Benutzer:Eduard47/Reisebericht Unterwegs mit LISA
Einleitung
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Auch in diesem Jahr war die geplante und schon gebuchte Eisfahrt im März ausgefallen, der Chartervertrag war nicht verlängert worden. Also musste spätestens im Frühjahr eine andere Reise gefunden werden. Nach Abwägung vieler Gesichtspunkte fiel meine Entscheidung auf eine von Kapt. Zylmann angebotene Reise mit der MS LISA.
Laut Reisebeschreibung und telefonischer Auskünfte sollte die Fahrt für ca. 10 Tage von Hamburg via Nord-Ostsee-Kanal an Schwedens Ostküste nach Norrköping, Stockholm und Gävle gehen, von dort dann Nonstop zurück nach Hamburg. Start sollte am 10./11.06.2016 sein. Da ich in Hamburg wohne, bin ich bzgl. der Anreise sehr flexibel.
Tag 1 (Montag, 13.06.2016) Start mit Verzögerung
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Anders als geplant, geht es nun erst am Montagabend los. Trotz des späten Abfahrttermins entschließe ich mich, morgens um 10:00 Uhr an Bord zu gehen. Schon aus den Segellisten der HHLA und Eurogate hatte ich entnommen, dass zu dieser Zeit die LISA am Predöhlkai der Eurogate sein soll, ein Blick ins Internet bei Marinetraffic bestätigt das. Der Shuttle bringt mich zum Schiff, ein Matrose bringt mein Gepäck bis hinauf auf’s E-Deck. Dort werde ich sofort vom Kapitän begrüßt und erfahre zu meinem Bedauern, dass ich einziger Passagier auf dieser Reise sein werde.
Ich richte mich in der gebuchten Eignerkammer ein. Abweichend von den Reiseunterlagen liegt diese auf der Backbordseite und hat vom Wohnraum keine Aussicht nach vorn, sondern lediglich eingeschränkt zur Seite.
Vom Schlafraum blicke ich direkt gegen den einen Meter entfernten, gewaltigen Schornstein, wie er bei Sietas-Schiffen üblich ist. Na ja, wenn ich schlafe, habe ich üblicherweise ohnehin die Augen geschlossen. Also nicht davon stören lassen und erst einmal mein neues Quartier für die kommenden Tage inspizieren: Kühlschrank, Fernseher, Videorecorder und Radio sind vorhanden, was will man mehr. Aber: braucht man das auch? Leider fehlt ein Schreibtisch. Das Bett im separaten Schlafraum hat mit 1,2 m Breite für mich als Alleinreisenden „königliche“ Ausmaße.
Anschließend mache ich eine kleine Runde über die zzt. leere Kommandobrücke und schau mich dort mal ein bisschen um. Ich weiß ja noch nicht, ob ich während der Reise freien Zutritt zur Brücke haben werde. Auf dem Kartentisch liegt eine Seekarte der Elbe von Schulau bis Hamburg. Pünktlich um 12:00 Uhr werde ich zum Essen in die Offiziersmesse gerufen. Zum Mittagessen gibt es eine Vorsuppe, Cordon Blue und Obst.
Um 14:00 Uhr verholen wir, wie auch die FENJA, auf die gegenüberliegende Seite des Waltershofer Hafens an den Burchardkai auf einen Liegeplatz, der gerade von der EMILIA freigemacht wird. Wir machen direkt vor der CAP SAN MARCO der Hamburg Süd fest. Durch den Waltershofer Hafen fährt das Museumsschiff ELBE 1 (ex. WASSSERSCHUTZPOLIZEI 1) des Hamburger Museums der Arbeit. Sofort nach dem Anlegemanöver beginnen die Ladearbeiten.
Allerdings fahren um ca. 18:00 dann alle Verladebrücken bis ans Ende des Kais, die Vancarrier verschwinden ebenfalls. Es herrscht eine gespenstische Ruhe. Ursache unbekannt, kämpft die Gewerkschaft für oder gegen etwas? Um 19:00 Uhr ertönt dann plötzlich über die Lautsprecheranlage die Stimme des Kapitäns. Er fordert alle auf, das Schiff sofort zu verlassen und sich beim wartenden Shuttlebus zu versammeln. Vom Busfahrer und der anwesenden Polizei erfahren wir den Grund: Bei Baggerarbeiten auf dem Terminalgelände hatte man eine Weltkriegsbombe gefunden, die sollte jetzt entschärft werden.
