Memorandum zum Zustand von Wikivoyage

Jedem Anfang wohnt ein Zauber bei. Für mich persönlich hat Wikivoyage einen großen Reiz, weil hier ein noch kleines Wiki mit großem Potential eine neue Umgebung und damit eine neue Chance erhalten hat. Ich kann auf Wikivoyage Themen unter einem bestimmten Blickwinkel behandeln, der in anderen Wikis verpönt ist. Es gibt auch noch große Lücken und die Gelegenheit, sich rasch einzubringen, während sich für die Wikipedia die Frage stellt, ob das niedrig hängende Obst nicht schon gepflückt ist.

Seit Mitte November habe ich versucht, mir einen Überblick über Wikivoyage zu verschaffen und durch inhaltliche und Meta-Bearbeitungen ein Gespür für das Wiki und seinen Projektrahmen zu bekommen. Darüber will ich hier berichten und einige Überlegungen für die Zukunft anbringen. Mein Hintergrund ist Erfahrung mit der Wikipedia und anderen Wikis innerhalb und außerhalb der Wikimedia-Bewegung. Ich bin Historiker, Auslandsdeutscher und ein wenig herumgekommen, aber ohne eigentliche professionelle Ausbildung etwa als Reisekaufmann.

Potential eines freien Reiseführers

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Krypta im Stift Altenburg, Österreich. Eines der Siegerfotos von Wiki Loves Monuments 2012, dem großen Fotowettbewerb der Wikimedia-Bewegung.

Als Wikivoyage auf Meta vorgestellt wurde, war ich zunächst skeptisch, da mir als erstes die möglichen Neutralitätsprobleme in den Sinn gekommen sind. Später habe ich mich nicht mehr in die Debatte und Abstimmung eingemischt.

Ein freier Reiseführer hat viel Potential. Im Gegensatz zur Wikipedia ist es dem Neuling eher möglich, "sein Wissen", seine Erfahrungen einzubringen, wenngleich es auch bei Wikivoyage nicht darum geht, rein persönliche Erlebnisse wiederzugeben. Der Unterschied liegt einerseits in Ziel und Inhalt von Wikivoyage, andererseits natürlich auch daran, dass es in Wikivoyage noch mehr Lücken gibt.

Ferner hat Wikivoyage im Gegensatz zu anderen Wikimedia-Projekten und Wikis einen deutlichen Focus, und es gibt keine besonders attraktive oder weit vorangeschrittene Konkurrenz, auch nicht im (frei zugänglichen) kommerziellen Sektor.

Die Wikimedia-Bewegung stellt über Wikimedia Commons viel Material zur Verfügung, das sich für einen Reiseführer überaus eignet. Wikivoyage könnte neue Zielgruppen für die Wikimedia-Bewegung erschließen.

Wikivoyage ist das erste neue inhaltliche Wiki der Wikimedia-Bewegung seit 2006. In dieser Zeit hat sich viel geändert, und ein Beitritt schon damals hätte manches einfacher gemacht. Für die Wikimedia-Bewegung ist Wikivoyage jetzt jedenfalls ein Testfall, an dem sich zeigen wird, ob sie in der Lage ist, weitere Wikimedia-Projekte zu integrieren, und ob dies dem Wachstum dieser Projekte förderlich ist.

Hintergrund und Verein

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Wikivoyage ist 2006 entstanden als Abspaltung (Fork) einer etwas älteren Wiki-Website, nämlich Wikitravel. Auslöser für den Fork war die später realisierte Ankündigung, dass Wikitravel von einer Privatperson auf ein kommerzielles Unternehmen übergeht. Unterstützer des Forks haben einen deutschen Verein namens Wikivoyage e.V. gegründet, da ihnen ein gemeinnütziger Verein dazu (zurecht) am sinnvollsten erschien.

Durch persönliche Kontakte kam 2012 die Idee auf, das Wiki Wikivoyage an die Wikimedia Foundation zu übertragen und Teil der Wikimedia-Bewegung zu werden. In einer Abstimmung auf Meta Wiki hat die Wikimedia-Bewegung ihrerseits grünes Licht gegeben, und im August 2012 hat der Verein Wikivoyage e.V. in einer Online-Abstimmung einstimmig dafür votiert.

Wikivoyage e.V. als Betreiber

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Wikivoyage e.V. hat einen fünfköpfigen Vorstand. Historische Mitgliederzahlen konnte ich nicht finden; an der Abstimmung vom August haben neun Personen teilgenommen. Laut Aussage des Vereinsvorsitzenden von Anfang Dezember hat der Verein elf Mitglieder, die Community sei größer.

