Abu Tig, auch Bu Tig, Abutig, Abu/Abou Teeg/Tig/Tij, arabisch: ‏أبو تيج, Abū Tīǧ, ist die drittgrößte Stadt im ägyptischen Gouvernement Asyūṭ. Ihre Bekanntheit erlangte sie durch die el-Farghal-Moschee und das alljährlich Anfang Juli gefeierte Mūlid des Sufi-Heiligen el-Farghal.

El-Farghal-Moschee in Abū Tīg
Abū Tīg · أبو تيج
GouvernementAsyūṭ
Einwohnerzahl70.969 (2006)
Höhe54 m
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Abū Tīg

Hintergrund Bearbeiten

Lage Bearbeiten

Die Stadt Abū Tīg liegt im Süden des Gouvernements Asyūṭ auf dem westlichen Nilufer, etwa 24 Kilometer südlich von Asyūṭ.

Geschichte Bearbeiten

Der Dominikaner Johann Michael Wansleben (1635–1679) erwähnt, dass er auf der Durchreise nach Ṭahṭā die antiken Ruinen von Abū Tīg passierte.[1] Dennoch liegt die Geschichte einer pharaonischen Vorgängersiedlung im Dunkeln. Es gibt nur wenige Fundstücke aus der Stadt bzw. ihrer Umgebung wie z. B. die Statue des Hori, heute im Ägyptischen Museum Kairo (CG 585 = JE 27692),[2] und ein Rosengranit-Bruchstück des südlichen Obelisken der Königin Hatschepsut.[3] Der französische Ägyptologe Georges Daressy (1864–1938) vermutete, dass ein Fragment des Hathorheiligtums Per-Schena (Pr-šneʿ) ebenfalls aus Abū Tīg stammt, was aber eher unwahrscheilich ist.[4][5]

Von den Griechen Abotis genannt, ist aus koptischer Zeit der Name Ⲧⲁⲡⲟⲑⲩⲕⲏ, Tapothykē, in verschiedenen Veriananten überliefert. Der französische Ägyptologe Jean-François Champollion (1790–1832) schlug erstmals vor, dass sich diese Bezeichnung vom griechischen Wort Ἀποθίκε ableitet,[6] das Magazin bedeutet. Von diesem Namen leitet sich auch der moderne arabische Name Abū Tīg ab.

Wie Timm (siehe Literatur) ausführt, sind seit dem 13. Jahrhundert Bischöfe der Diözese Achmīm und Abū Tīg bekannt. Weder Abū el-Makārim (12. Jahrhundert) noch el-Maqrīzī (1364–1442) benannten Kirchen in Abū Tīg. Abū el-Makārim führte jedoch aus, dass in einer Kirche südlich von Būtīg (= Abū Tīg) die Leichname der beiden Heiligen Pachomius (Pachom) und Sinithius (Schenute) in zwei Kästen lägen.[7] In der Klosterliste des el-Maqrīzī wird unter Nr. 53 das Kloster der Apostel genannt, das zur Diözese Abū Tīg gehört.[7] 1731 wurde ein (kath.) Franziskanerkloster in Abū Tīg errichtet.[8] Der 1872 von Léontine Jarre (1830–1892) gegründete Karmelitinnen-Orden des hl. Joseph kam 1931 nach Ägypten und unterhielt in Abū Tīg eine Grundschule.[9]

Der französische Ägyptologe und Koptologe Émile Amélineau (1850–1915) schrieb 1893 in seiner Géographie, dass es in Abū Tīg ein Postamt, eine Telegrafenstation, einen Flusshafen für Dampfschiffe und eine Schule gab. In der Stadt lebten 10.770 Einwohner (Volkszählung 1886).[10] Im Meyers Reisehandbuch Ägypten von 1914 werden etwa 12.000 Einwohner genannt.[11]

Muḥammad Ramzī berichtete 1963 aus der Überlieferung, dass es in Abū Tīg eine große alte Moschee, Schulen, Dampfbäder, ein Basarviertel (Qeisārīya) und Hotels, einen Richter und einen großen Wochenmarkt gibt. Seit 1890 ist Abū Tīg Hauptstadt des gleichnamigen Kreises Markaz Abū Tīg.[12]

Die Stadt lebt heutzutage vom Handel und Industrien wie Holz- und Baumwollverarbeitung. Nach der Volkszählung von 1986, 1996 und 2006 lebten in der Stadt 48.518, 59.474 bzw. 70.969 Einwohner; im gleichnamigen Kreis etwa eine halbe Million Einwohner.