In der Kantine der HHLA harren wir bei freien Getränken bis 21:00 Uhr aus. Dann geht die Beladung mit Hochdruck weiter. Durch diese ungeplante Unterbrechung verschiebt sich das Auslaufen auf 01:00 Uhr.
Tag 2 (Dienstag, d. 14.06.2016) Durch den Nord-Ostsee-Kanal
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Um 07:00 Uhr sind wir schon im Nord-Ostsee-Kanal Höhe Hochdonn. Die Fahrt auf der Elbe und die Schleusung in Brunsbüttel habe ich doch glatt verschlafen. Das leichte Vibrieren und das Brummen der Motoren wirken stark beruhigend. Das Wetter ist bedeckt, auf dem Kanal herrscht wenig Verkehr. Schon um 09:00 Uhr sind wir ohne Zwischenstopp in Höhe der Lotsenstation Rüsterbergen zum Lotsenwechsel. Meine Befürchtung, die Brücke nur eingeschränkt betreten zu dürfen, erweist sich als unbegründet. Ich darf jederzeit das ganze Schiff ohne Einschränkung betreten.
Ich mache einen kleinen Rundgang über das Schiff bis auf die Back. Die ist bei der LISA zum Glück nicht überdacht, lediglich die Ankerwinden sind witterungsgeschützt in einem Deckshaus untergebracht. Ich habe freie Sicht nach allen Seiten, jetzt kommt das Gefühl der großen Freiheit auf.
Beim Passieren der Hochbrücke in Rendsburg fehlt einem dann doch die Schwebefähre. Wann die wohl nach dem Unfall vom 08.01.2016 wieder ihren Dienst aufnehmen wird? Wir fahren weiter mit der max. auf dem Nord-Ostsee-Kanal erlaubten Geschwindigkeit von 8,5 Knoten (=15 km/h), vorbei an dem Wohnmobilstellplatz in Schacht-Audorf. Unmittelbar hinter uns kreuzen zwei Kanalfähren unser Kielwasser. Versteckt hinter einem Schwimmdock der Lürssen-Werft liegt eine Luxus-Motoryacht. In der beliebten Brauer's Aalkate in Rade herrscht um diese Uhrzeit noch Ruhe. Kurz nach 10:00 Uhr überfliegt uns ein Hubschrauber der Bundeswehr im Tiefflug.
In der Weiche Schwartenbek begegnen uns dann noch ein paar kleinere Schiffe, u. a. auch der Schaufelraddampfer FREYA. Wir unterqueren die Levensauer Hochbrücken bevor wir um 11:00 Uhr in die große Nordschleuse in Kiel-Holtenau einlaufen. Die Aussichtsplatform ist um diese Zeit schon recht gut besucht. In Holtenau am Tiessen-Kai liegen einige Traditionssegler und bereiten sich auf die bevorstehende Kieler Woche vor. Nachdem uns der letzte Lotse verlassen hat, setzen wir unsere Fahrt mit 17,2 kn Kurs Norrköping fort.
Da auf dieser Reise mehrere Besatzungsmitglieder neu hinzugekommen sind, hat der Kapitän eine groß angelegte Sicherheitsübung angesetzt. Um 16:00 Uhr geht es los: Alle Mann antreten auf der „Muster Station“! Thema der Übung ist „Feuer im Maschinenraum“ mit anschließendem Besetzen des Rettungsbootes. Nach gut einer Stunde geht es im normalen Seebetrieb weiter. Zwischenzeitlich haben wir die Geschwindigkeit auf nur 12,2 kn verringert.
Tag 3 (Mittwoch, d. 15.06.2016) Seetag
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Um 09:30 Uhr passieren wir südlich der Insel Öland den Leuchtturm „Öland Södra Grund“.