Die Ziele sind mit denen der Wikimedia-Bewegung annähernd deckungsgleich, die Förderung Freier Inhalte wird explizit erwähnt. Ein Unterschied zur Wikimedia-Bewegung ist der, dass Wikivoyage e.V. sowohl Betreiber des Wikis als auch Förderverein war. In der Wikimedia-Bewegung ist ersteres die WMF, letzteres im wesentlichen die nationalen Vereine.

Das berührte und berührt zum Teil die Autonomie des Wikis. Die WMF erlaubt sich ebenso wie der Verein Wikivoyage e.V., zumindest theoretisch, ein Eingreifen bis hin zum inhaltlichen Eingreifen. Die FAQ sprechen von der Mitgliederversammlung des Vereins als oberstes Entscheidungsgremium (auch die Regeln zur Entscheidungsfindung). Da bei Wikivoyage die Verzahnung zwischen Vereinsmitgliedern und Wiki-Community sehr eng gewesen ist, wurden Entscheidungen eventuell stark außerhalb des eigentlichen Wikis gefällt, was im einzelnen genauer untersucht werden müsste. Durch den Übergang zur Wikimedia-Bewegung ist diese Grundlage eine andere geworden.

Zukunft von Wikivoyage e.V.

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Der ursprüngliche Zweck des Vereins war die Trägerschaft des Wikis, was sich mit dem Übergang von 2012 erledigt hat. Andere Aktivitäten wie die Öffentlichkeitsarbeit oder Zusammenarbeit mit relavanten Partnern sind mir nicht aufgefallen. Der Verein könnte sich nun auflösen, weil sein Zweck erfüllt ist. Viele Vereinsziele können auch innerhalb der nationalen Wikimedia-Vereine erreicht werden.

Wikivoyage e.V. hat sich aber entschieden, eine thematic organization (thorg) zu werden. Die WMF bzw. ihr Affiliation Committee hat 2012 angekündigt, künftig solche thorgs aufnehmen zu wollen. Die genauen Bedingungen sind noch etwas undeutlich, aber man geht wohl eher von grenzüberschreitenden Vereinen aus. Wikivoyage e.V. hat den Startvorteil, dass er nicht erst gegründet werden müsste. Das Ziel ist ehrgeizig, da es viel Mühe und Anpassungen abverlangt, aber nicht unrealistisch.

Bisherige Wikivoyage-Community

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Die bisherige Community von Wikivoyage besteht offenbar seit Jahren aus einer kleinen und überschaubaren Gruppe von rund zehn Personen, die sich regelmäßig und langfristig am Wiki Wikivoyage beteiligen. Diese Gruppe dürfte fast deckungsgleich mit den Vereinsmitgliedern sein. Die letzte Admin-Wahl datiert von 2009, damals haben 14 Personen abgestimmt, was anscheinend der Rekord gewesen ist.

Die Wikimedia-Statistik vermeldet für den Oktober 2012, also vor dem Übergang, 28 Bearbeiter mit je fünf (sogenannte aktive Bearbeiter) und 4 Bearbeiter mit je hundert Bearbeitungen (sogenannte sehr aktive Bearbeiter) in jenem Monat. Zum Vergleich:

Wiki im Oktober 2012Aktive BearbeiterSehr aktive Bearbeiter
Wikivoyage Deutsch284
Wikipedia Deutsch66071032
Wikipedia Niederländisch1346231
Wikipedia Esperanto11222
Wikipedia Niedersächsisch83
Wikisource Deutsch4610
Wikibooks Deutsch321
Wikiversity Deutsch123

Seit 2005 lag etwa die Zahl der sehr aktiven Wikivoyager stets zwischen 2 und 14, seit 2010 höchstens bei 10. Ein Indiz für die Übersichtlichkeit der Gruppe ist ferner die Tatsache, dass ein einziger Wikivoyager 14 Prozent aller Bearbeitungen geleistet hat. Sieben sind verantwortlich für bereits fünfzig Prozent aller Bearbeitungen.

Eine kleine, langfristig wenig veränderte Gruppe hat ihre Vorteile. Die Angehörigen der Gemeinschaft kennen einander und dürften ihre interpersonellen Konflikte beigelegt haben. Anerkannte Ziele und Prozesse sind homogen, auch, weil Andersdenkende die Gruppe mittlerweile verlassen haben dürften.

Eine solche Gruppe hat auch Nachteile. Sie ist in der Regel nicht sehr dazu geeignet, neue Mitglieder oder Mitmacher anzuziehen und zu integrieren. Neue Ideen bleiben außen vor, das Wiki entwickelt sich nicht weiter. Dadurch ist die Gruppe aber auch nicht langfristig stabil, da sie immer wieder Einzelne durch veränderte Prioritäten im Privatleben verliert.

