Wikivoyage:Verein als optimaler Träger des Projekts

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Das Projekt Wikivoyage wurde zwischen 2006 und November 2012 vom in Deutschland eingetragenen, gemeinnützigen Verein Wikivoyage e.V. getragen. Der unten stehende Text ist daher ein historisches Dokument zur Projektgeschichte und befasst sich mit der 2006 relevanten Frage: "Warum musste extra zu diesem Zweck ein Verein gegründet werden?"

Welche Möglichkeiten gab es? Bearbeiten

Der Server, die Domain(s) und alles, was sonst noch die organisatorische Infrastruktur eines Open Content Projekts ausmacht, muss irgendjemandem gehören. Wer oder was kommt hier in Frage?

Privatpersonen Bearbeiten

Am einfachsten ist es sicherlich, wenn eine Privatperson einen Server mietet und die zugehörige Domain auf ihren Namen registriert. So begann beispielsweise Wikitravel.

Firma Bearbeiten

Eine Firma als Betreiber des Servers und Inhaber der Domain entlastet das Projekt von finanziellen, technischen, organisatorischen und juristischen Sorgen. So wird beispielsweise Wikitravel zur Zeit von der US-amerikanischen Werbefirma Internet Brands getragen.

Nutzung von kostenlosen Wiki-Diensten Bearbeiten

Es gibt einige kostenlose Anbieter von Wikidiensten wie z.B. WikiA, die neuen Projekten einen Wiki einrichten und administrieren.

Anschluss an ein etabliertes Projekt Bearbeiten

Hier war vor allem die Wikimedia Foundation im Gespräch, die die bekannte Wikipedia und ihre Schwester-Wikis betreibt.

Gründung eines eigenen Vereins Bearbeiten

Das ist sicherlich der steinigste Weg gewesen, da hier in beträchtlichem Maße zusätzliche organisatorische, juristische und verwaltungstechnische Aufgaben entstanden sind, die es zu bewältigen galt/gilt.

Warum viele Möglichkeiten keine sind Bearbeiten

Was dabei herauskommen kann, wenn die Infrastruktur eines Projekts einer (oder einigen wenigen) Privatpersonen gehört, ist uns am Beispiel von Wikitravel lebhaft vorgeführt worden. Privatpersonen unterliegen keinerlei Kontrolle durch die Community und handeln nach eigenem Gutdünken und Interesse.

Eine Firma hat naturgemäß immer ein kommerzielles Interesse. Das alleine ist noch nicht verwerflich, aber es ergeben sich daraus gewisse Konsequenzen, die für uns untragbar gewesen wären. Eine Einflussnahme auf die Inhalte und Entscheidungen kann nicht ausgeschlossen werden. Was passiert, wenn eines Tages die Firma Konkurs anmelden muss oder das Projekt einfach nicht mehr in das Geschäftsmodell passt? Das Verhalten einer Firma ist somit kaum kalkulierbarer als das von Privatpersonen. Ebenso hätte die Community keinerlei Kontrollmöglichkeiten gegenüber dem Träger des Projekts gehabt.

Die Nutzung eines Anbieters von Wiki-Diensten, konkret WikiA, wurde eine Weile in Betracht gezogen. Es gab kurze Kontakte, allerdings wurde schnell klar, dass ein Projekt unserer Größe und Zielsetzung zu sehr durch die dortigen Rahmenbedingungen eingeengt gewesen wäre. Hier sind insbesondere die Lizenz, die Möglichkeiten zur Konfiguration der Wikis, das Einspielen und Erstellen von Datenbank-Dumps, die Installation von Software-Erweiterungen und die Bereitstellung von weiteren Diensten (z.B. SVN-Repositorium) zu nennen.

Ein Reiseführer im Rahmen des Netzwerks der Wikis der Wikimedia Foundation erschien uns eine Weile als sehr lukrativ. Bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass die Wikimedia Foundation sehr wählerisch ist, was die Eröffnung neuer Projekte betrifft. Es gibt eine fast unüberschaubar lange Liste an Projektvorschlägen, die nicht akzeptiert wurden, darunter auch einige für einen Reiseführer. Reiseführer-Projekte wurden stets mit dem Hinweis auf Wikitravel abgelehnt. Darüber hinaus scheint es innerhalb der Wikimedia-Foundation einflussreiche Anhänger der GFDL zu geben, so dass wir befürchten mussten, nicht mit der CC-by-sa 1.0 durchzukommen. Andererseits war klar, dass wir diese Lizenz unbedingt brauchten, damit die Inhalte von Wikitravel übernommen werden konnten. Letztendlich erschien uns auch die Organisationsstruktur der Wikimedia-Foundation als nicht ganz unseren Vorstellungen entsprechend. So hat z.B. Jimbo Wales einen festen Sitz im Vorstand, die Mehrheit der Vorstandsmitglieder wird von ihm ernannt und nur der kleinere Teil direkt von der Community gewählt.

Vorteile eines Vereins Bearbeiten

Der ideale Träger eines Projekts stellt sämtliche organisatorische, technische und juristische Unterstützung für das Projekt kostenlos zur Verfügung und richtet sich dabei vollkommen nach den Bedürfnissen und Wünschen der Community. Das dumme ist nur: Es gibt keinen idealen Träger. Also mussten wir uns mit dem optimalen Träger begnügen. Wir sehen ihn in einem Verein, obwohl wir nicht ausblenden wollen, dass es dabei auch gewisse Nachteile gibt. Jedoch sind wir der Meinung, dass die Vorteile überwiegen:

  • Transparente und demokratische Entscheidungswege.
  • Jeder kann dem Verein beitreten und somit Einfluss auf Entscheidungen nehmen.
  • Das Ziel des Vereins, seine Entscheidungsmechanismen und seine Organisation ist in der Satzung klar festgelegt und hat auch juristischen Bestand.
  • Ein eingetragener Verein ist (zumindest in Deutschland) eine voll geschäftsfähige juristische Person.
  • Im Falle von ruinösen juristischen Auseinandersetzungen steht nur der Besitz des Vereins, nicht aber das Vermögen der Mitglieder zur Disposition.
  • Ein eingetragener Verein ist aufgrund des Vereinsrechts in seinem Verhalten berechenbar und somit vertrauenswürdiger als Privatpersonen oder Firmen.
  • Ein gemeinnütziger Verein kommt leichter an Spendengelder als Privatpersonen.
  • Die finanziellen Aufwendungen verteilen sich gleichmäßig auf alle Mitglieder.
  • Die Gefahr, dass einzelne Personen als Besitzer der Infrastruktur des Projekts diktatorische Allüren gegenüber der Community an den Tag legen, besteht nicht.
  • Der Vorstand als nach außen hin vertretungsberechtigtes Organ ist an die Satzung und Weisung der Mitgliederversammlung gebunden. Bei Missachtung kann ihm im Extremfall die Entlastung durch die Mitgliederversammlung verwehrt werden und ein persönlicher Haftungsanspruch gegen einzelne Vorstandsmitglieder geltend gemacht werden.