Den Tag verbringe ich mit einem ausgiebigen Rundgang übers Schiff. Der Besatzung bei ihren Wartungsarbeiten zuzusehen ist doch recht interessant, insbesondere wenn dabei einem ein paar zirkusreife Darbietungen geboten werden. Einer der Matrosen kennzeichnet mit viel Geduld die Schmiernippel an allen beweglichen Punkten an Deck mit roter Farbe was weitaus ungefährlicher ist.
Seine Freiwache verbringt der aus Litauen stammende 2. Ingenieur mit der Bearbeitung einiger leerer Ölfässer die er daheim in seinem Garten daheim verwenden möchte.
Bei meinem Rundgang entdecke ich auch den „Waschsalon“, einen Raum für Besatzung und auch Passagiere mit 3 Waschmaschinen und einem Wäschetrockner. Auf dem Gang gegenüber liegt das „Fitnesscenter“, bestehend aus einem Crosstrainer und einer Dartscheibe. Wie allerdings beide gleichzeitig genutzt werden können bleibt unklar.
Bei herrlichem Sonnenschein fahren wir mit nur ca. 10 kn Richtung Norrköping, erleben einen der vielen spektakulären Sonnenuntergänge. Nachdem der Lotse dann um 23:00 Uhr an Bord gekommen ist, rauschen wir mit 18 kn durch die Schären.
Tag 4 (Donnerstag, d. 16.06.2016) Norrköping - Stockholm
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In dem beschaulichen Hafen von Norrköping mache ich gleich nach dem Frühstück einen Fotorundgang am Kai. Dabei bin ich aber nicht allein: Ein Möwenküken stolziert vor mir her, aufgeregt von Mutter-Möwe beobachtet. Ich halte ausreichend Abstand, möchte nicht von der Mutter attackiert werden.
Telefonisch bestellt mir der Agent ein Taxi, zu Fuß - einen Shuttle gibt es hier nicht - gehe ich zum vereinbarten Treffpunkt am Gate. Vom Taxi (ca. 25,- €) lasse ich mich in der so genannten „Industrielandschaft“ absetzen. Wunderschöne, gut erhaltene Fabrikgebäude der ehemaligen Industrie zieren heute das Stadtbild. Das Gebiet besteht hauptsächlich aus dem ehemaligen Gelände der Holmen-Fabrik, wo bis in die 1980er Jahre eine Papierfabrik betrieben wurde. Die ursprünglichen Industriebauten werden heute anderweitig genutzt. So zog das Symphonieorchester von Norrköping in ein Gebäude, das früher eine Papiermühle war. Im siebeneckigen Gebäude „Strykjärnet“, das 1917 als Weberei gebaut wurde, befindet sich nun das „Museum der Arbeit“. Auch eine Außenstelle der Universität Linköping nutzt eine ehemalige Wollfabrik. Auf einem schmalen Steg gehe ich entlang der Gebäude parallel zu den Kaskaden des Flusses „Motala ström“. Ich gehe durch den Torbogen des „Holmentornet“ (Holmen-Turm). Der Turm hat seine heutige Form seit 1750, als er nach der Verwüstung der Stadt durch die Russen im Jahr 1719 während des Großen Nordischen Krieges wieder aufgebaut wurde.
Durch das Altstadtviertel „Knäppingsborg“ gelangt man in die zu dieser Uhrzeit noch recht ruhige Innenstadt, vorbei am Rathaus, über den „deutschen Platz“ (Tyska torget) zur „Hedvigs Kyrka“ mit einer dem schwedischen Vikar Erik Perwe gewidmeten Skulptur.
Leider fängt es um 10:00 Uhr an zu regnen. Eigentlich wollte ich noch etwas in der Stadt bummeln, die Geschäfte öffnen schließlich jetzt auch erst. Nun aber ziehe ich es vor, mit dem Taxi zurück zum Hafen zu fahren. Das Gate ist verwaist, Tor und Schranke stehen offen. Also wieder zu Fuß weiter die restlichen ca. 300 m zum Schiff. Dort gehen natürlich auch bei Regen die Ladearbeiten weiter.