Aḥmad und Muḥammad el-Farghal Bearbeiten

Zu den bekanntesten Söhnen der Stadt gehören Aḥmad und Muḥammad el-Farghal. Die schiitische Familie stammte einst aus dem Hedschas und gelangte nach ihrer Vertreibung nach Irak, Marokko und Ägypten. Aḥmad el-Farghal siedelte sich um 808 AH (1405) im Dorf Banī Samīʿ/Banī Sumaiʿ, بني سميع, an, das sich etwa vier Kilometer westlich von Abū Tīg befindet. Sein Sohn Muḥammad al-Farghal wurde 810 AH (1407) geboren und starb 860 AH (1455). Muḥammad war anfangs als Schafshirte tätig. Muḥammad wurde als Scheich und Sufi-Heiliger verehrt und war als Sultan Oberägyptens, سلطان الصعيد, Sulṭān aṣ-Ṣaʿīd, bekannt. Ihm wurden verschiedene Wunder zugeschrieben. Das bekannteste ist die Errettung eines Mädchches, das von einem Krokodil verschlungen wurde. El-Farghal befahl dem Krokodil, das Mädchen wieder auszuspucken.[13]

Anreise Bearbeiten

 
Stadtplan von Abū Tīg

Mit dem Flugzeug Bearbeiten

Der nächstgelegene Flughafen ist der 1 Flughafen Assiut (IATA: ATZ) , der aber kaum angeflogen wird.

Mit der Bahn Bearbeiten

Im Westen der Stadt befindet sich an der Strecke Kairo–Assuan der 2 Bahnhof Abū Tīg, محطة قطار أبو تيج, Maḥaṭṭat Qiṭār Abū Tīǧ. Hier halten aber im Wesentlichen nur Regionalzüge.

Auf der Straße Bearbeiten

Von Asyūṭ erreicht man nach 24 Kilometern Abū Tīg auf einer Fernverkehrsstraße, die unmittelbar westlich neben einem Kanal und der Bahnlinie verläuft. Unmittelbar südlich des Bahnhofs kann man über eine 3 Brücke einen Kanal und weniger meter weiter den Bahndamm überqueren.

Die nächstgelegene Nilbrücke befindet sich in Asyūṭ. In Abū Tīg verkehrt eine Autofähre zum Ostufer (siehe unten).

Mit dem Bus Bearbeiten

Man erreicht Abū Tīg mit Minibussen und Sammeltaxis von Asyūṭ vom esch-Schadr-Busbahnhof. Der Preis beträgt etwa LE 3.

Mit dem Schiff Bearbeiten

Abū Tīg verfügt über keinen ausgesprochen Hafen. Ausflugsboote können z. B. im Bereich des Zoos anlegen. Weiter südlich verkehrt eine 4 Autofähre (5 Ostufer) zur Insel Sāḥil Salīm, جزيرة ساحل سليم. Von dort aus gelangt über eine Brücke zum gleichnamigen Dorf Sāḥil Salīm.

