reitet auf einem Esel im Beisein eines Engels. Im östlich daneben gelegenen Joch gibt es zwei weitere Szenen. Zuerst erblickt man die Taufe Christi und darunter die Fußwaschung der Apostel durch Christus. Neben der Fußwaschungsszene befinden sich die Darstellungen der Kreuzigung Christi und seine Auferstehung. Das Kreuz Christi ist bereits leer. Das Grab Christi wird von den beiden Marien aufgesucht. Vor dem Grab sitzt ein Engel mit einem Kreuz in der Hand.

An der Ostwand im nördlichen Seitenschiff befinden sich weitere Darstellungen. Auf der linken Seite des oberen Bildstreifens (Registers) ist der Einzug Christi und der zwölf Apostel in Jerusalem dargestellt. Neben der Stadt befindet sich der Prophet Zacharias in einem Baum. Rechts daneben ist der thronende Christus in einer Mandorla mit einem Buch in seiner linken Hand zu sehen. Darunter befinden sich die anbetende Jungfrau Maria, die zwölf Apostel und der Heilige Geist.

Im unteren Register befinden sich vier Reiterheilige, darunter der aus der koptischen Kirche bekannte Abba Mina (hl. Menas), der an den beiden Kamelen ausgemacht werden kann.

Gegenüber der Kirche befindet sich die heutige Residenz und das Archiv/Schatzhaus der Priester. Dieses Gebäude ist im gleichen Baustil wie die Kirche errichtet worden, 17 Meter lang, 8 Meter breit, 4,5 Meter hoch und verfügt über zwei Türen und zwei Räume.

Aktivitäten Bearbeiten

Die Teilnahme an Gottesdiensten ist möglich.

Küche und Unterkunft Bearbeiten

Unterkünfte und Restaurants findet man in Lalibela.

Ausflüge Bearbeiten

  • Mietet man als Gruppe ein Auto mit Fahrer, bietet es sich an, auch die westlicher gelegenen Kirchen 2 Arbatu Ensessa (አርባእቱ እንስሳ), 3 Bilbila Giyorgis sowie 4 Bilbila Chirkos (je 100 Birr Eintritt) am gleichen Tag mit zu besuchen.

Literatur Bearbeiten

  • Gerster, Georg: Kirchen im Fels : Entdeckungen in Äthiopien. Stuttgart: Kohlhammer, 1968, S. 112–114.
  • Balicka-Witakowska, Ewa ; Michael Gervers: The church of Y​ə​mräḥannä Kr​ə​stos and its wall-paintings : a preliminary report. In: Africana Bulletin, ISSN 0002-029X, Bd. 49 (2001), S. 9–47, 16 Abb.
  • Friedlander, María-José ; Friedlander, Bob: Hidden treasures of Ethiopia : a guide to the remote churches of an ancient land. London [u.a.]: Tauris, 2015, ISBN 978-1-78076-816-8, ISBN 978-0-85773-809-7, S. 262–270.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Siehe unter anderem: Conti-Rossini, C: Lettera a J. Halévy sulla caduta degli Zague. In: Revue sémitique d’épigraphie et d’histoire ancienne, Bd. 10 (1902), S. 373–377, insbesondere S. 374 f.
  2. Die Datierung in das 12. Jahrhundert geht z. B. auf Carlo Conti Rossini (1872–1949) zurück, der eine zeitliche Übereinstimmung mit dem ägyptischen Patriarchen Johannes V. (Regierungszeit 1146–1167) postulierte. Siehe: Conti-Rossini, Carlo: La caduta della dinastia Zagué e la versione amarica del Be’ela Nagast. In: Rendiconti / Accademia Nazionale dei Lincei, Classe di Scienze Morali, Storiche e Filologiche, ISSN 0391-8181, Bd. 31, Ser. 5 (1922), S. 279–314, insbesondere S. 281.
  3. Gesichert ist die 40-jährige Regentschaft des Kaisers, nicht aber die genaue Datierung, sowie das Ende der Dynastie 1270. Die Jahresangaben der Regentschaft von Yemrehana Krestos weichen, je nach Quelle, um bis zu hundert Jahren ab. Siehe auch: Derat, Marie-Laure Derat: The Zāgʷē dynasty (11-13th centuries) and King Yemreḥanna Krestos. In: Annales d’Ethiopie : revue d’archéologie, de philosophie et d’histoire, ISSN 0066-2127, Bd. 25 (2010), S. 157–196, insbesondere S. 160–162. Derat erläutert die Schwierigkeiten bei der Festlegung der Daten aufgrund fehlender Quellen.
  4. 4,0 4,1 Siehe Literatur.
  5. Z. B. Marrassini, Paolo: Il Gadla Yemreḥanna Krestos : introduzione, testo critico, traduzione. Napoli: Istituto Univ. Orientale, 1995, Annali / Supplemento / Istituto Universitario Orientale di Napoli ; 85.
  6. Taddesse Tamrat: Church and state in Ethiopia : 1270-1527. Oxford: Clarendon Press, 1972, ISBN 978-0-19-821671-1, S. 58.
  7. Álvares, Francisco: Kurtze und warhafftige Beschreibunge aller gründlichen erfarnus von den Landen des mechtigen Königs in Ethiopien, den wir Priester Johann nennen : Auch von seinem geistlichen und weltlichen Regiment …. Eißleben: Heller, 1567. 53. Kapitel ab S. 193.
  8. Siehe auch Monti della Corte, Alessandro Augusto: Lalibelà : Le chiese ipogee e monolitiche e gli altri monumenti medievali del Lasta. Roma: Società Italiana arti grafiche ed, 1940.
  9. Buxton, David: Travels in Ethiopia. London: Drummond, 1949.Buxton, D. R.: The Christian Antiquities of Northern Ethiopia. Oxford: Batey, 1947.
 
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