Mit dem Chief gehe ich um 13:30 Uhr in den Maschinenkontrollraum und starte die Hauptmaschine, ein einfacher Knopfdruck genügt! Kurz darauf laufen wir aus. Anschließend kann ich mir die Maschinenanlage gründlich ansehen, ohne eine sonst übliche Begleitung. Chief, 2. Ingenieur und Öler haben alles TipTop in Schuss.
Da wir gerade durch die Norrköping vorgelagerte Inselwelt fahren, beschließe ich, meinen Inspektionsrundgang später fortzusetzen und begebe mich an Deck. Dort ziehen die berühmten schwedischen Holzhäuser, teilweise im klassischen „Falun-red“, vorbei.
Es hat zwar inzwischen aufgehört zu regnen, aber das insgesamt schlechte Wetter trübt den Eindruck. Am späten Nachmittag kommt dann sogar noch Nebel auf, zeitweise ist der Vormast von der Brücke aus nicht mehr zu sehen.
Nachdem um 21:00 Uhr der Lotse an Bord gekommen ist, beginnt die Einfahrt in den Stockholmer Schärengarten, leider immer noch bei Nebel und zunehmender Dunkelheit, schade. Ich beschließe, den Rest des Tages mit geschlossenen Augen in meiner Koje zu verbringen.
Tag 5 (Freitag d. 17.06.2016) Stockholm und wieder weiter
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In Stockholm möchte ich gerne in die Stadt fahren, insbesondere in die „Gamla Stan“, die Altstadt. Schon zu Hause hatte ich mir eine mögliche Busverbindung vom Frihamn in die Altstadt herausgesucht.
Die Buslinie 76 verkehrt alle 20 Minuten, benötigt für die Fahrt ganze 15 Minuten, also ideal. Leider sollen wir schon um ca. 12-13 Uhr auslaufen. Eine genauere Zeitangabe ist nicht möglich, da der Lotse bisher die Zeit nicht bestätigt hat. Mir erscheint die zur Verfügung stehende Zeit zu gering und ich beschließe, mich im Hafen umzusehen. Da schon kurz nach dem Frühstück ein weiterer Gast in unser Hafenbecken einläuft, vergeht die Zeit recht schnell. Bei dem Gast handelt es sich um die COSTA LUMINOSA. Der Kreuzfahrer dreht vor dem Hafenbecken und schiebt sich langsam rückwärts dicht an uns vorbei an seinen Liegeplatz am gegenüber liegenden Kai. Schon kurze Zeit später stehen an der Pier mehrere Reisebusse, um die Kreuzfahrtpassagiere zu ihren Ausflugszielen zu bringen. Vor uns passiert die Großfähre SILJA SERENADE und verschwindet hinter den Lagerhäusern zu ihrem Anlegeplatz.
Da ich den ISPS-Bereich des Containerhafens verlassen will, erkundige ich mich beim Chiefmate nach den örtlichen Gepflogenheiten. Beim Verlassen soll ich an der Pforte nur klingeln, dann wird mir geöffnet, bei der Rückkehr ebenfalls. Also los.
Ich marschiere auf dem gekennzeichneten Weg zum Gate. Nach wenigen Metern kommt mir ein Bus des Seemanns-Clubs entgegen. Der Leiter des Clubs zeigt mir das Clubheim und bringt mich danach zum Cruise-Center. Von dort kann ich mir die LISA mal von der anderen Seite ansehen und ein paar Fotos machen. Ich schlendere entlang der Lagerschuppen, schnuppere an den Kaffeesäcken aus Tansania.
Leider spielt das Wetter nicht mit, es ist trübe, regnerisch und ausgesprochen ungemütlich. Ich mache mich auf den Rückweg und teste nun die Eingangskontrollen am Gate: Auf mein Klingeln an der Pforte gibt es keine Reaktion, ich gehe zum Büro der Hafenverwaltung zu dem auch die LKW-Fahrer gehen. Dort drückt man mir einen Zettel in die Hand mit dem 4-stelligen Code für das Tor. Dieser Code funktioniert dann aber doch nicht an der Fußgängerpforte, aber das große 2-flügelige LKW-Tor öffnet sich nur für mich. Auf der LISA wird weiterhin geladen.
