Nachrichten:2016-06-01: Razzia im Tigertempel
Der thailändische „Tigertempel“ ist für den Touristenverkehr geschlossen; bei einer Razzia wurden 40 Kadaver von Tigerjungen gefunden.
Kanchanaburi (Thailand), 1. Juni 2016. – Seit dem 30. Mai 2016 ist der sogenannte „Tigertempel“ Wat Pa Luangta Maha Bua in der thailändischen Provinz Kanchanaburi für den Besucherverkehr gesperrt. Etwa 500 Polizisten, Militärs, Wildschützer und freiwillige Helfer sind an einer Razzia beteiligt. Außerdem wurde mit der Übersiedlung der 137 Großkatzen in geeignetere Einrichtungen begonnen.
Der 1994 gegründete buddhistische Tempel wollte nach eigener Aussage als Refugium für zugelaufene Wildtiere, aber auch für von ihren Besitzern ungewollte Haustiere dienen. Im Jahr 1999 hatte er ein Tigerjunges bekommen und sich seither insbesondere der Haltung und Aufzucht dieser Tierart gewidmet. So war er als „Tigertempel“ zur Touristenattraktion geworden. Zuletzt wurden deutlich über 100 Exemplare gehalten, die von den Mönchen im Rahmen von Shows vorgeführt wurden, von Touristen gestreichelt werden konnten und für Fotos mit ihnen posierten. So machte der Tempel pro Jahr schätzungsweise 100 Millionen Baht (drei Millionen US-Dollar) Umsatz. Vielen Besuchern fiel jedoch auf, dass die Tiere sediert wirkten und fragten sich, wie diese gefügig gemacht wurden.
Bereits seit Jahren gab es Vorwürfe von Tierschutzorganisationen, die die nicht artgerechte Haltung anprangerten. Im Januar 2016 hatte die Organisation Cee4life einen Bericht vorgelegt, der Verstöße gegen alle Grundsätze artgerechter Haltung dokumentierte, die von mangelhafter Ernährung, Unterbringung und Hygiene über die Vorenthaltung notwendiger tierärztlicher Behandlung bis zu körperlichen Misshandlungen reichten. Außerdem wurde dem Tempel Beteiligung am illegalen Wildtierhandel in mehreren Fällen, unnatürlich schnelle Aufzucht, Verstöße gegen internationales und thailändisches Recht sowie Grundsätze des Buddhismus vorgeworfen. Auch stellten die Shows Sicherheitsrisiken für Besucher dar und ehemalige Freiwillige, die auf Missstände aufmerksam machen wollten, seien von der Leitung bedroht worden. Drei angeblich im Dezember 2014 verschwundene Tiger sollen nach Überzeugung der Organisation noch auf dem Tempelgelände getötet und ihre Leichen anschließend verkauft worden sein.
Noch im April diesen Jahres hatte der Tempel eine Zoolizenz erhalten, die nun jedoch widerrufen wurde. Die Mönche wehrten sich erbittert gegen eine Durchsuchung ihres Tempels und die Entfernung der Tiere, zuletzt ließen sie sogar vier Tiger auf die anwesenden Sicherheitskräfte los, die diesen jedoch nichts taten. Bei der Razzia wurden in Gefrierschränken die Kadaver von 40 neugeborenen Tigerjungen und verschiedene Tiereingeweide, mehrere illegal gehaltene Nashornvögel (die vom Aussterben bedroht sind), sowie ein hinter Stacheldraht versteckter Löwe gefunden.
Quellen
Bearbeiten- Willi Germund: Wildschützer finden 40 tote Tigerbabys. Frankfurter Rundschau, 2. Juni 2016
- Sharon Guynup: Chaos, Questions Surround Temple as Tigers Seized. National Geographic, 2. Juni 2016.