In Untersuchungen zum demografischen Wandel auf dem platten Land unterscheidet man zwischen ethnischen Gemeinschaften und zivilen Gesellschaften. Die Unterscheidung entspricht Tönnies' Gemeinschaft und Gesellschaft. Eine solche Gemeinschaft ist abgeschlossen und traditionsbewusst, gibt den Angehörigen halt, schreckt aber Neulinge ab. Sie ist gut im binding, aber nicht im bridging. Die Gesellschaft hingegen ist offen und vielfältig, in sich gegliedert und gut dazu in der Lage, Neulinge aufzunehmen.

Die bisherige Gruppe hat Wikivoyage über sechs Jahre getragen. Sie entspricht einer echten Gemeinschaft im erwähnten Sinne. Die Gefahr besteht, dass Wikivoyage sein Potential nicht nutzt und auf einer unnötig niedrigen Entwicklungsstufe wie manch andere Wikimedia-Projekte stehenbleibt. Dabei sollte hinzugefügt sein, dass solche Erscheinungen sich genauso bei der Wikipedia beobachten lassen: Auch die Wikipedia-Gemeinschaft verliert langsam an Mitmacher, nur eben auf einem viel höheren Niveau.

Zustand des Wikis

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Über Umfang und Qualität des Inhalts von Wikivoyage kann man sich leicht ein Bild machen, indem man mehrmals auf Zufällige Seite klickt oder einige Reiseländer oder Städte anklickt. Im Zusammenhang mit der Wikipedia habe ich von Pseudoartikeln oder Poplar-Bluff-Artikeln gesprochen, die allenfalls ein Gerüst, aber kaum Inhalt anbieten. Man kann diese Artikel befürworten als vorsorgliches Anlegen, um es Neulingen einfacher zu machen, oder ablehnen, als billigen Trick, um die Artikelanzahl und damit das eigene Ansehen zu steigern. In der deutsch- oder englischsprachigen Wikipedia gibt es solche Pseudoartikel so gut wie gar nicht, bei der niederländisch- oder polnischsprachigen beträgt der Anteil an die 30 Prozent, in vielen kleineren ist er noch wesentlich höher.

Bei Wikivoyage präsentieren schätzungsweise 20-40 Prozent der Seiten (Hauptnamensraum) im wesentlichen nur Rohdaten oder ganz wenige Informationen, die darüber hinausgehen. Wegen des anderen Aufbaus ist Wikivoyage in diesem Punkt nicht ganz mit der Wikipedia vergleichbar. Ferner befindet sich content für die Leser auch im Thema-Namensraum, das sind Artikel zu Themen wie einer Reiseapotheke, Visa usw. Pseudoartikel finden sich hier kaum.

Laut Statistik ist die Artikelanzahl (gemeint ist wohl nur der Hauptnamensraum) in den vergangenen Jahren sehr langsam gestiegen, mit etwa ein- oder zweitausend pro Jahr. Im Moment vermeldet die Statistik elftausend Artikel, die Hauptseite über zwölftausend (da fließen die eher wenigen Thema-Artikel wohl mit ein). Dies ist im Grunde ein gesundes Zeichen; an sich dürfte sich der meiste content sowieso in den geografischen Artikeln unterbringen lassen. Die Wikivoyager sind sich des Problems der Pseudoartikel durchaus bewusst.

„Brauchbar“ ist der Inhalt von Wikivoyage bereits. Artikel zu größeren oder (vom deutschen Sprachraum aus) gängigen Ländern und zu großen Städten sind meist bereits dem Reisenden eine Hilfe, trotz Lücken und vielem, das verbessert werden könnte. Kleinere gut beschriebene Städte sind vielleicht zufällig das Augenmerk eines Wikivoyagers gewesen, und man ist erstaunt über die vielen lokalen Artikel in typischen Reiseländern wie Ägypten und Israel. Die Häufigkeit von grammatischen und orthografischen Fehlern ist deutlich größer als in der Wikipedia, das dürfte sich mit neuen Bearbeitern aber langsam ändern.

Aktualität

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Problematisch ist die Aktualität bzw. die Anfälligkeit von Inhalt für Veralterung. Teilweise lässt sich dies leicht lösen. Zu Russland heißt es, die Nachwirkungen der Sowjetunion seien „auch knapp fünfzehn Jahre nach dem Ende“ zu spüren, dabei sind es mittlerweile eher zwanzig. Besser ist es, bei den Formulierungen darauf zu achten, dass sie auch in Zukunft noch aktuell sind („auch viele Jahre nach dem Ende“).