Als wir um 13:30 dann auslaufen, kommt die Sonne durch, Petrus hat doch noch ein Einsehen mit uns. Jetzt hat man einen Blick auf die Liegeplätze der großen Fährschiffe. Wir fahren mit Lotsenunterstützung ca. 4½ Stunden lang durch die traumhaft schöne Inselwelt der Stockholmer Schären, vorbei an der Festung Frederiksborg. An dieser Engstelle hat man früher riesige Steine versenkt zum Schutz Stockholms, später dann mit immensen Aufwand wieder herausgefischt.
Immer wieder begegnen uns in diesem engen Fahrwasser die riesigen Fährschiffe, die zwischen Stockholm, den Ålandinseln und Turku und Helsinki in Finnland verkehren. Autofähren zu den Inseln im Schärengarten queren unsere Route. Ich bin begeistert von den unendlich vielen kleinen Inseln, genieße den tollen Blick von der Back. (Übrigens: Schon bei der Buchung habe ich darauf geachtet, dass das Schiff keine überdachte Back hat). Nachdem der Lotse uns gegen 18:00 Uhr in Höhe Kapellskär verlassen hat verschlechtert sich das Wetter wieder, es kommt dichter Nebel auf. Unter Radar laufen wir mit 15 kn Richtung Gävle.
Tag 6 (Sonnabend, d. 18.06.2016) Gävle
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Trotz der späten –oder frühen– Stunde, lasse ich mir das Einlaufen in Gävle um 02:00 Uhr nicht entgehen. Die Nacht ist ausgesprochen ruhig, im Hafen Gävle wird nachts nicht be- bzw. entladen. Erst um 07:00 Uhr beginnt der Betrieb mit einer Brücke. Der Containerhafen in Gävle ist recht klein und eng, die Container sind zwischen den Gleisen der beiden vorhandenen Verladebrücken abgestellt. Das bedingt natürlich, dass die Brücken immer wieder hin- und herfahren müssen. Um 09:00 Uhr läuft ein weiterer Feeder ein, die NAVI BALTIC, und macht assistiert von 2 Schleppern direkt vor uns fest. Warum diese allerdings eine Schlepperhilfe benötigt, bleibt mir unklar.
Auch hier in Gävle ist die Liegezeit zu kurz, um in die Stadt zu fahren. Ich bleibe also hier. Die gegenüberliegende Seite des Hafenbeckens erreiche ich, nachdem ich 3 „Gates“ passiert habe. Von hier kann man schön die beiden Schiffe sehen, fotografieren ist aber aufgrund des trüben Wetters keine Freude.
Schon um 09:30 erreicht mich ein Anruf des Chiefmate mit der Nachricht, dass der Lotse eingetroffen ist und das Schiff bereit ist zum Auslaufen – Sailingtime 10:00 Uhr! Also nichts wie zurück. Auch jetzt muss ich wieder durch das offene „Gate“, das große Hinweisschild kann ich nicht lesen, es ist leider nur auf schwedisch.
Die Crew wartet schon auf mich an der Gangway. Beim Auslaufen werfe ich noch einen Blick auf das gegenüberliegende Papier-Terminal „Granudden“. Dort hatte ich vor ein paar Jahren bei -12 °C aufwendige Versuche für den internat. Eisenbahnverband UIC gemacht. Um 10:30 Uhr wird der Lotse abgeholt, und wir fahren mit 11 kn zurück Richtung Hamburg. Das Wetter verschlechtert sich weiter, leichter Regen, Wind ca. 4 Beaufort. Trotz der relativ geringen Windstärke rollt das Schiff kräftig. Der Kapitän wählt daher eine Route dichter an der Küste. Bei Erreichen der Ålandinseln wird es ruhiger, der Wind lässt nach.