Mobilität Bearbeiten

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Moscheen Bearbeiten

  • 1 El-Farghal-Moschee (‏مسجد الفرغل, ​Masǧid al-Farghal). Die Moschee mit zwei Minaretten und dem Grab des Sīdī Scheich Muḥammad el-Farghal und Aḥmad al-Farghal befindet sich im Norden der Stadt im Süden im Süden eines größeren Platzes. Das bedeutendste architektonische Dateil sind die beiden schlanken Minarette. Der Gebetsraum ist eher schlicht. Vor der Moschee wird alljährlich in der ersten Julihälfte das Mūlid des heiligen begangen (siehe unten). (27° 2′ 47″ N 31° 19′ 11″ O)
  • 1 Grabmoschee der Familie el-Aschrāf (‏مقر عائلة الأشراف, ​Maqar ʿĀʾilat al-Aschrāf). Das Familiengrab befindet sich unmittelbar östlich neben der el-Farghal-Moschee. (27° 2′ 48″ N 31° 19′ 11″ O)

Kirchen Bearbeiten

  • 2 Bischofskirche des hl. Apostel Markus (‏مطرانية القديس العظيم مارمرقس الرسول ، كنيسة المرقسية, ​Muṭrānīyat al-Qiddīs al-ʿaẓīm Mār Marqus ar-Rasūl; Kanīsat al-Marqusīya) (27° 2′ 46″ N 31° 18′ 58″ O)
  • 3 Kirche des hl. Makarius des Großen (‏كنيسة القديس العظيم أبو مقار الكبير, ​Kanīsat al-Qiddīs al-ʿaẓīm Abū Maqqār al-Kabīr). Älteste Kirche der Stadt mit im Norden gelegenem christlichen Friedhof. (27° 2′ 16″ N 31° 19′ 8″ O)
  • 4 Kirche der hl. Jungfrau Maria (‏كنيسة السيدة العذراء مريم, ​Kanīsat as-Saiyida al-ʿAdhrāʾ Maryam) (27° 2′ 36″ N 31° 19′ 4″ O)

Parks Bearbeiten

  • 1 Abu-Tig-Zoo (‏حديقة حيوان أبو تيج ، حديقة ناصر, ​Ḥadīqat Hayawān Abū Tīǧ; Ḥadīqat Nāṣir, ​Nasser-Zoo) . Der einfache Zoo wurde 1962 angelegt. (27° 3′ 12″ N 31° 19′ 0″ O)

Aktivitäten Bearbeiten

  • Alljährlich reisen in den ersten zwei Juli-Wochen (2.–16. Juli) etwa zwei Millionen Pilger zum Mūlid, dem Fest zu Ehren des Geburtstages des Sufi-Heiligen Aḥmad el-Farghal(ī), nach Abū Tīg. Sein Grab befindet sich in der el-Farghal-Moschee.

Einkaufen Bearbeiten

Küche Bearbeiten

Unterkunft Bearbeiten

Hotels gibt es in der nahe gelegenen Stadt Asyūṭ.

Gesundheit Bearbeiten

Praktische Hinweise Bearbeiten

Post und Telekommunikation Bearbeiten

  • 1 Postamt (‏مكتب بريد أبو تيج, ​Maktab Barīd Abū Tīǧ). Das Postamt befindet sich südlich vom Bahnhof und dem Bahnübergang. (27° 2′ 35″ N 31° 18′ 54″ O)

Banken Bearbeiten

Ausflüge Bearbeiten

Der Besuch von Abū Tīg lässt sich mit dem Besuch anderer Orte im Süden des Gouvernements Asyūṭ wie z. B. das Kloster Deir Durunka oder das Kloster Deir el-Ganādla verbinden.

Literatur Bearbeiten

  • Porter, Bertha ; Moss, Rosalind L. B.: Upper egypt : sites. In: Topographical bibliography of ancient Egyptian hieroglyphic texts, statues, reliefs, and paintings; Bd. 5. Oxford: Griffith Inst., Ashmolean Museum, 1937, ISBN 978-0-900416-83-5, S. 4 f; PDF.
  • Timm, Stefan: Abū Tīg. In: Das christlich-koptische Ägypten in arabischer Zeit ; Bd. 1: A - C. Wiesbaden: Reichert, 1984, Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients : Reihe B, Geisteswissenschaften ; 41,1, ISBN 978-3-88226-208-7, S. 57–60.
  • Randall Stewart: Abu Tij. In: Atiya, Aziz Suryal (Hrsg.): The Coptic Encyclopedia ; Bd. 1: Abab - Azar. New York: Macmillan, 1991, ISBN 978-0-02-897023-3, S. 38.  