Struktureller ist das Problem bei der Neigung von Wikivoyages, zu Restaurants, Parks, in Abschnitten zur Mobilität usw. leicht verderbliche Information wie Öffnungszeiten oder Preise anzubieten. Ein Leser dürfte enttäuscht sein, wenn er Wikivoyage vertraut hat und deswegen vor verschlossenen Eingangstüren steht, weil die Öffnungszeiten kurzfristig geändert wurden. Da die Aktualisierung solcher Informationen viel Arbeit kostet, und weil der gewissenhafte Leser die Angaben sowieso überprüft, sollte der Link auf die jeweilige Webpräsenz ausreichen. Die Stärke von Wikivoyage besteht in Beschreibungen von Land und Leuten, also Inhalt, der etwas länger gültig bleibt.

Das Aktualitätsproblem stellt sich auch in Bezug auf Reisewarnungen und sicher sonst noch.

Namensräume

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Wie auch bei vielen anderen Wikis sind Wikivoyage-Seiten in Namensräume eingeteilt. Für den eigentlichen content für die Leser sind der Hauptnamensraum mit den geografischen Einheiten und der Thema-Namensraum da. Neben dem Wikivoyage-Namensraum (Projektnamensraum) und dem Hilfe-Namensraum gibt es noch einen gesonderten Wahl-Namensraum, dessen Notwendigkeit sich mir trotz Nachfrage nicht erschlossen hat.

Generell sollte ein Wiki mit so wenig Namensräumen wie möglich auskommen, da jeder Namensraum potentiell ein weiteres Stück Hinzulernen für den Neuling bedeutet. Da die Abgrenzung zwischen Wikivoyage- und Hilfe-Namensraum (ähnlich wie in der Wikipedia) nicht immer sehr klar ist, könnte man beide auch leicht zusammenlegen.

Kategorien verwendet Wikivoyage nur außerhalb des Hauptnamensraums. Die geografischen Artikel werden miteinander durch die "geografische Hierarchie" verbunden. Ihr Vorteil besteht darin, dass sie oberhalb des Artikelinhalts stehen (ähnlich wie bei Unterseiten) und daher für den Leser wesentlich leichter zu finden sind als Kategorien. Es könnte allerdings andere Gründe für Kategorien im Hauptnamensraum geben, wie Wartungskategorien.

Interwiki

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Wikivoyage-Artikel haben Interwiki-Links zu anderen Wikis. Diese befinden sich in der Regel nicht bei den Weblinks oder in einem anderen Abschnitt des Artikelinhalts, sondern in der Sidebar am linken Rand, wie auch die Interwiki-Links zu anderen Wikivoyage-Sprachversionen. In der Sidebar befinden sich allerdings viele technische Links, und es besteht die Gefahr, dass sie dort untergehen (sie sind nicht so auffällig wie die Interwiki-Links zu anderen Sprachversionen).

Verlinkt wird gängigerweise zum entsprechenden Wikipedia-Artikel und zu Wikimedia Commons. Beides lässt sich rechtfertigen. Problematischerweise sieht man dort allerdings oft auch Links zu dmoz (auch Open Directory Project genannt). Dies ist ein zwar öffentliches Webverzeichnis mit Ehrenamtlichen, das jedoch nicht offen ist und von einem kommerziellen Anbieter betrieben wird. Es wäre wohl eine Wikimedia-weite Diskussion darüber sinnvoll, ob und welche Links man an prominenter Stelle fördern möchte. Aus Sicht von Wikivoyage selbst lässt sich die Frage stellen, ob dmoz hier überhaupt sinnvoll für den Reisenden ist.

Sowohl in den Artikeln als auch hinter den Kulissen findet man in Wikivoyage oftmals einen Stil, der von langjährigen Wikivoyagern als locker verteidigt wird. Andere Bezeichnungen sind blumig und familiär, teilweise lässt sich wohl auch eine Qualifikation als flapsig, albern, jovial, witzig, süffisant, kräftig, jugendlich, ironisch, flott, schnoddrig usw. rechtfertigen (es ist ja kein einheitlicher Stil, sondern der sogenannte Nähepol insgesamt im Gegensatz zum Distanzpol).