Tag 7 (Sonntag, d. 19.06.2016) Seetag
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Zum Frühstück gibt es zur Abwechslung Pfannkuchen, auf Wunsch natürlich auch Eier - wie jeden Tag. Wir fahren weiterhin mit nur 11 kn bei inzwischen herrlichem Sonnenschein und leichter Bewölkung bei ca. 18 kn Wind, das entspricht Beaufort 5. Zum Mittag (es ist Sonntag!) gibt es Scampis mit Schale, auch der Kapitän ist darüber nicht unbedingt begeistert. Der Wind frischt etwas auf (ca. 25 kn / 6 Beaufort). Wir fahren gegenan mit 10,6 kn bei immer noch schönstem Sonnenschein. Die Crew ist tlw. beschäftigt mit dem Putzen der Scheiben der Kommandobrücke. Trotz der nur 17 °C ist es auf der Back im Windschatten gut auszuhalten, der Weg dorthin allerdings recht erfrischend. Streckenweise begleitet uns der Containerfeeder MARJATTA auf seinem Weg von Tornio nach Antwerpen. Das finnische Städtchen Tornio ist gemeinsam mit dem schwedischen Haparanda der nördlichste Hafen im Bottnischen Meerbusen. Auf auf der MARJATTA besteht die Mitreisemöglichkeit für Passagiere. Ab Ölands Södra Grund ist der Schiffsverkehr etwas reger. Es wird ein schöner Abend mit herrlichem Sonnenuntergang und strahlendem Vollmond.
Tag 8 (Montag, d. 20.06.2016) Seetag und NOK
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Bei schönstem Sonnenschein passieren wir um 06:30 Uhr Kap Arkona auf Rügen, eine halbe Stunde später leuchten auf Steuerbordseite die Kreidefelsen von Møn. In der Kadetrinne herrscht dichter Verkehr. Wir überholen einen Schleppverband (MIRVA VG + Schlepper ATLANT). Der Rumpf der MIRVA VG wurde in Stettin gebaut und wird nun zur Ausrüstung nach Papenburg an der Ems überführt.
Auf der LISA ist Deckwaschen angesagt. Kurz nach Mittag ist Puttgarden querab, Fährschiffe der Fährverbindung der Vogelfluglinie zwischen Puttgarden und Rødby kreuzen unseren Weg, ein Segler überholt uns. Leider trübt es sich wieder ein.
Um 17:00 ist der Lotse an Bord, an Backbord kommt Laboe mit dem Marine-Ehrenmal in Sicht. Wir fahren in Schleichfahrt zur Schleuse nach Holtenau, passieren den Leuchtturm Kiel-Friedrichsort. Gemeinsam mit der FREDERIK gehen wir in die Schleuse und dann auf den Kiel-Kanal. Leichter Regen trübt das Vergnügen. Es folgen einige interessante Schiffsbegegnungen. Irgendwann ziehe ich mich in meine Kammer zurück und die Decke über den Kopf.
Tag 9 (Dienstag, d. 21.06.2016) Elbe bis Hamburg
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Auch auf der Rückreise habe ich die Schleusung in Brunsbüttel verschlafen, wache erst auf der Elbe in Höhe Wedel wieder auf. Wir passieren um 06:30 Blankenese, es ist alles grau in grau. Vor dem Airbus-Werk mit der dort ausgestellten alten Frachtmaschine Super Guppy versucht einer der letzten Finkenwerder Fischer sein Glück. Vor der Einfahrt zum Waltershofer Hafen wird es dann etwas eng. Mehrere Schiffe machen sich auf den Weg gen Norden. Beim entgegenkommenden Bulkcarrierer ISTRIA muss der Lotse aufgrund der sehr hohen Bordwand eine Kombination aus Jakobsleiter und Gangway erklimmen. Nachdem die MSC BREMEN den Weg frei gemacht hat, können wir in den Waltershofer Hafen einbiegen, gefolgt von der RUMBA und der FREDERIK. Am gegenüberliegenden Eurogate liegt die 366 m lange HANJIN ASIA.
Wir werden mit Regen und Kälte in Hamburg empfangen, machen am Burchardkai fest. Hinter uns liegt die FREYA.