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. P[ère] Vansleb [Wansleben, Johann Michael]: Nouvélle Relation En forme de Iournal, D’Vn Voyage Fait En Egypte : En 1672. & 1673. Paris: Estienne Michallet, 1677, S. 367.Vansleb, F[ather]: The present state of Egypt : or, A new relation of a late voyage into the kingdom, performed in the years 1672 and 1673. London: John Starkey, 1678, S. 221.
  2. Daressy, G[eorges]: Remarques et notes. In: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes (Rec. Trav.), Bd. 11 (1889), S. 79–95, insbesondere S. 87 f., doi:10.11588/diglit.12261.7.Borchardt, Ludwig: Statuen und Statuetten von Königen und Privatleuten im Museum von Kairo ; Bd. 2: Text und Tafeln zu Nr. 381–653. Berlin: Reichsdruckerei, 1925, Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musée du Caire ; 77,2, S. 140 f., Tafel 105.
  3. Daressy, G[eorges]: Remarques et notes. In: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes (Rec. Trav.), Bd. 10 (1888), S. 139–150, insbesondere S. 142, doi:10.11588/diglit.12257.12.
  4. Daressy, G[eorges]: Remarques et notes. In: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes (Rec. Trav.), Bd. 17 (1895), S. 113–120, insbesondere S. 120, doi:10.11588/diglit.12253.21.
  5. Horst Beinlich: Per-Schena. In: Helck, Wolfgang ; Westendorf, Wolfhart (Hrsg.): Lexikon der Ägyptologie ; Bd. 4: Megiddo - Pyramiden. Wiesbaden: Harrassowitz, 1982, ISBN 978-3-447-02262-0, Sp. 933.
  6. Champollion, Jean François: L’Égypte Sous Les Pharaons Ou Recherches Sur la Géographie, la Religion, la Langue, les Ècritures et l’Histoire de l’Egypte avant l’invasion de Cambyse; Bd. 1. Paris: de Bure, 1814, S. 274 f.
  7. 7,0 7,1 [Abū al-Makārim] ; Evetts, B[asil] T[homas] A[lfred] (Hg., Übers.) ; Butler, Alfred J[oshua]: The churches and monasteries of Egypt and some neighbouring countries attributed to Abû Sâliḥ, the Armenian. Oxford: Clarendon Press, 1895, S. 253 (fol. 91.a), 316 f. (Klosterliste des el–Maqrīzī). Verschiedene Nachdrucke, z. B. Piscataway : Gorgias Press, 2001, ISBN 978-0-9715986-7-6.
  8. Colombo, Angelo: Le Origini della gerarchia della Chiesa copta cattolica nel secolo XVIII. Roma: Pont. Inst. Orientalium Studiorum, 1953, Orientalia Christiana analecta ; 140, S. 14.
  9. Meinardus, Otto F. A.: Christian Egypt, ancient and modern. Cairo: American University in Cairo Press, 1977 (2. Auflage), ISBN 978-977-201-496-5, S. 572.
  10. Amélineau, É[mile]: La géographie de l’Égypte à l’époque copte. Paris: Impr. Nationale, 1893, S. 11 f.
  11. Ägypten und Sûdân. Leipzig ; Wien: Bibliogr. Inst., 1914, Meyers Reisebücher, S. 52.
  12. Ramzī, Muḥammad: al-Qāmūs al-ǧuġrāfī li-’l-bilād al-miṣrīya min ʿahd qudamāʾ al-miṣrīyīn ilā sanat 1945 ; Bd. 2, Heft 4: Mudīrīyāt Asyūṭ wa-Ǧirǧā (Titelblatt wa-Ǧirḥā) wa-Qinā wa-Aswān wa-maṣlaḥat al-ḥudūd. Kairo: Maṭbaʿat Dār al-Kutub al-Miṣrīya, 1963, S. 14 (Nummern oben).
  13. Facebook-Seite der Vereinigung von Nachkommen von Sultan el-Farghal, Beitrag vom 2. November 2012.
 
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