Beispiele in Artikeln und Thema-Artikeln:
  • „Problem ist jedoch, kaum haben Mexikaner eine Klimaanlage, wird mal auf "Projekt Alaska" geschaltet. Deshalb ist eine Decke oder ein dicker Pullover für schnell Frierende eine gute Idee. WC vorhanden, meistens sogar getrennt in Männlein & Weiblein. [...] Überfälle: Man muss wirklich grosses Pech haben, wenn ausgerechnet der Bus, in dem man sich befindet, überfallen wird. [...] Kann man sich auf Spanisch verständigen, wird man - meine Erfahrung - freundlicher behandelt. “
  • „Die Kreter selbst fahren eher Freistil [...].“
  • „Die Autofahrer sind gemeinhin für ihre autistische Fahrweise bekannt [...]“
  • „Es ist schon ungeheuer entspannend, wenn du von Nijverdal kommend den blöden Berg hochgefahren bist, an der gewiss nicht ruhigen N35 entlang und plötzlich geht es in einen Waldweg und nach kurzer Zeit landest du mitten im Wald und – Ruhe.“
  • „Transalp als "Otto-Normalradler"? [...] Etwas Bergkondition benötigt man natürlich schon - ein Jan Ulrich muss man aber nicht sein.“
  • „Ungewöhnliche Touristenfalle / Als Bewohner nördlicher Gefilde muss man sich teilweise an die brasilianischen Offenheit erst gewöhnen. So kommen Brasilianer einem bei einer normalen Unterhaltung körperlich deutlich näher, als man als Nordlicht gewohnt ist. Teilweise mit tödlichen Folgen. Jahrelang wunderte man sich, warum US-Amerikaner in São Paulo immer wieder über das Geländer einer Aussichtsplattform stürzten, bis man entdeckte, dass sie vor ihren näher kommenden brasilianischen Gesprächspartnern immer weiter zurückwichen, bis sie schließlich herunterfielen.“
  • „Man kommt nicht umhin, zum Fahrstil der Busfahrer noch etwas loszuwerden: Bei diesen Filhos do Ayrton Senna (Kinder von Ayrton Senna) bekommt man für weniger als einen Euro eine rasante Fahrgelegenheit inklusive Geister-, Berg-und Talbahn und die Formel 1 geboten - Adrenalina pur eben.“
  • „Ein paar Zeilen weiter gibt es auch Hühnereier in Mengen zu kaufen, über die Qualität vermag ich nichts zu sagen, da ich dort nie Eier gekauft habe.“
  • „Gerade an der Westküste wird viel nackt gebadet und toleriert. Mag sein, dass sich so der Witz verbreitet hat, „was ist rot, dick und nackt? Ein deutscher Tourist!““
  • „In der Südsee ist Nacktheit an den Einheimischen-Stränden tabu. Hier haben christliche Missionare ganze Arbeit geleistet.“
  • „Luxair, die größte (und einzige) Fluggesellschaft Luxemburgs [...]“
  • „Wer Lust hat auch mal zu hause griechische Küche genießen zu wollen, der findet die entsprechenden Rezepte unter diesem Link: Griechische Küche. Viel Spaß beim nachkochen.“
  • „Magst Du keine scharfen Gerichte? Dann ist Korea der ideale Platz für eine Diät. Magst Du auch keine Meeresfrüchte? Dann wirst Du in Korea eines qualvollen Hungertodes sterben.“
  • „[...] jedoch ist die Fahrweise der meisten Vietnamesen sehr halsbrecherisch und gefährlich, da die Hälfte betrunken zu sein scheint.“
  • „Kein Wunder, dass Nasi Goreng (Gebratener Reis) oder Bakmi Goreng (Dasselbe mit Nudeln) so beliebt sind, früher bei den holländischen Kolonialherren, heute halt bei Travellern. [...] tourigerecht [...].“
  • „Und in den Coffee Shops gibt es zwar auch Kaffee, dafür keinen Alkohol, aber wiederum ganz andere Arten von Betäubungsmitteln... [...] Dank der Erfindung des "Essens aus der Mauer", (wenn man davor steht, weiß man, warum es so genannt wird) kann der kleine Hunger immer schnell gestillt werden.“
  • „Was allerdings diese privaten Sicherheitsdienste nicht daran hindert, in einem militärischen Stechschritt zu marschieren, den die meisten Militäreinheiten der Welt so nicht hinbekämen.“
  • „2007 beispielsweise wurde der Leiter der chinesischen Medikamentenbehörde zum Tode verurteilt, da er sich hat bestechen lassen und das von ihm zugelassene Medikament 10 Menschen tötete. Aber er hatte Glück, seine Giftinjektion funktionierte fehlerfrei.“
  • „Ansonsten glänzt das Land durch eine recht hohe Arbeitslosigkeit [...]“
  • „Damit wäre auch gleich gesagt, dass die Letten ein sehr stolzes Volk sind.“
  • Küche der Mongolei: „Das ist ein Thema, über das man Bücher schreiben könnte.“ ).
In anderen Namensräumen:
  • "Die Einteilung in geographische Einheiten ist manchmal eine Kunst für sich, angeblich soll dabei auch schon schwarze Magie im Spiel gewesen sein."
  • "Behalte das bitte im Hinterkopf, wenn du Beiträge zu Wikivoyage schreibst: Es kommt auch auf die druckbare Version an!"
  • "Wie heißt die raffinierte Software, die auf dem Server läuft?"