Am Ende der Reise wartet ein nicht alltägliches Schauspiel auf mich: Bei der Entladung der FREYA hat man offensichtlich einen Twistlock vergessen. Die Verladebrücke hat daher einen zweiten Container mit angehoben, der hing nun an nur einem Twistlock. Es ist aber letztendlich alles gut gegangen. Die Crew der LISA bringt die Gangway aus und ich kann mich auf den Weg nach Hause begeben, allerdings erst nach einem kräftigen Frühstück. Eine interessante Woche bei unbeständigem Wetter aber netter Besatzung geht zu Ende.
Resümee
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Eine 9-tägige Reise über insgesamt 1648 sm, die eigentlich auch in einer Woche hätte abgewickelt werden können. Lange Fahrzeiten mit nur 11 kn, aber trotzdem kurze Hafenliegezeiten. Aber das ist bei einer Frachtschiffreise durchaus möglich. Der Wunsch eines einzelnen Passagiers zählt nicht.
Das Schiff war in einem tollen Zustand. Die Back ist nicht überdacht, dadurch bleibt das Gefühl der „großen Freiheit“ erhalten. Allerdings störte mich, dass man in Höhe der Brücke nicht auf der Backbordseite ins Freie treten kann. Aber auch dabei gilt nicht der Passagierwunsch, die Konstrukteure der Sietas-Werft haben es so gewollt. Die Eigner-Kammer auf dem E-Deck war erwartungsgemäß gut ausgestattet. Der „Fitnessraum“ bestand aus einem einzigen Trimmgerät und einer Dartscheibe in einer dunklen Ecke unterhalb des Poopdecks. Wie dort 2 Personen sich gleichzeitig betätigen sollen blieb mir ein Rätsel, einer wird wohl immer schnell den Kopf einziehen müssen.
Zur Crew: Die komplette Besatzung – ohne Ausnahme - war zu jeder Zeit nett, freundlich und hilfsbereit. Ich hatte nie das Gefühl, im Wege zu stehen. Allerdings gab es zeitweise Verständigungsprobleme. Es war mir von vornherein klar, dass ich als vermutlich einziger Passagier an Bord englisch sprechen muss. Kapitän und Chiefmate kamen aus Russland, der 2. Offizier aus der Ukraine, der Chief und der 2. Ingenieur aus Litauen, der Elektriker aus Rumänien. Untereinander verständigten diese sich meistens auf russisch. Auch der Rest der Crew (alles Filipinos) unterhielt sich in ihrer Heimatsprache. Dadurch fehlten häufig Anknüpfungspunkte für ein Gespräch. Der Koch war zwar immer freundlich, allerdings hatte er seinen Beruf vermutlich in einem Schnellkurs erlernt. Das Essen war mitunter „gewöhnungsbedürftig“.
- Alles in allem: Die Reise hat mir trotz einiger weniger Kritikpunkte gut gefallen.
Hauptdaten des Schiffes
BearbeitenBezeichnung | allgemeine Daten | Bezeichnung | technische Daten |
---|---|---|---|
Name | LISA | Länge | 137,50 m |
Flagge | Antigua & Barbuda | Breite | 21,55 m |
Heimathafen | St. John´s | Max. Tiefgang | 7,48 m |
IMO-Nr. | 9287704 | Max. Geschwindigkeit | 19,0 kn |
Rufzeichen | V2FK9 | Bruttoraumzahl (BRT) | 7.519 tdw |
Reederei | Peter Döhle, Hamburg | Max. Kapazität | 822 TEU |
Indienststellung | 2003 | davon Kühlcontainer | 150 TEU |
Bauwerft | J.J. Sietas KG, Hamburg | Hauptmaschine | MAK 9M43 (4-Takt) |
Bautyp/-nummer | 172 / 1217 | – Maschinenleistung | – 8.400 kW (11.256 PS) |
Eisklasse | A1 | Hilfsdiesel | 2x Zeppelin Caterpillar |
Aktueller Standort | Marinetraffic | – Typ/Leistung | – 3412 DIT A / je 625 kVA |
akt. Schiffsname (2024) | RS LISA | Wellengenerator | 1.625 kVA |