Unbestreitbar ist Wikivoyage keine Enzyklopädie, keine Quellensammlung, keine Lehrbuchsammlung usw. In den anderen Wikimedia-Projekten wurde dieser blumige Stil jedoch stark eingeschränkt und findet sich dort wohl am ehesten in Diskussionsbeiträgen wieder. Dieser Sil mag Vorteile haben, denn der Schreibende muss sich nicht an einen allgemeinen Stil anpassen und schreibt daher vielleicht leichter und schneller. Manch einer erfreut sich an (seinen) Ausdrücken, die er als gewitzt empfindet, und überhaupt passt ein solcher Stil treffend zu einer kleinen Gemeinschaft, in der jeder jeden kennt. Er kennzeichnet eine eher private Vereinsatmosphäre.

Es überwiegen jedoch die Nachteile:

  • Weil dieser Stil zu einer kleinen, geschlossenen Gemeinschaft gehört, fördert er nicht die Aufnahme von Neulingen.
  • Man kann einen flapsigen Stil als Zeichen für mangelnde Seriösität ansehen. Das hat negative Folgen bei
    • Lesern, die die Zuverlässigkeit des Inhalts anzweifeln und nicht wiederkommen. Der Zuverlässigkeit wird von Lesern (verständlicherweise) allergrößte Bedeutung zugeschrieben, nicht weniger als bei der Wikipedia.
    • Mitmachern, die das Projekt nicht als attraktiv empfinden.
    • Partnern aus der Welt von Kultur, Wissenschaft, Tourismus, Sport usw., die aus ähnlichen Gründen Wikivoyage vielleicht nicht unterstützen wollen.
  • Wer als Neuling gestresst eine Erklärung sucht, der dürfte sich von einem "blumigen" Stil nicht ernst genommen fühlen.
  • Der Leser oder Neuling muss sich die relevante Information aus der Blumigkeit herausfiltern.
  • Die Verständlichkeit leidet darunter, gerade für Menschen mit sprachlichen Problemen (Kinder und Jugendliche, Ausländer, Menschen mit geistigen Einschränkungen). Nicht jeder weiß, was ein Gottesacker ist.
  • Je nach Kontext kann der Stil despektierlich in Bezug auf Land und Leute wirken.

Teilweise verwendet Wikivoyage traditionell eine themenbezogene Metaphorik, wie dies viele Wikis tun („Wegweiser“ für Begriffsklärungsseiten, „Lounge“ für die zentrale Diskussionsseite). Dies ist wiederum für die langjährigen Mitmacher reizvoller als dem Leser oder Neuling dienlich, aber wegen des geringen Umfangs erträglich. Allgemein wäre ein Name wie "Diskussionsforum" wesentlich intuitiver für Neulinge als "Lounge" (Wikivoyage), "Dorfbrunnen" (viele Wikipedias) oder "Lehrerzimmer" (Wikiversity).

Allein schon weil ein Reiseführer eher wertend ist als zum Beispiel eine Enzyklopädie, dürfte der Stil von Wikivoyage immer eigener Art sein. Ein Satz wie „Gerade der Kontrast zum sattgrünen Irland macht diese Landschaft so reizvoll“ gehört nicht in die Wikipedia, passt aber gut zu Wikivoyage. Es muss letztlich der Leser mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt stehen, für die Autoren kann es hier wie auch sonst oft heißen: kill your darlings.

Daneben gibt es noch zu schwierige Fach- und Fremdwörter sowie Schachtelsätze. Bei Wikivoyage findet man diese allerdings wesentlich seltener als in der Wikipedia. Ist die Wikipedia häufig zu fachsprachlich, ist Wikivoyage stellenweise zu flapsig – beides schadet der Verständlichkeit.

Öffentliche Aufmerksamkeit

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Laut Alexa.com stand Wikivoyage.org Anfang Dezember 2012 weltweit etwa auf Rang 60.000. Wesentlich bedeutender war der Rang für Deutschland: 8293. (Am besten übrigens in Neuseeland: Rang 534.) Das unterstreicht die Stärke von Wikivoyage in der deutschsprachigen Version. Global hat Wikivoyage.org in den vergangenen drei Monaten 56 Prozent an Besuchern zugelegt, im vorigen Monat immerhin 8 Prozent. Wikitravels Rang war übrigens weltweit 3004.

Jimmy Wales hat einmal davon geträumt, dass die Wikipedia zu den Top 500 Websites weltweit gehören könnte. Dies wäre für Wikivoyage durchaus realistisch. Es ist allerdings noch zu früh, aus den Statistiken Schlüsse für die Auswirkungen des Übergangs zu ziehen.

Bei Google-Suchen (etwa: "Landesname Reiseführer") taucht Wikitravel oft recht weit oben auf, Wikivoyage hingegen erst auf der zweiten oder dritten Seite. Wikitravel profitiert von Wikivoyage dadurch, dass viele Wikivoyage-Seiten aus Lizenzgründen einen Verweis auf Wikitravel mit sich tragen.

Laut Google News und Aussagen der Wikivoyager berichtet die Presse nur sehr selten.

Nachtrag: Ende Mai 2013 hatte Wikivoyage.org einen Alexa-Rang von 31.581 weltweit, in Deutschland 10.561.

Übergangsphase

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Im Oktober/November 2012 kam es zur sogenannten Migration von Wikivoyage. Der Wiki-Inhalt wurde von der bisherigen Website (jetzt: Wikivoyage-old) auf die heutige übertragen. Migration ist in erster Linie ein Begriff für die technischen Aspekte. Der Übergang vom Verein zur Wikimedia-Bewegung bringt allerdings auch rechtliche und soziale Veränderung mit sich.

Aus Sicht vieler langjähriger Wikivoyager bedeutet der Übergang vor allem eine technische Migration. Es ärgert sie verständlicherweise, dass Interwiki-Links per Hand nachgetragen werden müssen, und vor allem, dass die WMF nicht automatisch die bisherigen Abbildungen übernommen hat. Diese müssen per Hand neu hochgeladen werden (zu Wikimedia Commons).

Diese Wikivoyager sehen es als allererste Pflicht an, den Status quo ante wiederherzustellen, so dass beispielsweise die bisherigen Abbildungen wieder in den Artikeln sichtbar sind. Wikivoyage sei daher in einer Beta-Phase, bis dieser Prozess abgeschlossen ist, was vielleicht ein halbes Jahr dauern kann. Bis dahin wollen sie Veränderungen oder Diskussionen über Veränderungen am Wiki unterbinden. Man wird für diese Sichtweise Verständnis haben, wenn man die bisherige Gemeinschaft, ihre Vorgehensweisen und ihre Verbundenheit mit Wiki und Inhalt nachvollzieht.

Allerdings kann man darüber auch verblüfft sein: Für den Reisenden, für den Leser, ist Wikivoyage durch gute Beschreibungen und praktische Hinweise wertvoll. Der Leser erreicht den Inhalt über Google, über die Hauptseite oder über die interne Suchfunktion. Fehlende Interwiki-Links stören da am wenigsten. Bilder findet der Leser dank der Bilderflut mit Leichtigkeit überall im Netz, auch dank Google Bilder.

Interwiki-Links und Abbildungen lassen sich im Laufe der Zeit, en passant, nachtragen, teilweise per Bot. Für einen langjährigen Wikivoyager ist es natürlich bedauerlich, wenn hunderte Fotos nicht mehr ohne Weiteres in Wikivoyage-Seiten eingebunden sind. Letztlich möchte man aber in Wikivoyage die geeignetesten Bilder sehen, egal, wer sie bei Wikimedia Commons wann hochgeladen hat.

Diese Tätigkeiten sollten ein Stillstehen auf anderen Gebieten nicht rechtfertigen. (Laut "Letzten Änderungen" scheinen die meisten Bearbeitungen normale inhaltliche Bearbeitungen zu sein ohne direkten Übergangsbezug.) Von höchster Priorität muss für Wikivoyage hingegen sein: der rechtlich-organisatorische und soziale Übergang, sowie die Verbesserung des Hilfsangebots für Neulinge.

Rechtliches, Organisation, Soziales

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Neues Logo von Wikivoyage

So sind durch den Übergang nun für Wikivoyage die Nutzungsbedingungen der WMF relevant geworden, nicht mehr die Bestimmungen aus der Vereinssatzung. Änderungen sind an vielen Stellen geboten, etwa auf der Spendenseite.

Sollte Wikivoyage wie erwünscht durch den Übergang wachsen, so werden mehr und verstärkt governance-Probleme entstehen, wie die Wikivoyager auch befürchten. Wie geht die Gemeinschaft intern mit Konflikten um, sollte es ein Schiedsgericht geben, wofür genau kann jemand gesperrt werden usw. In den bisherigen Projekt-Seiten wird solches eher spärlich behandelt und oft mit dem Hinweis, dass man so viele Regeln gar nicht haben wolle. Gute (nicht unbedingt viele) Regeln helfen aber dabei, Abläufe möglichst reibungslos zu realisieren.

Angenommen, mir hat ein Restaurantbesuch nicht gefallen, und ich mache entsprechende Bemerkungen in einem Artikel. Ein anderer Wikivoyager ist anderer Meinung und es kommt zum Edit War. Bei einem enzyklopädischen Artikel hilft meist ein unabhängiger Fachtext weiter, worauf aber bezieht man sich bei Wikivoyage? Wo ist die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Schmähkritik? Eine Anzeige durch einen betroffenen Gastwirt trifft nicht nur den Wikivoyager, sondern indirekt auch Wikivoyage. Die Wikipedia ist teilweise durch Schaden klug geworden, so kam es nach spektakulären Verleumdungsfällen zu Richtlinien für Biografien Lebender Personen.

Die Zugehörigkeit von Wikivoyage zur Wikimedia-Bewegung bringt dem freien Reiseführer große Vorteile. Hier lassen sich bestimmt viele Aktivitäten ausdenken, bei denen die Wikimedia-Vereine gern helfen.

Wikivoyager sollten gezielt mit anderen Wikimedianern Kontakt aufnehmen und beispielsweise im Wikipedia:Kurier oder in der Wikimedium Menschen das Bearbeiten in Wikivoyage schmackhaft machen. Interessiert sich ein Wikipedianer laut Benutzerseite für Erdkunde oder das Reisen an sich, könnte man einen Hinweis zu Wikivoyage hinterlassen. Das ist gut für die Entwicklung des Wikis und für die Leserschaft, und die Aufräumarbeiten des Übergangs lassen sich mit vielen neuen Wikivoyagern schneller erledigen.

Projekt- und Hilfeseiten

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Je mehr Menschen mithelfen, desto mehr wird geleistet. Das gilt besonders für ein Wiki. Neulinge brauchen aber ein gutes Hilfsangebot, um in einem komplex gewordenen Wiki nicht den Überblick zu verlieren. Leider sind die Projekt- und Hilfeseiten in Wikivoyage (und auch in der Wikipedia) oft noch sehr verbesserungswürdig. Dem erfahrenen Wikipedianer oder Wikivoyager fallen die Probleme anscheinend nicht auf, wohl aber jenen, die in Kursen oder Tests die verwirrten Gesichter von Neulingen erleben. Auch ich mit meinen Jahren Wiki-Erfahrung empfand das Kennenlernen von Wikivoyage als mühsam.

Teile der Problematik:

  • Unübersichtlichkeit trotz oder wegen der Einstiegsseiten: Es gibt mehrere Seiten mit Einstiegscharakter und ähnlichen Inhalten (meine Übersicht siehe hier).
  • Wenig kontrollierte Terminologie: Begriffe werden oft uneinheitlich verwendet. "Artikel" scheint in Wikivoyage mehr oder weniger ein Synonym für Seite zu sein.
  • Lücken: Laut Vorgaben hat ein Länder-Artikel feststehende Abschnitte wie "Respekt", "Klarkommen" oder "Kaufen". Was genau dort hineingehört, ist offensichtlich nirgends detailliert erklärt.

Wikivoyage bietet, auch dank seines Focus, die Gelegenheit, es besser zu machen als die Wikipedia. Von größter Wichtigkeit wären Lehrmaterialien für Wikivoyage (und nicht nur "Hilfeseiten" im Sinne einer Gebrauchsanweisung).

Schlusswort: Stadt und Dorf

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Die Wikipedia ist eine große Stadt, eine Metropole, mit Boulevards und auch Ghettos. Wikivoyage ist ein kleines Dorf. Wie für alle Dörfer im Einzugsbereich großer Städte hat die Nähe Auswirkungen, egal ob eingemeindet oder nicht. Ein schmuckes Dorf kann aber, auch wenn es klein ist, große Bedeutung für die Stadt erhalten.

Meine Prioritäten-Liste für Wikivoyage:

  • Werbetrommel bei Wikimedianern rühren
  • Mögliche Hilfe bei Wikimedia-Bewegung erforschen
  • Projekt- und Hilfe-Seiten verbessern
  • Lehrmaterialien erstellen
  • Partner in der Tourismus-Welt aufsuchen